Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Annäherung eines siegreichen Königs von ihrer Partey ihren gesunkenen Muth neu beleben und sie zu dem gewaltsamsten Widerstand aufmuntern möchte. Dieß konnte geschehn, auch wenn Gustav Adolph auf das weiteste davon entfernt war, ihnen Hoffnung zu machen, und an seinem Bundsgenossen, dem König von Frankreich eine wirkliche Untreue zu begehn. Aber der rachgierige Sinn des Bischofs von Würzburg, der den Verlust seiner Länder am Französischen Hole zu verschmerzen suchte, die giftvolle Beredsamkeit der Jesuiten, und der geschäftige Eifer des Bayrischen Ministers stellten dieses gefährliche Verständniß zwischen den Hugenotten und dem König von Schweden als ganz erwiesen dar, und wußten den furchtsamen Geist Ludwigs mit den schrecklichsten Besorgnissen zu bestürmen. Nicht blos thörichte Politiker, auch manche nicht unverständige Katholiken glaubten in vollem Ernst, der König werde mit nächstem in das innerste Frankreich eindringen, mit den Hugenotten gemeine Sache machen, und die katholische Religion in dem Königreich umstürzen. Fanatische Eiferer sahen ihn schon mit einer Armee über die Alpen klimmen, und den Statthalter Christi selbst in Italien entthronen. So leicht sich Träumereyen dieser Art von selbst widerlegten, so schnell auch die Ehrliebe und Toleranz des Königs dergleichen lächerliche Anklagen zu Boden schlug, so war dennoch nicht zu läugnen, daß er durch seine Kriegsunternehmungen am Rhein dem Argwohn seiner Gegner eine gefährliche Blöße gab, und einigermaßen den Verdacht rechtfertigte, als ob er seine Waffen weniger gegen den Kaiser und den Herzog von Bayern, als gegen die katholische Religion überhaupt habe richten wollen.



Annäherung eines siegreichen Königs von ihrer Partey ihren gesunkenen Muth neu beleben und sie zu dem gewaltsamsten Widerstand aufmuntern möchte. Dieß konnte geschehn, auch wenn Gustav Adolph auf das weiteste davon entfernt war, ihnen Hoffnung zu machen, und an seinem Bundsgenossen, dem König von Frankreich eine wirkliche Untreue zu begehn. Aber der rachgierige Sinn des Bischofs von Würzburg, der den Verlust seiner Länder am Französischen Hole zu verschmerzen suchte, die giftvolle Beredsamkeit der Jesuiten, und der geschäftige Eifer des Bayrischen Ministers stellten dieses gefährliche Verständniß zwischen den Hugenotten und dem König von Schweden als ganz erwiesen dar, und wußten den furchtsamen Geist Ludwigs mit den schrecklichsten Besorgnissen zu bestürmen. Nicht blos thörichte Politiker, auch manche nicht unverständige Katholiken glaubten in vollem Ernst, der König werde mit nächstem in das innerste Frankreich eindringen, mit den Hugenotten gemeine Sache machen, und die katholische Religion in dem Königreich umstürzen. Fanatische Eiferer sahen ihn schon mit einer Armee über die Alpen klimmen, und den Statthalter Christi selbst in Italien entthronen. So leicht sich Träumereyen dieser Art von selbst widerlegten, so schnell auch die Ehrliebe und Toleranz des Königs dergleichen lächerliche Anklagen zu Boden schlug, so war dennoch nicht zu läugnen, daß er durch seine Kriegsunternehmungen am Rhein dem Argwohn seiner Gegner eine gefährliche Blöße gab, und einigermaßen den Verdacht rechtfertigte, als ob er seine Waffen weniger gegen den Kaiser und den Herzog von Bayern, als gegen die katholische Religion überhaupt habe richten wollen.



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0266" n="258"/>
Annäherung eines siegreichen Königs von ihrer Partey ihren gesunkenen Muth neu beleben und           sie zu dem gewaltsamsten Widerstand aufmuntern möchte. Dieß konnte geschehn, auch wenn           <persName>Gustav Adolph</persName> auf das weiteste davon entfernt war, ihnen Hoffnung zu machen, und an seinem           Bundsgenossen, dem König von Frankreich eine wirkliche Untreue zu begehn. Aber der           rachgierige Sinn des Bischofs von Würzburg, der den Verlust seiner Länder am Französischen           Hole zu verschmerzen suchte, die giftvolle Beredsamkeit der Jesuiten, und der geschäftige           Eifer des Bayrischen Ministers stellten dieses gefährliche Verständniß zwischen den           Hugenotten und dem König von Schweden als ganz erwiesen dar, und wußten den furchtsamen           Geist Ludwigs mit den schrecklichsten Besorgnissen zu bestürmen. Nicht blos thörichte           Politiker, auch manche nicht unverständige Katholiken glaubten in vollem Ernst, der König           werde mit nächstem in das innerste Frankreich eindringen, mit den Hugenotten gemeine Sache           machen, und die katholische Religion in dem Königreich umstürzen. Fanatische Eiferer sahen           ihn schon mit einer Armee über die Alpen klimmen, und den Statthalter Christi selbst in           Italien entthronen. So leicht sich Träumereyen dieser Art von selbst widerlegten, so           schnell auch die Ehrliebe und Toleranz des Königs dergleichen lächerliche Anklagen zu           Boden schlug, so war dennoch nicht zu läugnen, daß er durch seine Kriegsunternehmungen am           Rhein dem Argwohn seiner Gegner eine gefährliche Blöße gab, und einigermaßen den Verdacht           rechtfertigte, als ob er seine Waffen weniger gegen den Kaiser und den Herzog von Bayern,           als gegen die katholische Religion überhaupt habe richten wollen.</p>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[258/0266] Annäherung eines siegreichen Königs von ihrer Partey ihren gesunkenen Muth neu beleben und sie zu dem gewaltsamsten Widerstand aufmuntern möchte. Dieß konnte geschehn, auch wenn Gustav Adolph auf das weiteste davon entfernt war, ihnen Hoffnung zu machen, und an seinem Bundsgenossen, dem König von Frankreich eine wirkliche Untreue zu begehn. Aber der rachgierige Sinn des Bischofs von Würzburg, der den Verlust seiner Länder am Französischen Hole zu verschmerzen suchte, die giftvolle Beredsamkeit der Jesuiten, und der geschäftige Eifer des Bayrischen Ministers stellten dieses gefährliche Verständniß zwischen den Hugenotten und dem König von Schweden als ganz erwiesen dar, und wußten den furchtsamen Geist Ludwigs mit den schrecklichsten Besorgnissen zu bestürmen. Nicht blos thörichte Politiker, auch manche nicht unverständige Katholiken glaubten in vollem Ernst, der König werde mit nächstem in das innerste Frankreich eindringen, mit den Hugenotten gemeine Sache machen, und die katholische Religion in dem Königreich umstürzen. Fanatische Eiferer sahen ihn schon mit einer Armee über die Alpen klimmen, und den Statthalter Christi selbst in Italien entthronen. So leicht sich Träumereyen dieser Art von selbst widerlegten, so schnell auch die Ehrliebe und Toleranz des Königs dergleichen lächerliche Anklagen zu Boden schlug, so war dennoch nicht zu läugnen, daß er durch seine Kriegsunternehmungen am Rhein dem Argwohn seiner Gegner eine gefährliche Blöße gab, und einigermaßen den Verdacht rechtfertigte, als ob er seine Waffen weniger gegen den Kaiser und den Herzog von Bayern, als gegen die katholische Religion überhaupt habe richten wollen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Google books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/266
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/266>, abgerufen am 17.05.2024.