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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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jedem Tage stieg, und die Schwäche des Bayrischen Beystandes immer sichtbarer wurde, bedachte er sich nicht länger, den Freunden des Herzogs sein Ohr zu leihen, und ihre Vorschläge wegen Zurückberufung dieses Feldherrn in Ueberlegung zu nehmen. Die unermeßlichen Reichthümer, die der Letztere besaß, die allgemeine Achtung, in der er stand, die Schnelligkeit, womit er sechs Jahre vorher ein Heer von vierzig tausend Streitern ins Feld gestellt, der geringe Kostenaufwand, womit er dieses zahlreiche Heer unterhalten, die Thaten, die er an der Spitze desselben verrichtet, der Eifer endlich und die Treue, die er für des Kaisers Ehre bewiesen hatte, lebten noch in dauerndem Andenken bey dem Monarchen, und stellten ihm den Herzog als das schicklichste Werkzeug dar, das Gleichgewicht der Waffen zwischen den kriegführenden Mächten wieder herzustellen, Oesterreich zu retten, und die katholische Religion aufrecht zu erhalten. Wie empfindlich auch der kaiserliche Stolz die Erniedrigung fühlte, ein so unzweydeutiges Geständniß seiner ehmaligen Uebereilung und seiner gegenwärtigen Noth abzulegen, wie sehr es ihn schmerzte, von der Höhe seiner Herrscherwürde zu Bitten herabzusteigen, wie verdächtig auch die Treue eines so bitter beleidigten und so unversöhnlichen Mannes war, wie laut und nachdrücklich endlich auch die Spanischen Minister und der Churfürst von Bayern ihr Mißfallen über diesen Schritt zu erkennen gaben, so siegte jetzt die dringende Noth über jede andre Betrachtung, und die Freunde des Herzogs erhielten den Auftrag, seine Gesinnungen zu erforschen, und ihm die Möglichkeit seiner Wiederherstellung von ferne zu zeigen.

Unterrichtet von allem, was im Kabinet des Kaisers zu seinem Vortheil verhandelt wurde, gewann dieser Herrschaft genug über sich selbst, seinen innern Triumph zu verbergen, und die Rolle des Gleichgültigen zu spielen. Die Zeit der Rache war gekommen, und sein stolzes Herz frohlockte, die

jedem Tage stieg, und die Schwäche des Bayrischen Beystandes immer sichtbarer wurde, bedachte er sich nicht länger, den Freunden des Herzogs sein Ohr zu leihen, und ihre Vorschläge wegen Zurückberufung dieses Feldherrn in Ueberlegung zu nehmen. Die unermeßlichen Reichthümer, die der Letztere besaß, die allgemeine Achtung, in der er stand, die Schnelligkeit, womit er sechs Jahre vorher ein Heer von vierzig tausend Streitern ins Feld gestellt, der geringe Kostenaufwand, womit er dieses zahlreiche Heer unterhalten, die Thaten, die er an der Spitze desselben verrichtet, der Eifer endlich und die Treue, die er für des Kaisers Ehre bewiesen hatte, lebten noch in dauerndem Andenken bey dem Monarchen, und stellten ihm den Herzog als das schicklichste Werkzeug dar, das Gleichgewicht der Waffen zwischen den kriegführenden Mächten wieder herzustellen, Oesterreich zu retten, und die katholische Religion aufrecht zu erhalten. Wie empfindlich auch der kaiserliche Stolz die Erniedrigung fühlte, ein so unzweydeutiges Geständniß seiner ehmaligen Uebereilung und seiner gegenwärtigen Noth abzulegen, wie sehr es ihn schmerzte, von der Höhe seiner Herrscherwürde zu Bitten herabzusteigen, wie verdächtig auch die Treue eines so bitter beleidigten und so unversöhnlichen Mannes war, wie laut und nachdrücklich endlich auch die Spanischen Minister und der Churfürst von Bayern ihr Mißfallen über diesen Schritt zu erkennen gaben, so siegte jetzt die dringende Noth über jede andre Betrachtung, und die Freunde des Herzogs erhielten den Auftrag, seine Gesinnungen zu erforschen, und ihm die Möglichkeit seiner Wiederherstellung von ferne zu zeigen.

Unterrichtet von allem, was im Kabinet des Kaisers zu seinem Vortheil verhandelt wurde, gewann dieser Herrschaft genug über sich selbst, seinen innern Triumph zu verbergen, und die Rolle des Gleichgültigen zu spielen. Die Zeit der Rache war gekommen, und sein stolzes Herz frohlockte, die

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[297/0305] jedem Tage stieg, und die Schwäche des Bayrischen Beystandes immer sichtbarer wurde, bedachte er sich nicht länger, den Freunden des Herzogs sein Ohr zu leihen, und ihre Vorschläge wegen Zurückberufung dieses Feldherrn in Ueberlegung zu nehmen. Die unermeßlichen Reichthümer, die der Letztere besaß, die allgemeine Achtung, in der er stand, die Schnelligkeit, womit er sechs Jahre vorher ein Heer von vierzig tausend Streitern ins Feld gestellt, der geringe Kostenaufwand, womit er dieses zahlreiche Heer unterhalten, die Thaten, die er an der Spitze desselben verrichtet, der Eifer endlich und die Treue, die er für des Kaisers Ehre bewiesen hatte, lebten noch in dauerndem Andenken bey dem Monarchen, und stellten ihm den Herzog als das schicklichste Werkzeug dar, das Gleichgewicht der Waffen zwischen den kriegführenden Mächten wieder herzustellen, Oesterreich zu retten, und die katholische Religion aufrecht zu erhalten. Wie empfindlich auch der kaiserliche Stolz die Erniedrigung fühlte, ein so unzweydeutiges Geständniß seiner ehmaligen Uebereilung und seiner gegenwärtigen Noth abzulegen, wie sehr es ihn schmerzte, von der Höhe seiner Herrscherwürde zu Bitten herabzusteigen, wie verdächtig auch die Treue eines so bitter beleidigten und so unversöhnlichen Mannes war, wie laut und nachdrücklich endlich auch die Spanischen Minister und der Churfürst von Bayern ihr Mißfallen über diesen Schritt zu erkennen gaben, so siegte jetzt die dringende Noth über jede andre Betrachtung, und die Freunde des Herzogs erhielten den Auftrag, seine Gesinnungen zu erforschen, und ihm die Möglichkeit seiner Wiederherstellung von ferne zu zeigen. Unterrichtet von allem, was im Kabinet des Kaisers zu seinem Vortheil verhandelt wurde, gewann dieser Herrschaft genug über sich selbst, seinen innern Triumph zu verbergen, und die Rolle des Gleichgültigen zu spielen. Die Zeit der Rache war gekommen, und sein stolzes Herz frohlockte, die

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/305>, abgerufen am 22.11.2024.