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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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seinem Zuge durch Franken und Thüringen die schauderhaftesten Denkmäler seiner Wuth hinterlassen, erschien er mit seiner ganzen Macht in dem Leipziger Kreise, und zwang nach einer kurzen Belagerung die Stadt Leipzig zur Uebergabe. Seine Absicht war, bis nach Dresden vorzudringen, und durch Unterwerfung des ganzen Landes dem Churfürsten Gesetze vorzuschreiben. Schon näherte er sich der Mulda, um die Sächsische Armee, die bis Torgau ihm entgegen gerückt war, mit seiner überlegenen Macht aus dem Felde zu schlagen, als die Ankunft des Königs von Schweden zu Erfurt seinen Eroberungsplanen eine unerwartete Grenze setzte. Im Gedränge zwischen der Sächsischen und Schwedischen Macht, welche Herzog Georg von Lüneburg von Niedersachsen aus noch zu verstärken drohte, wich er eilfertig gegen Merseburg zurück, um sich dort mit dem Grafen von Pappenheim zu vereinigen, und die eindringenden Schweden mit Nachdruck zurück zu treiben.

Nicht ohne große Unruhe hatte Gustav Adolph den Kunstgriffen zugesehen, welche Spanien und Oesterreich verschwendeten, um seinen Alliirten von ihm abtrünnig zu machen. So wichtig ihm das Bündniß mit Sachsen war, so viel mehr Ursache hatte er, vor dem unbeständigen Gemüthe Johann Georgs zu zittern. Nie hatte zwischen ihm und dem Churfürsten ein aufrichtiges freundschaftliches Verhältniß Statt gefunden. Einem Prinzen, der auf seine politische Wichtigkeit stolz, und gewohnt war, sich als das Haupt seiner Partey zu betrachten, mußte die Einmischung einer fremden Macht in die Reichsangelegenheiten bedenklich und drückend seyn, und den Widerwillen, womit er die Fortschritte dieses unwillkommnen Fremdlings betrachtete, hatte nur die äußerste Noth seiner Staaten auf eine Zeit lang besiegen können. Das wachsende Ansehen des Königs in Deutschland, sein überwiegender Einfluß auf die protestantischen Stände, die nicht sehr

seinem Zuge durch Franken und Thüringen die schauderhaftesten Denkmäler seiner Wuth hinterlassen, erschien er mit seiner ganzen Macht in dem Leipziger Kreise, und zwang nach einer kurzen Belagerung die Stadt Leipzig zur Uebergabe. Seine Absicht war, bis nach Dresden vorzudringen, und durch Unterwerfung des ganzen Landes dem Churfürsten Gesetze vorzuschreiben. Schon näherte er sich der Mulda, um die Sächsische Armee, die bis Torgau ihm entgegen gerückt war, mit seiner überlegenen Macht aus dem Felde zu schlagen, als die Ankunft des Königs von Schweden zu Erfurt seinen Eroberungsplanen eine unerwartete Grenze setzte. Im Gedränge zwischen der Sächsischen und Schwedischen Macht, welche Herzog Georg von Lüneburg von Niedersachsen aus noch zu verstärken drohte, wich er eilfertig gegen Merseburg zurück, um sich dort mit dem Grafen von Pappenheim zu vereinigen, und die eindringenden Schweden mit Nachdruck zurück zu treiben.

Nicht ohne große Unruhe hatte Gustav Adolph den Kunstgriffen zugesehen, welche Spanien und Oesterreich verschwendeten, um seinen Alliirten von ihm abtrünnig zu machen. So wichtig ihm das Bündniß mit Sachsen war, so viel mehr Ursache hatte er, vor dem unbeständigen Gemüthe Johann Georgs zu zittern. Nie hatte zwischen ihm und dem Churfürsten ein aufrichtiges freundschaftliches Verhältniß Statt gefunden. Einem Prinzen, der auf seine politische Wichtigkeit stolz, und gewohnt war, sich als das Haupt seiner Partey zu betrachten, mußte die Einmischung einer fremden Macht in die Reichsangelegenheiten bedenklich und drückend seyn, und den Widerwillen, womit er die Fortschritte dieses unwillkommnen Fremdlings betrachtete, hatte nur die äußerste Noth seiner Staaten auf eine Zeit lang besiegen können. Das wachsende Ansehen des Königs in Deutschland, sein überwiegender Einfluß auf die protestantischen Stände, die nicht sehr

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[327/0335] seinem Zuge durch Franken und Thüringen die schauderhaftesten Denkmäler seiner Wuth hinterlassen, erschien er mit seiner ganzen Macht in dem Leipziger Kreise, und zwang nach einer kurzen Belagerung die Stadt Leipzig zur Uebergabe. Seine Absicht war, bis nach Dresden vorzudringen, und durch Unterwerfung des ganzen Landes dem Churfürsten Gesetze vorzuschreiben. Schon näherte er sich der Mulda, um die Sächsische Armee, die bis Torgau ihm entgegen gerückt war, mit seiner überlegenen Macht aus dem Felde zu schlagen, als die Ankunft des Königs von Schweden zu Erfurt seinen Eroberungsplanen eine unerwartete Grenze setzte. Im Gedränge zwischen der Sächsischen und Schwedischen Macht, welche Herzog Georg von Lüneburg von Niedersachsen aus noch zu verstärken drohte, wich er eilfertig gegen Merseburg zurück, um sich dort mit dem Grafen von Pappenheim zu vereinigen, und die eindringenden Schweden mit Nachdruck zurück zu treiben. Nicht ohne große Unruhe hatte Gustav Adolph den Kunstgriffen zugesehen, welche Spanien und Oesterreich verschwendeten, um seinen Alliirten von ihm abtrünnig zu machen. So wichtig ihm das Bündniß mit Sachsen war, so viel mehr Ursache hatte er, vor dem unbeständigen Gemüthe Johann Georgs zu zittern. Nie hatte zwischen ihm und dem Churfürsten ein aufrichtiges freundschaftliches Verhältniß Statt gefunden. Einem Prinzen, der auf seine politische Wichtigkeit stolz, und gewohnt war, sich als das Haupt seiner Partey zu betrachten, mußte die Einmischung einer fremden Macht in die Reichsangelegenheiten bedenklich und drückend seyn, und den Widerwillen, womit er die Fortschritte dieses unwillkommnen Fremdlings betrachtete, hatte nur die äußerste Noth seiner Staaten auf eine Zeit lang besiegen können. Das wachsende Ansehen des Königs in Deutschland, sein überwiegender Einfluß auf die protestantischen Stände, die nicht sehr

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/335>, abgerufen am 22.11.2024.