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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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politische Streitigkeiten mit einer bundsverwandten Macht zu beendigen, zu denen sein bisheriges Betragen den Grund gelegt hatte. Zu seinem Winteraufenthalt und zum Mittelpunkt dieser Staatsgeschäfte erwählte er die Stadt Mainz, gegen die er überhaupt eine größere Neigung blicken ließ, als sich mit dem Interesse der Deutschen Fürsten, und mit dem kurzen Besuche vertrug, den er dem Reiche hatte abstatten wollen. Nicht zufrieden, die Stadt auf das stärkste befestigt zu haben, ließ er auch ihr gegenüber, in dem Winkel, den der Main mit dem Rheine macht, eine neue Citadelle anlegen, die nach ihrem Stifter Gustavsburg genannt, aber unter dem Namen Pfaffenraub, Pfaffenzwang bekannter geworden ist.

Indem Gustav Adolph sich Meister vom Rhein machte, und die drey angrenzenden Churfürstenthümer mit seinen siegreichen Waffen bedrohte, wurde in Paris und Saint Germain von seinen wachsamen Feinden jeder Kunstgriff der Politik in Bewegung gesezt, ihm den Beystand Frankreichs zu entziehen, und ihn wo möglich mit dieser Macht in Krieg zu verwickeln. Er selbst hatte durch die unerwartete und zweydeutige Wendung seiner Waffen gegen den Rheinstrom seine Freunde stuzen gemacht, und seinen Gegnern die Mittel dargereicht, ein gefährliches Mißtrauen in seine Absichten zu erregen. Nachdem er das Hochstift Würzburg und den größten Theil Frankens seiner Macht unterworfen hatte, stand es bey ihm, durch das Hochstift Bamberg und durch die obere Pfalz in Bayern und Oesterreich einzubrechen; und die Erwartung war so allgemein als natürlich, daß er nicht säumen würde, den Kaiser und den Herzog von Bayern im Mittelpunkt ihrer Armee anzugreifen, und durch Ueberwältigung dieser beyden Hauptfeinde den Krieg auf das schnellste zu endigen. Aber zu nicht geringem Erstaunen beyder streitenden Theile verließ Gustav Adolph die von der allgemeinen Meinung ihm vorgezeichnete

politische Streitigkeiten mit einer bundsverwandten Macht zu beendigen, zu denen sein bisheriges Betragen den Grund gelegt hatte. Zu seinem Winteraufenthalt und zum Mittelpunkt dieser Staatsgeschäfte erwählte er die Stadt Mainz, gegen die er überhaupt eine größere Neigung blicken ließ, als sich mit dem Interesse der Deutschen Fürsten, und mit dem kurzen Besuche vertrug, den er dem Reiche hatte abstatten wollen. Nicht zufrieden, die Stadt auf das stärkste befestigt zu haben, ließ er auch ihr gegenüber, in dem Winkel, den der Main mit dem Rheine macht, eine neue Citadelle anlegen, die nach ihrem Stifter Gustavsburg genannt, aber unter dem Namen Pfaffenraub, Pfaffenzwang bekannter geworden ist.

Indem Gustav Adolph sich Meister vom Rhein machte, und die drey angrenzenden Churfürstenthümer mit seinen siegreichen Waffen bedrohte, wurde in Paris und Saint Germain von seinen wachsamen Feinden jeder Kunstgriff der Politik in Bewegung gesezt, ihm den Beystand Frankreichs zu entziehen, und ihn wo möglich mit dieser Macht in Krieg zu verwickeln. Er selbst hatte durch die unerwartete und zweydeutige Wendung seiner Waffen gegen den Rheinstrom seine Freunde stuzen gemacht, und seinen Gegnern die Mittel dargereicht, ein gefährliches Mißtrauen in seine Absichten zu erregen. Nachdem er das Hochstift Würzburg und den größten Theil Frankens seiner Macht unterworfen hatte, stand es bey ihm, durch das Hochstift Bamberg und durch die obere Pfalz in Bayern und Oesterreich einzubrechen; und die Erwartung war so allgemein als natürlich, daß er nicht säumen würde, den Kaiser und den Herzog von Bayern im Mittelpunkt ihrer Armee anzugreifen, und durch Ueberwältigung dieser beyden Hauptfeinde den Krieg auf das schnellste zu endigen. Aber zu nicht geringem Erstaunen beyder streitenden Theile verließ Gustav Adolph die von der allgemeinen Meinung ihm vorgezeichnete

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[256/0264] politische Streitigkeiten mit einer bundsverwandten Macht zu beendigen, zu denen sein bisheriges Betragen den Grund gelegt hatte. Zu seinem Winteraufenthalt und zum Mittelpunkt dieser Staatsgeschäfte erwählte er die Stadt Mainz, gegen die er überhaupt eine größere Neigung blicken ließ, als sich mit dem Interesse der Deutschen Fürsten, und mit dem kurzen Besuche vertrug, den er dem Reiche hatte abstatten wollen. Nicht zufrieden, die Stadt auf das stärkste befestigt zu haben, ließ er auch ihr gegenüber, in dem Winkel, den der Main mit dem Rheine macht, eine neue Citadelle anlegen, die nach ihrem Stifter Gustavsburg genannt, aber unter dem Namen Pfaffenraub, Pfaffenzwang bekannter geworden ist. Indem Gustav Adolph sich Meister vom Rhein machte, und die drey angrenzenden Churfürstenthümer mit seinen siegreichen Waffen bedrohte, wurde in Paris und Saint Germain von seinen wachsamen Feinden jeder Kunstgriff der Politik in Bewegung gesezt, ihm den Beystand Frankreichs zu entziehen, und ihn wo möglich mit dieser Macht in Krieg zu verwickeln. Er selbst hatte durch die unerwartete und zweydeutige Wendung seiner Waffen gegen den Rheinstrom seine Freunde stuzen gemacht, und seinen Gegnern die Mittel dargereicht, ein gefährliches Mißtrauen in seine Absichten zu erregen. Nachdem er das Hochstift Würzburg und den größten Theil Frankens seiner Macht unterworfen hatte, stand es bey ihm, durch das Hochstift Bamberg und durch die obere Pfalz in Bayern und Oesterreich einzubrechen; und die Erwartung war so allgemein als natürlich, daß er nicht säumen würde, den Kaiser und den Herzog von Bayern im Mittelpunkt ihrer Armee anzugreifen, und durch Ueberwältigung dieser beyden Hauptfeinde den Krieg auf das schnellste zu endigen. Aber zu nicht geringem Erstaunen beyder streitenden Theile verließ Gustav Adolph die von der allgemeinen Meinung ihm vorgezeichnete

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/264>, abgerufen am 17.05.2024.