Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.Ueberraschung machte bald einem thätigen Unwillen Plaz, die Verzweiflung gab Kräfte, und die Deutsche Freyheit erhub sich aus Magdeburgs Asche. Unter den Fürsten des Leipziger Bundes waren der Churfürst von Sachsen und der Landgraf von Hessen bey weitem am meisten zu fürchten, und die Herrschaft des Kaisers war in diesen Gegenden nicht befestigt, so lange er diese beyden nicht entwaffnet sah. Gegen den Landgrafen richtete Tilly seine Waffen zuerst, und brach unmittelbar von Magdeburg nach Thüringen auf. Die Sächsisch-Ernestinischen und Schwarzburgischen Lande wurden auf diesem Zuge äusserst gemißhandelt, Frankenhausen, selbst unter den Augen des Tilly, von seinen Soldaten ungestraft geplündert und in die Asche gelegt; schrecklich mußte der unglückliche Landmann dafür büssen, daß sein Landesherr die Schweden begünstigte. Erfurt, der Schlüssel zwischen Sachsen und Franken, wurde mit einer Belagerung bedroht, wovon es sich aber durch eine freywillige Lieferung von Proviant und eine Geldsumme los kaufte. Von da schickte Tilly seinen Abgesandten an den Landgrafen von Kassel, mit der Foderung, ungesäumt seine Truppen zu entlassen, dem Leipziger Bund zu entsagen, kaiserliche Regimenter in sein Land und seine Festungen aufzunehmen, Contributionen zu entrichten, und sich entweder als Freund oder Feind zu erklären. So mußte sich ein Deutscher Reichsfürst von einem kaiserlichen Diener behandelt sehen. Aber diese ausschweifende Foderung bekam ein furchtbares Gewicht durch die Heeresmacht, von der sie begleitet wurde, und das noch frische Andenken von Magdeburgs schauderhaftem Schicksal mußte den Nachdruck desselben vergrössern. Um so mehr Lob verdient die Unerschrockenheit, mit welcher der Landgraf diesen Antrag beantwortete: "Fremde Soldaten in seine Festungen und in seine Residenz aufzunehmen, sey er ganz und gar nicht gesonnen - Seine Truppen Ueberraschung machte bald einem thätigen Unwillen Plaz, die Verzweiflung gab Kräfte, und die Deutsche Freyheit erhub sich aus Magdeburgs Asche. Unter den Fürsten des Leipziger Bundes waren der Churfürst von Sachsen und der Landgraf von Hessen bey weitem am meisten zu fürchten, und die Herrschaft des Kaisers war in diesen Gegenden nicht befestigt, so lange er diese beyden nicht entwaffnet sah. Gegen den Landgrafen richtete Tilly seine Waffen zuerst, und brach unmittelbar von Magdeburg nach Thüringen auf. Die Sächsisch-Ernestinischen und Schwarzburgischen Lande wurden auf diesem Zuge äusserst gemißhandelt, Frankenhausen, selbst unter den Augen des Tilly, von seinen Soldaten ungestraft geplündert und in die Asche gelegt; schrecklich mußte der unglückliche Landmann dafür büssen, daß sein Landesherr die Schweden begünstigte. Erfurt, der Schlüssel zwischen Sachsen und Franken, wurde mit einer Belagerung bedroht, wovon es sich aber durch eine freywillige Lieferung von Proviant und eine Geldsumme los kaufte. Von da schickte Tilly seinen Abgesandten an den Landgrafen von Kassel, mit der Foderung, ungesäumt seine Truppen zu entlassen, dem Leipziger Bund zu entsagen, kaiserliche Regimenter in sein Land und seine Festungen aufzunehmen, Contributionen zu entrichten, und sich entweder als Freund oder Feind zu erklären. So mußte sich ein Deutscher Reichsfürst von einem kaiserlichen Diener behandelt sehen. Aber diese ausschweifende Foderung bekam ein furchtbares Gewicht durch die Heeresmacht, von der sie begleitet wurde, und das noch frische Andenken von Magdeburgs schauderhaftem Schicksal mußte den Nachdruck desselben vergrössern. Um so mehr Lob verdient die Unerschrockenheit, mit welcher der Landgraf diesen Antrag beantwortete: „Fremde Soldaten in seine Festungen und in seine Residenz aufzunehmen, sey er ganz und gar nicht gesonnen – Seine Truppen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0214" n="206"/> Ueberraschung machte bald einem thätigen Unwillen Plaz, die Verzweiflung gab Kräfte, und die Deutsche Freyheit erhub sich aus Magdeburgs Asche.</p> <p>Unter den Fürsten des Leipziger Bundes waren der Churfürst von Sachsen und der Landgraf von Hessen bey weitem am meisten zu fürchten, und die Herrschaft des Kaisers war in diesen Gegenden nicht befestigt, so lange er diese beyden nicht entwaffnet sah. Gegen den Landgrafen richtete Tilly seine Waffen zuerst, und brach unmittelbar von Magdeburg nach Thüringen auf. Die Sächsisch-Ernestinischen und Schwarzburgischen Lande wurden auf diesem Zuge äusserst gemißhandelt, Frankenhausen, selbst unter den Augen des Tilly, von seinen Soldaten ungestraft geplündert und in die Asche gelegt; schrecklich mußte der unglückliche Landmann dafür büssen, daß sein Landesherr die Schweden begünstigte. Erfurt, der Schlüssel zwischen Sachsen und Franken, wurde mit einer Belagerung bedroht, wovon es sich aber durch eine freywillige Lieferung von Proviant und eine Geldsumme los kaufte. Von da schickte Tilly seinen Abgesandten an den Landgrafen von Kassel, mit der Foderung, ungesäumt seine Truppen zu entlassen, dem Leipziger Bund zu entsagen, kaiserliche Regimenter in sein Land und seine Festungen aufzunehmen, Contributionen zu entrichten, und sich entweder als Freund oder Feind zu erklären. So mußte sich ein Deutscher Reichsfürst von einem kaiserlichen Diener behandelt sehen. Aber diese ausschweifende Foderung bekam ein furchtbares Gewicht durch die Heeresmacht, von der sie begleitet wurde, und das noch frische Andenken von Magdeburgs schauderhaftem Schicksal mußte den Nachdruck desselben vergrössern. Um so mehr Lob verdient die Unerschrockenheit, mit welcher der Landgraf diesen Antrag beantwortete: „Fremde Soldaten in seine Festungen und in seine Residenz aufzunehmen, sey er ganz und gar nicht gesonnen – Seine Truppen </p> </div> </body> </text> </TEI> [206/0214]
Ueberraschung machte bald einem thätigen Unwillen Plaz, die Verzweiflung gab Kräfte, und die Deutsche Freyheit erhub sich aus Magdeburgs Asche.
Unter den Fürsten des Leipziger Bundes waren der Churfürst von Sachsen und der Landgraf von Hessen bey weitem am meisten zu fürchten, und die Herrschaft des Kaisers war in diesen Gegenden nicht befestigt, so lange er diese beyden nicht entwaffnet sah. Gegen den Landgrafen richtete Tilly seine Waffen zuerst, und brach unmittelbar von Magdeburg nach Thüringen auf. Die Sächsisch-Ernestinischen und Schwarzburgischen Lande wurden auf diesem Zuge äusserst gemißhandelt, Frankenhausen, selbst unter den Augen des Tilly, von seinen Soldaten ungestraft geplündert und in die Asche gelegt; schrecklich mußte der unglückliche Landmann dafür büssen, daß sein Landesherr die Schweden begünstigte. Erfurt, der Schlüssel zwischen Sachsen und Franken, wurde mit einer Belagerung bedroht, wovon es sich aber durch eine freywillige Lieferung von Proviant und eine Geldsumme los kaufte. Von da schickte Tilly seinen Abgesandten an den Landgrafen von Kassel, mit der Foderung, ungesäumt seine Truppen zu entlassen, dem Leipziger Bund zu entsagen, kaiserliche Regimenter in sein Land und seine Festungen aufzunehmen, Contributionen zu entrichten, und sich entweder als Freund oder Feind zu erklären. So mußte sich ein Deutscher Reichsfürst von einem kaiserlichen Diener behandelt sehen. Aber diese ausschweifende Foderung bekam ein furchtbares Gewicht durch die Heeresmacht, von der sie begleitet wurde, und das noch frische Andenken von Magdeburgs schauderhaftem Schicksal mußte den Nachdruck desselben vergrössern. Um so mehr Lob verdient die Unerschrockenheit, mit welcher der Landgraf diesen Antrag beantwortete: „Fremde Soldaten in seine Festungen und in seine Residenz aufzunehmen, sey er ganz und gar nicht gesonnen – Seine Truppen
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