Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Gustav Adolph durchwanderte den Deutschen Norden mit siegendem Schritte; ein Platz nach dem andern gieng an ihn verloren, und bey Leipzig fiel der Kern der kaiserlichen Macht. Das Gerücht dieser Niederlagen drang bald auch zu Wallensteins Ohren, der, zu Prag in die Dunkelheit des Privatstands zurückgeschwunden, aus ruhiger Ferne den tobenden Kriegssturm betrachtete. Was die Brust aller Katholiken mit Unruhe erfüllte, verkündigte ihm Größe und Glück; nur für ihn arbeitete Gustav Adolph. Kaum hatte der Letztere angefangen, sich durch seine Kriegesthaten in Achtung zu setzen, so verlor der Herzog von Friedland keinen Augenblick, seine Freundschaft zu suchen, und mit diesem glücklichen Feinde Oesterreichs gemeine Sache zu machen. Der vertriebne Graf von Thurn, der dem Könige von Schweden schon längst seine Dienste gewidmet, übernahm es, dem Monarchen Wallensteins Glückswünsche zu überbringen, und ihn zu einem engern Bündnisse mit dem Herzog einzuladen. Funfzehntausend Mann begehrte Wallenstein von dem Könige, um mit Hülfe derselben und mit den Truppen, die er selbst zu werben sich anheischig machte, Böhmen und Mähren zu erobern, Wien zu überfallen, und den Kaiser, seinen Herrn, bis nach Italien zu verjagen. So sehr das Unerwartete dieses Antragen und das Uebertriebne der gemachten Versprechungen das Mißtrauen Gustav Adolphs erregte, so war er doch ein zu guter Kenner des Verdiensts, um einen so wichtigen Freund mit Kaltsinn zurückzuweisen. Nachdem aber Wallenstein, durch die günstige Aufnahme dieses ersten Versuchs ermuntert, nach der Breitenfelder Schlacht seinen Antrag erneuerte, und auf eine bestimmte Erklärung drang, trug der vorsichtige Monarch Bedenken, an die schimärischen Entwürfe dieses verwegenen Kopfs seinen Ruhm zu wagen, und der Redlichkeit eines Mannes, der sich ihm als Verräther ankündigte, eine so zahlreiche Mannschaft

Gustav Adolph durchwanderte den Deutschen Norden mit siegendem Schritte; ein Platz nach dem andern gieng an ihn verloren, und bey Leipzig fiel der Kern der kaiserlichen Macht. Das Gerücht dieser Niederlagen drang bald auch zu Wallensteins Ohren, der, zu Prag in die Dunkelheit des Privatstands zurückgeschwunden, aus ruhiger Ferne den tobenden Kriegssturm betrachtete. Was die Brust aller Katholiken mit Unruhe erfüllte, verkündigte ihm Größe und Glück; nur für ihn arbeitete Gustav Adolph. Kaum hatte der Letztere angefangen, sich durch seine Kriegesthaten in Achtung zu setzen, so verlor der Herzog von Friedland keinen Augenblick, seine Freundschaft zu suchen, und mit diesem glücklichen Feinde Oesterreichs gemeine Sache zu machen. Der vertriebne Graf von Thurn, der dem Könige von Schweden schon längst seine Dienste gewidmet, übernahm es, dem Monarchen Wallensteins Glückswünsche zu überbringen, und ihn zu einem engern Bündnisse mit dem Herzog einzuladen. Funfzehntausend Mann begehrte Wallenstein von dem Könige, um mit Hülfe derselben und mit den Truppen, die er selbst zu werben sich anheischig machte, Böhmen und Mähren zu erobern, Wien zu überfallen, und den Kaiser, seinen Herrn, bis nach Italien zu verjagen. So sehr das Unerwartete dieses Antragen und das Uebertriebne der gemachten Versprechungen das Mißtrauen Gustav Adolphs erregte, so war er doch ein zu guter Kenner des Verdiensts, um einen so wichtigen Freund mit Kaltsinn zurückzuweisen. Nachdem aber Wallenstein, durch die günstige Aufnahme dieses ersten Versuchs ermuntert, nach der Breitenfelder Schlacht seinen Antrag erneuerte, und auf eine bestimmte Erklärung drang, trug der vorsichtige Monarch Bedenken, an die schimärischen Entwürfe dieses verwegenen Kopfs seinen Ruhm zu wagen, und der Redlichkeit eines Mannes, der sich ihm als Verräther ankündigte, eine so zahlreiche Mannschaft

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0300" n="292"/>
        <p><persName>Gustav Adolph</persName> durchwanderte den Deutschen Norden mit siegendem Schritte; ein Platz nach dem andern gieng an ihn verloren, und bey <placeName>Leipzig</placeName> fiel der Kern der kaiserlichen Macht. Das Gerücht dieser Niederlagen drang bald auch zu Wallensteins Ohren, der, zu Prag in die Dunkelheit des Privatstands zurückgeschwunden, aus ruhiger Ferne den tobenden Kriegssturm betrachtete. Was die Brust aller Katholiken mit Unruhe erfüllte, verkündigte <hi rendition="#g">ihm</hi> Größe und Glück; nur für <hi rendition="#g">ihn</hi> arbeitete <persName>Gustav Adolph</persName>. Kaum hatte der Letztere angefangen, sich durch seine Kriegesthaten in Achtung zu setzen, so verlor der Herzog von Friedland keinen Augenblick, seine Freundschaft zu suchen, und mit diesem glücklichen Feinde Oesterreichs gemeine Sache zu machen. Der vertriebne Graf von Thurn, der dem Könige von Schweden schon längst seine Dienste gewidmet, übernahm es, dem Monarchen Wallensteins Glückswünsche zu überbringen, und ihn zu einem engern Bündnisse mit dem Herzog einzuladen. Funfzehntausend Mann begehrte Wallenstein von dem Könige, um mit Hülfe derselben und mit den Truppen, die er selbst zu werben sich anheischig machte, <placeName>Böhmen</placeName> und <placeName>Mähren</placeName> zu erobern, <placeName>Wien</placeName> zu überfallen, und den Kaiser, seinen Herrn, bis nach <placeName>Italien</placeName> zu verjagen. So sehr das Unerwartete dieses Antragen und das Uebertriebne der gemachten Versprechungen das Mißtrauen <persName>Gustav Adolphs</persName> erregte, so war er doch ein zu guter Kenner des Verdiensts, um einen so wichtigen Freund mit Kaltsinn zurückzuweisen. Nachdem aber Wallenstein, durch die günstige Aufnahme dieses ersten Versuchs ermuntert, nach der Breitenfelder Schlacht seinen Antrag erneuerte, und auf eine bestimmte Erklärung drang, trug der vorsichtige Monarch Bedenken, an die schimärischen Entwürfe dieses verwegenen Kopfs seinen Ruhm zu wagen, und der Redlichkeit eines Mannes, der sich ihm als Verräther ankündigte, eine so zahlreiche Mannschaft
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[292/0300] Gustav Adolph durchwanderte den Deutschen Norden mit siegendem Schritte; ein Platz nach dem andern gieng an ihn verloren, und bey Leipzig fiel der Kern der kaiserlichen Macht. Das Gerücht dieser Niederlagen drang bald auch zu Wallensteins Ohren, der, zu Prag in die Dunkelheit des Privatstands zurückgeschwunden, aus ruhiger Ferne den tobenden Kriegssturm betrachtete. Was die Brust aller Katholiken mit Unruhe erfüllte, verkündigte ihm Größe und Glück; nur für ihn arbeitete Gustav Adolph. Kaum hatte der Letztere angefangen, sich durch seine Kriegesthaten in Achtung zu setzen, so verlor der Herzog von Friedland keinen Augenblick, seine Freundschaft zu suchen, und mit diesem glücklichen Feinde Oesterreichs gemeine Sache zu machen. Der vertriebne Graf von Thurn, der dem Könige von Schweden schon längst seine Dienste gewidmet, übernahm es, dem Monarchen Wallensteins Glückswünsche zu überbringen, und ihn zu einem engern Bündnisse mit dem Herzog einzuladen. Funfzehntausend Mann begehrte Wallenstein von dem Könige, um mit Hülfe derselben und mit den Truppen, die er selbst zu werben sich anheischig machte, Böhmen und Mähren zu erobern, Wien zu überfallen, und den Kaiser, seinen Herrn, bis nach Italien zu verjagen. So sehr das Unerwartete dieses Antragen und das Uebertriebne der gemachten Versprechungen das Mißtrauen Gustav Adolphs erregte, so war er doch ein zu guter Kenner des Verdiensts, um einen so wichtigen Freund mit Kaltsinn zurückzuweisen. Nachdem aber Wallenstein, durch die günstige Aufnahme dieses ersten Versuchs ermuntert, nach der Breitenfelder Schlacht seinen Antrag erneuerte, und auf eine bestimmte Erklärung drang, trug der vorsichtige Monarch Bedenken, an die schimärischen Entwürfe dieses verwegenen Kopfs seinen Ruhm zu wagen, und der Redlichkeit eines Mannes, der sich ihm als Verräther ankündigte, eine so zahlreiche Mannschaft

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Google books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/300
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/300>, abgerufen am 22.11.2024.