Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Achtung für die Geseze waren eben so viele Fesseln, die er dem besorglichen Geiste der Deutschen Protestanten anlegte; und die schreyenden Barbareyen der Kaiserlichen, der Spanier und der Lothringer wirkten kräftig mit, seine und seiner Truppen Mäßigung in das günstigste Licht zu sezen.

Wenn Gustav Adolph seinem eigenen Genie das meiste zu danken hatte, so darf man doch nicht in Abrede seyn, daß das Glück und die Lage der Umstände ihn nicht wenig begünstigten. Er hatte zwey große Vortheile auf seiner Seite, die ihm ein entscheidendes Uebergewicht über den Feind verschafften. Indem er den Schauplaz des Kriegs in die Ligistischen Länder versezte, die junge Mannschaft derselben an sich zog, sich mit Beute bereicherte, und über die Einkünfte der geflüchteten Fürsten als über sein Eigenthum schaltete, entzog er dem Feind alle Hülfsmittel, ihm mit Nachdruck zu widerstehen, und sich selbst machte er es dadurch möglich, einen kostbaren Krieg mit wenigem Aufwand zu unterhalten. Wenn ferner seine Gegner, die Fürsten der Ligue, unter sich selbst getheilt, von ganz verschiedenem, oft streitendem Interesse geleitet, ohne Einstimmigkeit und eben darum auch ohne Nachdruck handelten; wenn es ihren Feldherrn an Vollmacht, ihren Truppen an Gehorsam, ihren zerstreuten Heeren an Zusammenhang fehlte; wenn der Heerführer von dem Gesezgeber und Staatsmann getrennt war; so war hingegen in Gustav Adolph beydes vereinigt, Er die einzige Quelle, aus welcher alle Autorität floß, das einzige Ziel, auf welches der handelnde Krieger die Augen richtete, Er allein die Seele seiner ganzen Partey, der Schöpfer des Kriegsplans und zugleich der Vollstrecker desselben. In ihm erhielt also die Sache der Protestanten eine Einheit und Harmonie, welche durchaus der Gegenpartey mangelte. Kein Wunder, daß, von solchen Vortheilen begünstigt, an der Spize einer solchen Armee, mit einem solchen Genie begabt sie zu gebrauchen, und von einer solchen politischen

Achtung für die Geseze waren eben so viele Fesseln, die er dem besorglichen Geiste der Deutschen Protestanten anlegte; und die schreyenden Barbareyen der Kaiserlichen, der Spanier und der Lothringer wirkten kräftig mit, seine und seiner Truppen Mäßigung in das günstigste Licht zu sezen.

Wenn Gustav Adolph seinem eigenen Genie das meiste zu danken hatte, so darf man doch nicht in Abrede seyn, daß das Glück und die Lage der Umstände ihn nicht wenig begünstigten. Er hatte zwey große Vortheile auf seiner Seite, die ihm ein entscheidendes Uebergewicht über den Feind verschafften. Indem er den Schauplaz des Kriegs in die Ligistischen Länder versezte, die junge Mannschaft derselben an sich zog, sich mit Beute bereicherte, und über die Einkünfte der geflüchteten Fürsten als über sein Eigenthum schaltete, entzog er dem Feind alle Hülfsmittel, ihm mit Nachdruck zu widerstehen, und sich selbst machte er es dadurch möglich, einen kostbaren Krieg mit wenigem Aufwand zu unterhalten. Wenn ferner seine Gegner, die Fürsten der Ligue, unter sich selbst getheilt, von ganz verschiedenem, oft streitendem Interesse geleitet, ohne Einstimmigkeit und eben darum auch ohne Nachdruck handelten; wenn es ihren Feldherrn an Vollmacht, ihren Truppen an Gehorsam, ihren zerstreuten Heeren an Zusammenhang fehlte; wenn der Heerführer von dem Gesezgeber und Staatsmann getrennt war; so war hingegen in Gustav Adolph beydes vereinigt, Er die einzige Quelle, aus welcher alle Autorität floß, das einzige Ziel, auf welches der handelnde Krieger die Augen richtete, Er allein die Seele seiner ganzen Partey, der Schöpfer des Kriegsplans und zugleich der Vollstrecker desselben. In ihm erhielt also die Sache der Protestanten eine Einheit und Harmonie, welche durchaus der Gegenpartey mangelte. Kein Wunder, daß, von solchen Vortheilen begünstigt, an der Spize einer solchen Armee, mit einem solchen Genie begabt sie zu gebrauchen, und von einer solchen politischen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0240" n="232"/>
Achtung für die Geseze waren           eben so viele Fesseln, die er dem besorglichen Geiste der Deutschen Protestanten anlegte;           und die schreyenden Barbareyen der Kaiserlichen, der Spanier und der Lothringer wirkten           kräftig mit, seine und seiner Truppen Mäßigung in das günstigste Licht zu sezen.</p>
        <p>Wenn <persName>Gustav Adolph</persName> seinem eigenen Genie das meiste zu danken hatte, so darf man doch           nicht in Abrede seyn, daß das Glück und die Lage der Umstände ihn nicht wenig           begünstigten. Er hatte zwey große Vortheile auf seiner Seite, die ihm ein entscheidendes           Uebergewicht über den Feind verschafften. Indem er den Schauplaz des Kriegs in die           Ligistischen Länder versezte, die junge Mannschaft derselben an sich zog, sich mit Beute           bereicherte, und über die Einkünfte der geflüchteten Fürsten als über sein Eigenthum           schaltete, entzog er dem Feind alle Hülfsmittel, ihm mit Nachdruck zu widerstehen, und           sich selbst machte er es dadurch möglich, einen kostbaren Krieg mit wenigem Aufwand zu           unterhalten. Wenn ferner seine Gegner, die Fürsten der Ligue, unter sich selbst getheilt,           von ganz verschiedenem, oft streitendem Interesse geleitet, ohne Einstimmigkeit und eben           darum auch ohne Nachdruck handelten; wenn es ihren Feldherrn an Vollmacht, ihren Truppen           an Gehorsam, ihren zerstreuten Heeren an Zusammenhang fehlte; wenn der Heerführer von dem           Gesezgeber und Staatsmann getrennt war; so war hingegen in <persName>Gustav Adolph</persName> beydes vereinigt,           Er die einzige Quelle, aus welcher alle Autorität floß, das einzige Ziel, auf welches der           handelnde Krieger die Augen richtete, Er allein die Seele seiner ganzen Partey, der           Schöpfer des Kriegsplans und zugleich der Vollstrecker desselben. In ihm erhielt also die           Sache der Protestanten eine Einheit und Harmonie, welche durchaus der Gegenpartey           mangelte. Kein Wunder, daß, von solchen Vortheilen begünstigt, an der Spize einer solchen           Armee, mit einem solchen Genie begabt sie zu gebrauchen, und von einer solchen politischen
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[232/0240] Achtung für die Geseze waren eben so viele Fesseln, die er dem besorglichen Geiste der Deutschen Protestanten anlegte; und die schreyenden Barbareyen der Kaiserlichen, der Spanier und der Lothringer wirkten kräftig mit, seine und seiner Truppen Mäßigung in das günstigste Licht zu sezen. Wenn Gustav Adolph seinem eigenen Genie das meiste zu danken hatte, so darf man doch nicht in Abrede seyn, daß das Glück und die Lage der Umstände ihn nicht wenig begünstigten. Er hatte zwey große Vortheile auf seiner Seite, die ihm ein entscheidendes Uebergewicht über den Feind verschafften. Indem er den Schauplaz des Kriegs in die Ligistischen Länder versezte, die junge Mannschaft derselben an sich zog, sich mit Beute bereicherte, und über die Einkünfte der geflüchteten Fürsten als über sein Eigenthum schaltete, entzog er dem Feind alle Hülfsmittel, ihm mit Nachdruck zu widerstehen, und sich selbst machte er es dadurch möglich, einen kostbaren Krieg mit wenigem Aufwand zu unterhalten. Wenn ferner seine Gegner, die Fürsten der Ligue, unter sich selbst getheilt, von ganz verschiedenem, oft streitendem Interesse geleitet, ohne Einstimmigkeit und eben darum auch ohne Nachdruck handelten; wenn es ihren Feldherrn an Vollmacht, ihren Truppen an Gehorsam, ihren zerstreuten Heeren an Zusammenhang fehlte; wenn der Heerführer von dem Gesezgeber und Staatsmann getrennt war; so war hingegen in Gustav Adolph beydes vereinigt, Er die einzige Quelle, aus welcher alle Autorität floß, das einzige Ziel, auf welches der handelnde Krieger die Augen richtete, Er allein die Seele seiner ganzen Partey, der Schöpfer des Kriegsplans und zugleich der Vollstrecker desselben. In ihm erhielt also die Sache der Protestanten eine Einheit und Harmonie, welche durchaus der Gegenpartey mangelte. Kein Wunder, daß, von solchen Vortheilen begünstigt, an der Spize einer solchen Armee, mit einem solchen Genie begabt sie zu gebrauchen, und von einer solchen politischen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Google books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/240
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/240>, abgerufen am 21.11.2024.