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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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begraben, und Gustav Adolph gegen zwanzigtausend seiner Soldaten durch Krieg und Seuchen eingebüßt. Zertreten lagen alle umliegenden Felder, die Dörfer in Asche, das beraubte Landvolk verschmachtete auf den Straßen, Modergerüche verpesteten die Luft, verheerende Seuchen, durch die kümmerliche Nahrung, durch den Qualm eines so bevölkerten Lagers und so vieler verwesenden Leichname, durch die Glut der Hundstage ausgebrütet, wütheten unter Menschen und Thieren, und noch lange nach dem Abzug der Armeen drückten Mangel und Elend das Land. Gerührt von dem allgemeinen Jammer, und ohne Hoffnung, die Beharrlichkeit des Herzogs von Friedland zu besiegen, hob der König am achten September sein Lager auf, und verließ Nürnberg, nachdem er es zur Fürsorge mit einer hinlänglichen Besatzung versehen hatte. In völliger Schlachtordnung zog er an dem Feinde vorüber, der unbeweglich blieb, und nicht das geringste unternahm, seinen Abzug zu stören. Er richtete seinen Marsch nach Neustadt an der Aisch und Windsheim, wo er fünf Tage stehen blieb, um seine Truppen zu erquicken, und Nürnberg nahe zu seyn, wenn der Feind etwas gegen diese Stadt unternehmen sollte. Aber Wallenstein, der Erholung nicht weniger bedürftig, hatte auf den Abzug der Schweden nur gewartet, um den seinigen antreten zu können. Fünf Tage später verließ auch er sein Lager bey Zirndorf, und übergab es den Flammen. Hundert Rauchsäulen, die aus den eingeäscherten Dörfern in der ganzen Runde zum Himmel stiegen, verkündigten seinen Abschied, und zeigten der getrösteten Stadt, welchem Schicksale sie selbst entgangen war. Seinen Marsch, der gegen Forchheim gerichtet war, bezeichnete die schreckliche Verheerung; doch war er schon zu weit vorgerückt, um von dem König noch eingeholt zu werden. Dieser trennte nun seine Armee, die das erschöpfte Land nicht ernähren konnte, um mit einem Theile derselben

begraben, und Gustav Adolph gegen zwanzigtausend seiner Soldaten durch Krieg und Seuchen eingebüßt. Zertreten lagen alle umliegenden Felder, die Dörfer in Asche, das beraubte Landvolk verschmachtete auf den Straßen, Modergerüche verpesteten die Luft, verheerende Seuchen, durch die kümmerliche Nahrung, durch den Qualm eines so bevölkerten Lagers und so vieler verwesenden Leichname, durch die Glut der Hundstage ausgebrütet, wütheten unter Menschen und Thieren, und noch lange nach dem Abzug der Armeen drückten Mangel und Elend das Land. Gerührt von dem allgemeinen Jammer, und ohne Hoffnung, die Beharrlichkeit des Herzogs von Friedland zu besiegen, hob der König am achten September sein Lager auf, und verließ Nürnberg, nachdem er es zur Fürsorge mit einer hinlänglichen Besatzung versehen hatte. In völliger Schlachtordnung zog er an dem Feinde vorüber, der unbeweglich blieb, und nicht das geringste unternahm, seinen Abzug zu stören. Er richtete seinen Marsch nach Neustadt an der Aisch und Windsheim, wo er fünf Tage stehen blieb, um seine Truppen zu erquicken, und Nürnberg nahe zu seyn, wenn der Feind etwas gegen diese Stadt unternehmen sollte. Aber Wallenstein, der Erholung nicht weniger bedürftig, hatte auf den Abzug der Schweden nur gewartet, um den seinigen antreten zu können. Fünf Tage später verließ auch er sein Lager bey Zirndorf, und übergab es den Flammen. Hundert Rauchsäulen, die aus den eingeäscherten Dörfern in der ganzen Runde zum Himmel stiegen, verkündigten seinen Abschied, und zeigten der getrösteten Stadt, welchem Schicksale sie selbst entgangen war. Seinen Marsch, der gegen Forchheim gerichtet war, bezeichnete die schreckliche Verheerung; doch war er schon zu weit vorgerückt, um von dem König noch eingeholt zu werden. Dieser trennte nun seine Armee, die das erschöpfte Land nicht ernähren konnte, um mit einem Theile derselben

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[324/0332] begraben, und Gustav Adolph gegen zwanzigtausend seiner Soldaten durch Krieg und Seuchen eingebüßt. Zertreten lagen alle umliegenden Felder, die Dörfer in Asche, das beraubte Landvolk verschmachtete auf den Straßen, Modergerüche verpesteten die Luft, verheerende Seuchen, durch die kümmerliche Nahrung, durch den Qualm eines so bevölkerten Lagers und so vieler verwesenden Leichname, durch die Glut der Hundstage ausgebrütet, wütheten unter Menschen und Thieren, und noch lange nach dem Abzug der Armeen drückten Mangel und Elend das Land. Gerührt von dem allgemeinen Jammer, und ohne Hoffnung, die Beharrlichkeit des Herzogs von Friedland zu besiegen, hob der König am achten September sein Lager auf, und verließ Nürnberg, nachdem er es zur Fürsorge mit einer hinlänglichen Besatzung versehen hatte. In völliger Schlachtordnung zog er an dem Feinde vorüber, der unbeweglich blieb, und nicht das geringste unternahm, seinen Abzug zu stören. Er richtete seinen Marsch nach Neustadt an der Aisch und Windsheim, wo er fünf Tage stehen blieb, um seine Truppen zu erquicken, und Nürnberg nahe zu seyn, wenn der Feind etwas gegen diese Stadt unternehmen sollte. Aber Wallenstein, der Erholung nicht weniger bedürftig, hatte auf den Abzug der Schweden nur gewartet, um den seinigen antreten zu können. Fünf Tage später verließ auch er sein Lager bey Zirndorf, und übergab es den Flammen. Hundert Rauchsäulen, die aus den eingeäscherten Dörfern in der ganzen Runde zum Himmel stiegen, verkündigten seinen Abschied, und zeigten der getrösteten Stadt, welchem Schicksale sie selbst entgangen war. Seinen Marsch, der gegen Forchheim gerichtet war, bezeichnete die schreckliche Verheerung; doch war er schon zu weit vorgerückt, um von dem König noch eingeholt zu werden. Dieser trennte nun seine Armee, die das erschöpfte Land nicht ernähren konnte, um mit einem Theile derselben

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/332>, abgerufen am 17.05.2024.