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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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zu, seine Personen, seine Güter zu flüchten. Alle Straßen bis Wien waren mit Fliehenden angefüllt, die sich nicht eher als in der Kaiserstadt von ihrem Schrecken erholten. Maradas selbst, an Prags Errettung verzweifelnd, folgte den übrigen, und führte seine kleine Mannschaft bis Tabor, wo er den Ausgang erwarten wollte.

Tiefe Stille herrschte in Prag, als die Sachsen am andern Morgen davor erschienen; keine Anstalt zur Vertheidigung; nicht ein einziger Schuß von den Wällen, der eine Gegenwehr der Bewohner verkündigte. Vielmehr sammelte sich eine Menge von Zuschauern um sie her, welche die Neugier aus der Stadt gelockt hatte, das feindliche Heer zu betrachten; und die friedliche Vertraulichkeit, womit sie sich näherten, glich vielmehr einer freundschaftlichen Begrüßung, als einem feindlichen Empfange. Aus dem übereinstimmenden Bericht dieser Leute erfuhr man, daß die Stadt leer an Soldaten und die Regierung nach Budweiß geflüchtet sey. Dieser unerwartete, unerklärbare Mangel an Widerstand erregte Arnheims Mißtrauen um so mehr, da ihm die eilfertige Annäherung des Entsatzes aus Schlesien kein Geheimniß, und die Sächsische Armee mit Belagerungswerkzeugen zu wenig versehen, auch an Anzahl bey weitem zu schwach war, um eine so große Stadt zu bestürmen. Vor einem Hinterhalt bange, verdoppelte er seine Wachsamkeit; und er schwebte in dieser Furcht, bis ihm der Haushofmeister des Herzogs von Friedland, den er unter dem Haufen entdeckte, diese unglaubliche Nachricht bekräftigte. "Die Stadt ist ohne Schwertstreich unser," rief er jezt voll Verwunderung seinen Obersten zu, und ließ sie unverzüglich durch einen Trompeter auffordern.

Die Bürgerschaft von Prag, von ihren Vertheidigern schimpflich im Stich gelassen, hatte ihren Entschluß längst gefaßt, und es kam bloß darauf an, Freyheit und Eigenthum durch eine vortheilhafte

zu, seine Personen, seine Güter zu flüchten. Alle Straßen bis Wien waren mit Fliehenden angefüllt, die sich nicht eher als in der Kaiserstadt von ihrem Schrecken erholten. Maradas selbst, an Prags Errettung verzweifelnd, folgte den übrigen, und führte seine kleine Mannschaft bis Tabor, wo er den Ausgang erwarten wollte.

Tiefe Stille herrschte in Prag, als die Sachsen am andern Morgen davor erschienen; keine Anstalt zur Vertheidigung; nicht ein einziger Schuß von den Wällen, der eine Gegenwehr der Bewohner verkündigte. Vielmehr sammelte sich eine Menge von Zuschauern um sie her, welche die Neugier aus der Stadt gelockt hatte, das feindliche Heer zu betrachten; und die friedliche Vertraulichkeit, womit sie sich näherten, glich vielmehr einer freundschaftlichen Begrüßung, als einem feindlichen Empfange. Aus dem übereinstimmenden Bericht dieser Leute erfuhr man, daß die Stadt leer an Soldaten und die Regierung nach Budweiß geflüchtet sey. Dieser unerwartete, unerklärbare Mangel an Widerstand erregte Arnheims Mißtrauen um so mehr, da ihm die eilfertige Annäherung des Entsatzes aus Schlesien kein Geheimniß, und die Sächsische Armee mit Belagerungswerkzeugen zu wenig versehen, auch an Anzahl bey weitem zu schwach war, um eine so große Stadt zu bestürmen. Vor einem Hinterhalt bange, verdoppelte er seine Wachsamkeit; und er schwebte in dieser Furcht, bis ihm der Haushofmeister des Herzogs von Friedland, den er unter dem Haufen entdeckte, diese unglaubliche Nachricht bekräftigte. „Die Stadt ist ohne Schwertstreich unser,“ rief er jezt voll Verwunderung seinen Obersten zu, und ließ sie unverzüglich durch einen Trompeter auffordern.

Die Bürgerschaft von Prag, von ihren Vertheidigern schimpflich im Stich gelassen, hatte ihren Entschluß längst gefaßt, und es kam bloß darauf an, Freyheit und Eigenthum durch eine vortheilhafte

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[281/0289] zu, seine Personen, seine Güter zu flüchten. Alle Straßen bis Wien waren mit Fliehenden angefüllt, die sich nicht eher als in der Kaiserstadt von ihrem Schrecken erholten. Maradas selbst, an Prags Errettung verzweifelnd, folgte den übrigen, und führte seine kleine Mannschaft bis Tabor, wo er den Ausgang erwarten wollte. Tiefe Stille herrschte in Prag, als die Sachsen am andern Morgen davor erschienen; keine Anstalt zur Vertheidigung; nicht ein einziger Schuß von den Wällen, der eine Gegenwehr der Bewohner verkündigte. Vielmehr sammelte sich eine Menge von Zuschauern um sie her, welche die Neugier aus der Stadt gelockt hatte, das feindliche Heer zu betrachten; und die friedliche Vertraulichkeit, womit sie sich näherten, glich vielmehr einer freundschaftlichen Begrüßung, als einem feindlichen Empfange. Aus dem übereinstimmenden Bericht dieser Leute erfuhr man, daß die Stadt leer an Soldaten und die Regierung nach Budweiß geflüchtet sey. Dieser unerwartete, unerklärbare Mangel an Widerstand erregte Arnheims Mißtrauen um so mehr, da ihm die eilfertige Annäherung des Entsatzes aus Schlesien kein Geheimniß, und die Sächsische Armee mit Belagerungswerkzeugen zu wenig versehen, auch an Anzahl bey weitem zu schwach war, um eine so große Stadt zu bestürmen. Vor einem Hinterhalt bange, verdoppelte er seine Wachsamkeit; und er schwebte in dieser Furcht, bis ihm der Haushofmeister des Herzogs von Friedland, den er unter dem Haufen entdeckte, diese unglaubliche Nachricht bekräftigte. „Die Stadt ist ohne Schwertstreich unser,“ rief er jezt voll Verwunderung seinen Obersten zu, und ließ sie unverzüglich durch einen Trompeter auffordern. Die Bürgerschaft von Prag, von ihren Vertheidigern schimpflich im Stich gelassen, hatte ihren Entschluß längst gefaßt, und es kam bloß darauf an, Freyheit und Eigenthum durch eine vortheilhafte

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/289>, abgerufen am 22.11.2024.