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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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Fürstenberg. Sämmtliche Truppen des Kaisers und der Ligue betrugen an diesem Tage nicht über 34 bis 35,000 Mann; von gleicher Stärke war die vereinigte Armee der Schweden und Sachsen.

Aber wäre auch eine Million der andern gegenüber gestanden - es hätte diesen Tag blutiger, nicht wichtiger, nicht entscheidender machen können. Dieser Tag war es, um dessentwillen Gustav das Baltische Meer durchschiffte, auf entlegener Erde der Gefahr nachjagte, Krone und Leben dem untreuen Glück anvertraute. Die zwey größten Heerführer ihrer Zeit, beyde bis hieher unüberwunden, sollen jezt in einem lange vermiedenen Kampfe mit einander ihre lezte Probe bestehen; einer von beyden muß seinen Ruhm auf dem Schlachtfeld zurück lassen. Beyde Hälften von Deutschland haben mit Furcht und Zittern diesen Tag herannahen sehen; bang erwartet die ganze Mitwelt den Ausschlag desselben, und die späte Nachwelt wird ihn segnen oder beweinen.

Die Entschlossenheit, welche den Grafen Tilly sonst nie verließ, fehlte ihm an diesem Tage. Kein fester Vorsaz, mit dem König zu schlagen, eben so wenig Standhaftigkeit, es zu vermeiden. Wider seinen Willen riß ihn Pappenheim dahin. Nie gefühlte Zweifel kämpften in seiner Brust, schwarze Ahndungen umwölkten seine immer freye Stirne. Der Geist von Magdeburg schien über ihm zu schweben.

Ein zweystündiges Kanonenfeuer eröffnete die Schlacht. Der Wind wehte von Abend, und trieb aus dem frisch beackerten ausgedörrten Gefilde dicke Wolken von Staub und Pulverrauch den Schweden entgegen. Dieß bewog den König, sich unvermerkt gegen Norden zu schwenken, und die Schnelligkeit, mit der solches ausgeführt war, ließ dem Feinde nicht Zeit, es zu verhindern.

Fürstenberg. Sämmtliche Truppen des Kaisers und der Ligue betrugen an diesem Tage nicht über 34 bis 35,000 Mann; von gleicher Stärke war die vereinigte Armee der Schweden und Sachsen.

Aber wäre auch eine Million der andern gegenüber gestanden – es hätte diesen Tag blutiger, nicht wichtiger, nicht entscheidender machen können. Dieser Tag war es, um dessentwillen Gustav das Baltische Meer durchschiffte, auf entlegener Erde der Gefahr nachjagte, Krone und Leben dem untreuen Glück anvertraute. Die zwey größten Heerführer ihrer Zeit, beyde bis hieher unüberwunden, sollen jezt in einem lange vermiedenen Kampfe mit einander ihre lezte Probe bestehen; einer von beyden muß seinen Ruhm auf dem Schlachtfeld zurück lassen. Beyde Hälften von Deutschland haben mit Furcht und Zittern diesen Tag herannahen sehen; bang erwartet die ganze Mitwelt den Ausschlag desselben, und die späte Nachwelt wird ihn segnen oder beweinen.

Die Entschlossenheit, welche den Grafen Tilly sonst nie verließ, fehlte ihm an diesem Tage. Kein fester Vorsaz, mit dem König zu schlagen, eben so wenig Standhaftigkeit, es zu vermeiden. Wider seinen Willen riß ihn Pappenheim dahin. Nie gefühlte Zweifel kämpften in seiner Brust, schwarze Ahndungen umwölkten seine immer freye Stirne. Der Geist von Magdeburg schien über ihm zu schweben.

Ein zweystündiges Kanonenfeuer eröffnete die Schlacht. Der Wind wehte von Abend, und trieb aus dem frisch beackerten ausgedörrten Gefilde dicke Wolken von Staub und Pulverrauch den Schweden entgegen. Dieß bewog den König, sich unvermerkt gegen Norden zu schwenken, und die Schnelligkeit, mit der solches ausgeführt war, ließ dem Feinde nicht Zeit, es zu verhindern.

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Fürstenberg. Sämmtliche           Truppen des Kaisers und der Ligue betrugen an diesem Tage nicht über 34 bis 35,000 Mann;           von gleicher Stärke war die vereinigte Armee der Schweden und Sachsen.</p>
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        <p>Ein zweystündiges Kanonenfeuer eröffnete die Schlacht. Der Wind wehte von Abend, und           trieb aus dem frisch beackerten ausgedörrten Gefilde dicke Wolken von Staub und           Pulverrauch den Schweden entgegen. Dieß bewog den König, sich unvermerkt gegen Norden zu           schwenken, und die Schnelligkeit, mit der solches ausgeführt war, ließ dem Feinde nicht           Zeit, es zu verhindern.</p>
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[219/0227] Fürstenberg. Sämmtliche Truppen des Kaisers und der Ligue betrugen an diesem Tage nicht über 34 bis 35,000 Mann; von gleicher Stärke war die vereinigte Armee der Schweden und Sachsen. Aber wäre auch eine Million der andern gegenüber gestanden – es hätte diesen Tag blutiger, nicht wichtiger, nicht entscheidender machen können. Dieser Tag war es, um dessentwillen Gustav das Baltische Meer durchschiffte, auf entlegener Erde der Gefahr nachjagte, Krone und Leben dem untreuen Glück anvertraute. Die zwey größten Heerführer ihrer Zeit, beyde bis hieher unüberwunden, sollen jezt in einem lange vermiedenen Kampfe mit einander ihre lezte Probe bestehen; einer von beyden muß seinen Ruhm auf dem Schlachtfeld zurück lassen. Beyde Hälften von Deutschland haben mit Furcht und Zittern diesen Tag herannahen sehen; bang erwartet die ganze Mitwelt den Ausschlag desselben, und die späte Nachwelt wird ihn segnen oder beweinen. Die Entschlossenheit, welche den Grafen Tilly sonst nie verließ, fehlte ihm an diesem Tage. Kein fester Vorsaz, mit dem König zu schlagen, eben so wenig Standhaftigkeit, es zu vermeiden. Wider seinen Willen riß ihn Pappenheim dahin. Nie gefühlte Zweifel kämpften in seiner Brust, schwarze Ahndungen umwölkten seine immer freye Stirne. Der Geist von Magdeburg schien über ihm zu schweben. Ein zweystündiges Kanonenfeuer eröffnete die Schlacht. Der Wind wehte von Abend, und trieb aus dem frisch beackerten ausgedörrten Gefilde dicke Wolken von Staub und Pulverrauch den Schweden entgegen. Dieß bewog den König, sich unvermerkt gegen Norden zu schwenken, und die Schnelligkeit, mit der solches ausgeführt war, ließ dem Feinde nicht Zeit, es zu verhindern.

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/227>, abgerufen am 24.11.2024.