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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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die Nachkömmlinge eines der ältesten Deutschen Fürstenhäuser aus ihrem Erbtheil, um eine Kreatur der kaiserlichen Gnade mit ihrem Raube zu bekleiden. (1628)

Bald darauf fing Wallenstein an, sich einen Generalissimus des Kaisers zu Wasser und zu Lande zu nennen. Die Stadt Wismar wurde erobert, und fester Fuß an der Ostsee gewonnen. Von Pohlen und den Hansestädten wurden Schiffe gefodert, um den Krieg jenseits des Balthischen Meers zu spielen, die Dänen in das Innerste ihres Reichs zu verfolgen, und einen Frieden zu erzwingen, der zu größern Eroberungen den Weg bahnen sollte. Der Zusammenhang der Niederdeutschen Stände mit den nordischen Reichen war zerrissen, wenn es dem Kaiser gelang, sich in die Mitte zwischen beyden zu lagern, und von dem Adriatischen Meere bis an den Sund, (das dazwischen liegende Pohlen stand in seiner Abhängigkeit) Deutschland mit einer fortlaufenden Länderkette zu umgeben. Wenn dieß die Absicht des Kaisers war, so hatte Wallenstein seine besondere, den nehmlichen Plan zu befolgen. Besizungen an der Ostsee sollten den Grundstein zu einer Macht abgeben, womit sich schon längst seine Ehrsucht trug, und welche ihn in den Stand sezen sollte, seinen Herrn zu entbehren.

Diese Zwecke zu erreichen, war es von äusserster Wichtigkeit, die Stadt Stralsund am Balthischen Meere in Besiz zu bekommen. Ihr vortrefflicher Hafen, die leichte Ueberfahrt von da nach den Schwedischen und Dänischen Küsten machte sie vorzüglich geschickt, in einem Kriege mit beyden Kronen einen Waffenplaz abzugeben. Diese Stadt, die sechste des Hanseatischen Bundes, genoß unter dem Schuze des Herzogs von Pommern die wichtigsten Privilegien, und, völlig ausser aller Verbindung mit Dänemark, hatte sie an dem bisherigen Kriege auch nicht den

die Nachkömmlinge eines der ältesten Deutschen Fürstenhäuser aus ihrem Erbtheil, um eine Kreatur der kaiserlichen Gnade mit ihrem Raube zu bekleiden. (1628)

Bald darauf fing Wallenstein an, sich einen Generalissimus des Kaisers zu Wasser und zu Lande zu nennen. Die Stadt Wismar wurde erobert, und fester Fuß an der Ostsee gewonnen. Von Pohlen und den Hansestädten wurden Schiffe gefodert, um den Krieg jenseits des Balthischen Meers zu spielen, die Dänen in das Innerste ihres Reichs zu verfolgen, und einen Frieden zu erzwingen, der zu größern Eroberungen den Weg bahnen sollte. Der Zusammenhang der Niederdeutschen Stände mit den nordischen Reichen war zerrissen, wenn es dem Kaiser gelang, sich in die Mitte zwischen beyden zu lagern, und von dem Adriatischen Meere bis an den Sund, (das dazwischen liegende Pohlen stand in seiner Abhängigkeit) Deutschland mit einer fortlaufenden Länderkette zu umgeben. Wenn dieß die Absicht des Kaisers war, so hatte Wallenstein seine besondere, den nehmlichen Plan zu befolgen. Besizungen an der Ostsee sollten den Grundstein zu einer Macht abgeben, womit sich schon längst seine Ehrsucht trug, und welche ihn in den Stand sezen sollte, seinen Herrn zu entbehren.

Diese Zwecke zu erreichen, war es von äusserster Wichtigkeit, die Stadt Stralsund am Balthischen Meere in Besiz zu bekommen. Ihr vortrefflicher Hafen, die leichte Ueberfahrt von da nach den Schwedischen und Dänischen Küsten machte sie vorzüglich geschickt, in einem Kriege mit beyden Kronen einen Waffenplaz abzugeben. Diese Stadt, die sechste des Hanseatischen Bundes, genoß unter dem Schuze des Herzogs von Pommern die wichtigsten Privilegien, und, völlig ausser aller Verbindung mit Dänemark, hatte sie an dem bisherigen Kriege auch nicht den

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[146/0154] die Nachkömmlinge eines der ältesten Deutschen Fürstenhäuser aus ihrem Erbtheil, um eine Kreatur der kaiserlichen Gnade mit ihrem Raube zu bekleiden. (1628) Bald darauf fing Wallenstein an, sich einen Generalissimus des Kaisers zu Wasser und zu Lande zu nennen. Die Stadt Wismar wurde erobert, und fester Fuß an der Ostsee gewonnen. Von Pohlen und den Hansestädten wurden Schiffe gefodert, um den Krieg jenseits des Balthischen Meers zu spielen, die Dänen in das Innerste ihres Reichs zu verfolgen, und einen Frieden zu erzwingen, der zu größern Eroberungen den Weg bahnen sollte. Der Zusammenhang der Niederdeutschen Stände mit den nordischen Reichen war zerrissen, wenn es dem Kaiser gelang, sich in die Mitte zwischen beyden zu lagern, und von dem Adriatischen Meere bis an den Sund, (das dazwischen liegende Pohlen stand in seiner Abhängigkeit) Deutschland mit einer fortlaufenden Länderkette zu umgeben. Wenn dieß die Absicht des Kaisers war, so hatte Wallenstein seine besondere, den nehmlichen Plan zu befolgen. Besizungen an der Ostsee sollten den Grundstein zu einer Macht abgeben, womit sich schon längst seine Ehrsucht trug, und welche ihn in den Stand sezen sollte, seinen Herrn zu entbehren. Diese Zwecke zu erreichen, war es von äusserster Wichtigkeit, die Stadt Stralsund am Balthischen Meere in Besiz zu bekommen. Ihr vortrefflicher Hafen, die leichte Ueberfahrt von da nach den Schwedischen und Dänischen Küsten machte sie vorzüglich geschickt, in einem Kriege mit beyden Kronen einen Waffenplaz abzugeben. Diese Stadt, die sechste des Hanseatischen Bundes, genoß unter dem Schuze des Herzogs von Pommern die wichtigsten Privilegien, und, völlig ausser aller Verbindung mit Dänemark, hatte sie an dem bisherigen Kriege auch nicht den

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/154>, abgerufen am 27.11.2024.