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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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Klugheit geleitet, Gustav Adolph unwiderstehlich war. In der einen Hand das Schwert, in der andern die Gnade, sieht man ihn jezt Deutschland von einem Ende zum andern als Eroberer, Gesezgeber und Richter durchschreiten, in nicht viel mehr Zeit durchschreiten, als ein anderer gebraucht hätte, es auf einer Lustreise zu besehen; gleich dem gebornen Landesherrn werden ihm von Städten und Festungen die Schlüssel entgegen getragen. Kein Schloß ist ihm unersteiglich, kein Strom hemmt seine siegreiche Bahn, oft siegt er schon durch seinen gefürchteten Namen. Längs dem ganzen Mainstrom sieht man die Schwedischen Fahnen aufgepflanzt, die untere Pfalz ist frey, die Spanier und Lothringer über den Rhein und die Mosel gewichen. Ueber die Churmainzischen, Würzburgischen und Bambergischen Lande haben sich Schweden und Hessen wie eine reißende Fluth ergossen, und drey flüchtige Bischöfe büßen, ferne von ihren Sizen, ihre unglückliche Ergebenheit gegen den Kaiser. Die Reihe trift endlich auch den Schuldigsten von allen, und den Anführer der Ligue, Maximilian, auf seinem eigenen Boden das Elend zu erfahren, das er andern bereitet hatte. Weder das abschreckende Schiksal seiner Bundsgenossen, noch die gütlichen Anerbietungen Gustavs, der mitten im Laufe seiner Eroberungen die Hände zum Frieden bot, hatten die Hartnäckigkeit dieses Prinzen besiegen können. Ueber den Leichnam des Tilly, der sich wie ein bewachender Cherub vor den Eingang derselben stellt, wälzt sich der Krieg in die Bayrischen Lande. Gleich den Ufern des Rheins wimmeln jezt die Ufer des Lechs und der Donau von Schwedischen Kriegern; in seine festen Schlösser verkrochen, überläßt der geschlagene Churfürst seine entblößten Staaten dem Feinde, den die gesegneten, von keinem Krieg noch verheerten Fluren zum Raube, und die Religionswuth des Bayrischen Landmanns zu gleichen Gewaltthaten einladen. München selbst öffnet seine Thore dem unüberwindlichen König, und der flüchtige Pfalzgraf

Klugheit geleitet, Gustav Adolph unwiderstehlich war. In der einen Hand das Schwert, in der andern die Gnade, sieht man ihn jezt Deutschland von einem Ende zum andern als Eroberer, Gesezgeber und Richter durchschreiten, in nicht viel mehr Zeit durchschreiten, als ein anderer gebraucht hätte, es auf einer Lustreise zu besehen; gleich dem gebornen Landesherrn werden ihm von Städten und Festungen die Schlüssel entgegen getragen. Kein Schloß ist ihm unersteiglich, kein Strom hemmt seine siegreiche Bahn, oft siegt er schon durch seinen gefürchteten Namen. Längs dem ganzen Mainstrom sieht man die Schwedischen Fahnen aufgepflanzt, die untere Pfalz ist frey, die Spanier und Lothringer über den Rhein und die Mosel gewichen. Ueber die Churmainzischen, Würzburgischen und Bambergischen Lande haben sich Schweden und Hessen wie eine reißende Fluth ergossen, und drey flüchtige Bischöfe büßen, ferne von ihren Sizen, ihre unglückliche Ergebenheit gegen den Kaiser. Die Reihe trift endlich auch den Schuldigsten von allen, und den Anführer der Ligue, Maximilian, auf seinem eigenen Boden das Elend zu erfahren, das er andern bereitet hatte. Weder das abschreckende Schiksal seiner Bundsgenossen, noch die gütlichen Anerbietungen Gustavs, der mitten im Laufe seiner Eroberungen die Hände zum Frieden bot, hatten die Hartnäckigkeit dieses Prinzen besiegen können. Ueber den Leichnam des Tilly, der sich wie ein bewachender Cherub vor den Eingang derselben stellt, wälzt sich der Krieg in die Bayrischen Lande. Gleich den Ufern des Rheins wimmeln jezt die Ufer des Lechs und der Donau von Schwedischen Kriegern; in seine festen Schlösser verkrochen, überläßt der geschlagene Churfürst seine entblößten Staaten dem Feinde, den die gesegneten, von keinem Krieg noch verheerten Fluren zum Raube, und die Religionswuth des Bayrischen Landmanns zu gleichen Gewaltthaten einladen. München selbst öffnet seine Thore dem unüberwindlichen König, und der flüchtige Pfalzgraf

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[233/0241] Klugheit geleitet, Gustav Adolph unwiderstehlich war. In der einen Hand das Schwert, in der andern die Gnade, sieht man ihn jezt Deutschland von einem Ende zum andern als Eroberer, Gesezgeber und Richter durchschreiten, in nicht viel mehr Zeit durchschreiten, als ein anderer gebraucht hätte, es auf einer Lustreise zu besehen; gleich dem gebornen Landesherrn werden ihm von Städten und Festungen die Schlüssel entgegen getragen. Kein Schloß ist ihm unersteiglich, kein Strom hemmt seine siegreiche Bahn, oft siegt er schon durch seinen gefürchteten Namen. Längs dem ganzen Mainstrom sieht man die Schwedischen Fahnen aufgepflanzt, die untere Pfalz ist frey, die Spanier und Lothringer über den Rhein und die Mosel gewichen. Ueber die Churmainzischen, Würzburgischen und Bambergischen Lande haben sich Schweden und Hessen wie eine reißende Fluth ergossen, und drey flüchtige Bischöfe büßen, ferne von ihren Sizen, ihre unglückliche Ergebenheit gegen den Kaiser. Die Reihe trift endlich auch den Schuldigsten von allen, und den Anführer der Ligue, Maximilian, auf seinem eigenen Boden das Elend zu erfahren, das er andern bereitet hatte. Weder das abschreckende Schiksal seiner Bundsgenossen, noch die gütlichen Anerbietungen Gustavs, der mitten im Laufe seiner Eroberungen die Hände zum Frieden bot, hatten die Hartnäckigkeit dieses Prinzen besiegen können. Ueber den Leichnam des Tilly, der sich wie ein bewachender Cherub vor den Eingang derselben stellt, wälzt sich der Krieg in die Bayrischen Lande. Gleich den Ufern des Rheins wimmeln jezt die Ufer des Lechs und der Donau von Schwedischen Kriegern; in seine festen Schlösser verkrochen, überläßt der geschlagene Churfürst seine entblößten Staaten dem Feinde, den die gesegneten, von keinem Krieg noch verheerten Fluren zum Raube, und die Religionswuth des Bayrischen Landmanns zu gleichen Gewaltthaten einladen. München selbst öffnet seine Thore dem unüberwindlichen König, und der flüchtige Pfalzgraf

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/241>, abgerufen am 21.11.2024.