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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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alten Kirche überhaupt anzunehmen, um die Quell der kezerischen Ansteckung zu verstopfen. Der natürlichste Gang der Dinge stellte also diesen Fürsten an die Spize des katholischen Glaubens und des Bundes, den die Papisten gegen die Neuerer schlossen. Was unter Carls V. und Philipps II. langen und thatenvollen Regierungen beobachtet wurde, blieb für die folgenden Gesez; und je mehr sich der Riß in der Kirche erweiterte, desto fester mußte Spanien an dem Katholicismus halten.

Freyer schien die Deutsche Linie des Hauses Oesterreich gewesen zu seyn; aber wenn bey dieser auch mehrere von jenen Hindernissen wegfielen, so wurde sie durch andre Verhältnisse in Fesseln gehalten. Der Besiz der Kaiserkrone, die auf einem kezerischen Haupte ganz undenkbar war, (denn wie konnte ein Apostat der Römischen Kirche die Römische Kaiserkrone tragen?) knüpfte die Nachfolger Ferdinands I. an den päbstlichen Stuhl; Ferdinand selbst war diesem Stuhl aus Gründen des Gewissens und aufrichtig ergeben. Ueberdem waren die Deutsch-Oesterreichischen Prinzen nicht mächtig genug, der Spanischen Unterstützung zu entbehren, die aber durch eine Begünstigung der neuen Religion durchaus verscherzt war. Auch foderte ihre Kaiserwürde sie auf, das Deutsche Reichssystem zu beschüzen, wodurch sie selbst sich als Kaiser behaupteten, und welches der protestantische Reichstheil zu stürzen strebte. Rechnet man dazu die Kälte der Protestanten gegen die Bedrängnisse der Kaiser und gegen die gemeinschaftlichen Gefahren des Reichs, ihre gewaltsamen Eingriffe in das Zeitliche der Kirche, und ihre Feindseeligkeiten, wo sie sich als die Stärkeren fühlten, so begreift man, wie so viele zusammenwirkende Gründe die Kaiser auf der Seite des Pabstthums erhalten, wie sich ihr eigner Vortheil mit dem Vortheile der katholischen Religion aufs genaueste vermengen mußte. Da vielleicht das ganze Schicksal dieser Religion von dem Entschlusse

alten Kirche überhaupt anzunehmen, um die Quell der kezerischen Ansteckung zu verstopfen. Der natürlichste Gang der Dinge stellte also diesen Fürsten an die Spize des katholischen Glaubens und des Bundes, den die Papisten gegen die Neuerer schlossen. Was unter Carls V. und Philipps II. langen und thatenvollen Regierungen beobachtet wurde, blieb für die folgenden Gesez; und je mehr sich der Riß in der Kirche erweiterte, desto fester mußte Spanien an dem Katholicismus halten.

Freyer schien die Deutsche Linie des Hauses Oesterreich gewesen zu seyn; aber wenn bey dieser auch mehrere von jenen Hindernissen wegfielen, so wurde sie durch andre Verhältnisse in Fesseln gehalten. Der Besiz der Kaiserkrone, die auf einem kezerischen Haupte ganz undenkbar war, (denn wie konnte ein Apostat der Römischen Kirche die Römische Kaiserkrone tragen?) knüpfte die Nachfolger Ferdinands I. an den päbstlichen Stuhl; Ferdinand selbst war diesem Stuhl aus Gründen des Gewissens und aufrichtig ergeben. Ueberdem waren die Deutsch-Oesterreichischen Prinzen nicht mächtig genug, der Spanischen Unterstützung zu entbehren, die aber durch eine Begünstigung der neuen Religion durchaus verscherzt war. Auch foderte ihre Kaiserwürde sie auf, das Deutsche Reichssystem zu beschüzen, wodurch sie selbst sich als Kaiser behaupteten, und welches der protestantische Reichstheil zu stürzen strebte. Rechnet man dazu die Kälte der Protestanten gegen die Bedrängnisse der Kaiser und gegen die gemeinschaftlichen Gefahren des Reichs, ihre gewaltsamen Eingriffe in das Zeitliche der Kirche, und ihre Feindseeligkeiten, wo sie sich als die Stärkeren fühlten, so begreift man, wie so viele zusammenwirkende Gründe die Kaiser auf der Seite des Pabstthums erhalten, wie sich ihr eigner Vortheil mit dem Vortheile der katholischen Religion aufs genaueste vermengen mußte. Da vielleicht das ganze Schicksal dieser Religion von dem Entschlusse

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[7/0015] alten Kirche überhaupt anzunehmen, um die Quell der kezerischen Ansteckung zu verstopfen. Der natürlichste Gang der Dinge stellte also diesen Fürsten an die Spize des katholischen Glaubens und des Bundes, den die Papisten gegen die Neuerer schlossen. Was unter Carls V. und Philipps II. langen und thatenvollen Regierungen beobachtet wurde, blieb für die folgenden Gesez; und je mehr sich der Riß in der Kirche erweiterte, desto fester mußte Spanien an dem Katholicismus halten. Freyer schien die Deutsche Linie des Hauses Oesterreich gewesen zu seyn; aber wenn bey dieser auch mehrere von jenen Hindernissen wegfielen, so wurde sie durch andre Verhältnisse in Fesseln gehalten. Der Besiz der Kaiserkrone, die auf einem kezerischen Haupte ganz undenkbar war, (denn wie konnte ein Apostat der Römischen Kirche die Römische Kaiserkrone tragen?) knüpfte die Nachfolger Ferdinands I. an den päbstlichen Stuhl; Ferdinand selbst war diesem Stuhl aus Gründen des Gewissens und aufrichtig ergeben. Ueberdem waren die Deutsch-Oesterreichischen Prinzen nicht mächtig genug, der Spanischen Unterstützung zu entbehren, die aber durch eine Begünstigung der neuen Religion durchaus verscherzt war. Auch foderte ihre Kaiserwürde sie auf, das Deutsche Reichssystem zu beschüzen, wodurch sie selbst sich als Kaiser behaupteten, und welches der protestantische Reichstheil zu stürzen strebte. Rechnet man dazu die Kälte der Protestanten gegen die Bedrängnisse der Kaiser und gegen die gemeinschaftlichen Gefahren des Reichs, ihre gewaltsamen Eingriffe in das Zeitliche der Kirche, und ihre Feindseeligkeiten, wo sie sich als die Stärkeren fühlten, so begreift man, wie so viele zusammenwirkende Gründe die Kaiser auf der Seite des Pabstthums erhalten, wie sich ihr eigner Vortheil mit dem Vortheile der katholischen Religion aufs genaueste vermengen mußte. Da vielleicht das ganze Schicksal dieser Religion von dem Entschlusse

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/15>, abgerufen am 18.04.2024.