Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.Schnelligkeit flutet. Ein gewisses Grab öffnete sich dem waghälsigen Stürmer in seinen Wellen, und am entgegenstehenden Ufer zeigten ihm die feindlichen Kanonen ihre mördrischen Schlünde. Ertrotzte er dennoch mitten durch die Wuth des Wassers und des Feuers den fast unmöglichen Uebergang, so erwartet die ermatteten Truppen ein frischer und muthiger Feind in einem unüberwindlichen Lager, und nach Erholung schmachtend, finden sie - eine Schlacht. Mit erschöpfter Kraft müssen sie die feindlichen Schanzen ersteigen, deren Festigkeit jedes Angriffs zu spotten scheint. Eine Niederlage, an diesem Ufer erlitten, führt sie unvermeidlich zum Untergange; denn derselbe Strom, der ihnen die Bahn zum Siege erschwert, versperrt ihnen alle Wege zur Flucht, wenn das Glück sie verlassen sollte. Der Schwedische Kriegsrath, den der Monarch jetzt versammelte, machte das ganze Gewicht dieser Gründe gelten, um die Ausführung eines so gefahrvollen Unternehmens zu hindern. Auch die Tapfersten zagten, und eine ehrwürdige Schaar im Dienste grau gewordener Krieger erröthete nicht, ihre Besorgnisse zu gestehn. Aber der Entschluß des Königs war gefaßt. "Wie?" sagte er zu Gustav Horn, der das Wort für die übrigen führte: "über die Ostsee, über so viele große Ströme Deutschlands hätten wir gesetzt, und vor einem Bache, vor diesem Lech hier, sollten wir ein Unternehmen aufgeben?" Er hatte bereits bey Besichtigung der Gegend, die er mit mancher Lebensgefahr anstellte, die Entdeckung gemacht, daß das diesseitige Ufer über das jenseitige merklich hervorrage, und die Wirkung des Schwedischen Geschützes, vorzugsweise vor dem des Feindes, begünstige. Mit schneller Besonnenheit wußte er diesen Umstand zu nützen. Unverzüglich ließ er an der Stelle, wo sich das linke Ufer des Lechs gegen das rechte zu krümmte, drey Batterien aufwerfen, von welchen zwey und siebenzig Feldstücke ein kreuzweises Feuer gegen den Feind Schnelligkeit flutet. Ein gewisses Grab öffnete sich dem waghälsigen Stürmer in seinen Wellen, und am entgegenstehenden Ufer zeigten ihm die feindlichen Kanonen ihre mördrischen Schlünde. Ertrotzte er dennoch mitten durch die Wuth des Wassers und des Feuers den fast unmöglichen Uebergang, so erwartet die ermatteten Truppen ein frischer und muthiger Feind in einem unüberwindlichen Lager, und nach Erholung schmachtend, finden sie – eine Schlacht. Mit erschöpfter Kraft müssen sie die feindlichen Schanzen ersteigen, deren Festigkeit jedes Angriffs zu spotten scheint. Eine Niederlage, an diesem Ufer erlitten, führt sie unvermeidlich zum Untergange; denn derselbe Strom, der ihnen die Bahn zum Siege erschwert, versperrt ihnen alle Wege zur Flucht, wenn das Glück sie verlassen sollte. Der Schwedische Kriegsrath, den der Monarch jetzt versammelte, machte das ganze Gewicht dieser Gründe gelten, um die Ausführung eines so gefahrvollen Unternehmens zu hindern. Auch die Tapfersten zagten, und eine ehrwürdige Schaar im Dienste grau gewordener Krieger erröthete nicht, ihre Besorgnisse zu gestehn. Aber der Entschluß des Königs war gefaßt. „Wie?“ sagte er zu Gustav Horn, der das Wort für die übrigen führte: „über die Ostsee, über so viele große Ströme Deutschlands hätten wir gesetzt, und vor einem Bache, vor diesem Lech hier, sollten wir ein Unternehmen aufgeben?“ Er hatte bereits bey Besichtigung der Gegend, die er mit mancher Lebensgefahr anstellte, die Entdeckung gemacht, daß das diesseitige Ufer über das jenseitige merklich hervorrage, und die Wirkung des Schwedischen Geschützes, vorzugsweise vor dem des Feindes, begünstige. Mit schneller Besonnenheit wußte er diesen Umstand zu nützen. Unverzüglich ließ er an der Stelle, wo sich das linke Ufer des Lechs gegen das rechte zu krümmte, drey Batterien aufwerfen, von welchen zwey und siebenzig Feldstücke ein kreuzweises Feuer gegen den Feind <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0277" n="269"/> Schnelligkeit flutet. Ein gewisses Grab öffnete sich dem waghälsigen Stürmer in seinen Wellen, und am entgegenstehenden Ufer zeigten ihm die feindlichen Kanonen ihre mördrischen Schlünde. Ertrotzte er dennoch mitten durch die Wuth des Wassers und des Feuers den fast unmöglichen Uebergang, so erwartet die ermatteten Truppen ein frischer und muthiger Feind in einem unüberwindlichen Lager, und nach Erholung schmachtend, finden sie – eine Schlacht. Mit erschöpfter Kraft müssen sie die feindlichen Schanzen ersteigen, deren Festigkeit jedes Angriffs zu spotten scheint. Eine Niederlage, an diesem Ufer erlitten, führt sie unvermeidlich zum Untergange; denn derselbe Strom, der ihnen die Bahn zum Siege erschwert, versperrt ihnen alle Wege zur Flucht, wenn das Glück sie verlassen sollte.</p> <p>Der Schwedische Kriegsrath, den der Monarch jetzt versammelte, machte das ganze Gewicht dieser Gründe gelten, um die Ausführung eines so gefahrvollen Unternehmens zu hindern. Auch die Tapfersten zagten, und eine ehrwürdige Schaar im Dienste grau gewordener Krieger erröthete nicht, ihre Besorgnisse zu gestehn. Aber der Entschluß des Königs war gefaßt. „Wie?“ sagte er zu Gustav Horn, der das Wort für die übrigen führte: „über die Ostsee, über so viele große Ströme Deutschlands hätten wir gesetzt, und vor einem Bache, vor diesem Lech hier, sollten wir ein Unternehmen aufgeben?“ Er hatte bereits bey Besichtigung der Gegend, die er mit mancher Lebensgefahr anstellte, die Entdeckung gemacht, daß das diesseitige Ufer über das jenseitige merklich hervorrage, und die Wirkung des Schwedischen Geschützes, vorzugsweise vor dem des Feindes, begünstige. Mit schneller Besonnenheit wußte er diesen Umstand zu nützen. Unverzüglich ließ er an der Stelle, wo sich das linke Ufer des Lechs gegen das rechte zu krümmte, drey Batterien aufwerfen, von welchen zwey und siebenzig Feldstücke ein kreuzweises Feuer gegen den Feind </p> </div> </body> </text> </TEI> [269/0277]
Schnelligkeit flutet. Ein gewisses Grab öffnete sich dem waghälsigen Stürmer in seinen Wellen, und am entgegenstehenden Ufer zeigten ihm die feindlichen Kanonen ihre mördrischen Schlünde. Ertrotzte er dennoch mitten durch die Wuth des Wassers und des Feuers den fast unmöglichen Uebergang, so erwartet die ermatteten Truppen ein frischer und muthiger Feind in einem unüberwindlichen Lager, und nach Erholung schmachtend, finden sie – eine Schlacht. Mit erschöpfter Kraft müssen sie die feindlichen Schanzen ersteigen, deren Festigkeit jedes Angriffs zu spotten scheint. Eine Niederlage, an diesem Ufer erlitten, führt sie unvermeidlich zum Untergange; denn derselbe Strom, der ihnen die Bahn zum Siege erschwert, versperrt ihnen alle Wege zur Flucht, wenn das Glück sie verlassen sollte.
Der Schwedische Kriegsrath, den der Monarch jetzt versammelte, machte das ganze Gewicht dieser Gründe gelten, um die Ausführung eines so gefahrvollen Unternehmens zu hindern. Auch die Tapfersten zagten, und eine ehrwürdige Schaar im Dienste grau gewordener Krieger erröthete nicht, ihre Besorgnisse zu gestehn. Aber der Entschluß des Königs war gefaßt. „Wie?“ sagte er zu Gustav Horn, der das Wort für die übrigen führte: „über die Ostsee, über so viele große Ströme Deutschlands hätten wir gesetzt, und vor einem Bache, vor diesem Lech hier, sollten wir ein Unternehmen aufgeben?“ Er hatte bereits bey Besichtigung der Gegend, die er mit mancher Lebensgefahr anstellte, die Entdeckung gemacht, daß das diesseitige Ufer über das jenseitige merklich hervorrage, und die Wirkung des Schwedischen Geschützes, vorzugsweise vor dem des Feindes, begünstige. Mit schneller Besonnenheit wußte er diesen Umstand zu nützen. Unverzüglich ließ er an der Stelle, wo sich das linke Ufer des Lechs gegen das rechte zu krümmte, drey Batterien aufwerfen, von welchen zwey und siebenzig Feldstücke ein kreuzweises Feuer gegen den Feind
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