Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

zweydeutigen Beweise seiner ehrgeitzigen Absichten, bedenklich genug, die ganze Wachsamkeit der Reichsstände aufzufodern, machten bey dem Churfürsten tausend Besorgnisse rege, welche die kaiserlichen Unterhändler geschickt zu nähren und zu vergrößern wußten. Jeder eigenmächtige Schritt des Königs, jede auch noch so billige Foderung, die er an die Reichsfürsten machte, gaben dem Churfürsten Anlaß zu bittern Beschwerden, die einen nahen Bruch zu verkündigen schienen. Selbst unter den Generalen beyder Theile zeigten sich, so oft sie vereinigt agiren sollten, vielfache Spuren der Eifersucht, welche ihre Beherrscher entzweyten. Johann Georgs natürliche Abneigung vor dem Krieg, und seine noch immer nicht unterdrückte Ergebenheit gegen Oesterreich, begünstigte Arnheims Bemühungen, der, in beständigem Einverständnisse mit Wallenstein, unermüdet daran arbeitete, seinen Herrn zu einem Privatvergleich mit dem Kaiser zu vermögen; und fanden seine Vorstellungen auch lange Zeit keinen Eingang, so lehrte doch zuletzt der Erfolg, daß sie nicht ganz ohne Wirkung geblieben waren.

Gustav Adolph, mit Recht vor den Folgen bange, die der Abfall eines so wichtigen Bundsgenossen von seiner Partey für seine ganze künftige Existenz in Deutschland haben mußte, ließ kein Mittel unversucht, diesen bedenklichen Schritt zu verhindern, und bis jetzt hatten seine Vorstellungen ihren Eindruck auf den Churfürsten nicht ganz verfehlt. Aber die fürchterliche Macht, womit der Kaiser seine verführerischen Vorschläge unterstützte, und die Drangsale, die er bey längerer Weigerung über Sachsen zu häufen drohte, konnten endlich doch, wenn man ihn seinen Feinden hülflos dahingab, die Standhaftigkeit des Churfürsten überwinden, und diese Gleichgültigkeit gegen einen so wichtigen Bundsgenossen das Vertrauen aller übrigen Alliirten Schwedens zu ihrem Beschützer auf immer darnieder schlagen. Diese Betrachtung bewog den König, den

zweydeutigen Beweise seiner ehrgeitzigen Absichten, bedenklich genug, die ganze Wachsamkeit der Reichsstände aufzufodern, machten bey dem Churfürsten tausend Besorgnisse rege, welche die kaiserlichen Unterhändler geschickt zu nähren und zu vergrößern wußten. Jeder eigenmächtige Schritt des Königs, jede auch noch so billige Foderung, die er an die Reichsfürsten machte, gaben dem Churfürsten Anlaß zu bittern Beschwerden, die einen nahen Bruch zu verkündigen schienen. Selbst unter den Generalen beyder Theile zeigten sich, so oft sie vereinigt agiren sollten, vielfache Spuren der Eifersucht, welche ihre Beherrscher entzweyten. Johann Georgs natürliche Abneigung vor dem Krieg, und seine noch immer nicht unterdrückte Ergebenheit gegen Oesterreich, begünstigte Arnheims Bemühungen, der, in beständigem Einverständnisse mit Wallenstein, unermüdet daran arbeitete, seinen Herrn zu einem Privatvergleich mit dem Kaiser zu vermögen; und fanden seine Vorstellungen auch lange Zeit keinen Eingang, so lehrte doch zuletzt der Erfolg, daß sie nicht ganz ohne Wirkung geblieben waren.

Gustav Adolph, mit Recht vor den Folgen bange, die der Abfall eines so wichtigen Bundsgenossen von seiner Partey für seine ganze künftige Existenz in Deutschland haben mußte, ließ kein Mittel unversucht, diesen bedenklichen Schritt zu verhindern, und bis jetzt hatten seine Vorstellungen ihren Eindruck auf den Churfürsten nicht ganz verfehlt. Aber die fürchterliche Macht, womit der Kaiser seine verführerischen Vorschläge unterstützte, und die Drangsale, die er bey längerer Weigerung über Sachsen zu häufen drohte, konnten endlich doch, wenn man ihn seinen Feinden hülflos dahingab, die Standhaftigkeit des Churfürsten überwinden, und diese Gleichgültigkeit gegen einen so wichtigen Bundsgenossen das Vertrauen aller übrigen Alliirten Schwedens zu ihrem Beschützer auf immer darnieder schlagen. Diese Betrachtung bewog den König, den

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0336" n="328"/>
zweydeutigen Beweise seiner ehrgeitzigen Absichten, bedenklich genug, die           ganze Wachsamkeit der Reichsstände aufzufodern, machten bey dem Churfürsten tausend           Besorgnisse rege, welche die kaiserlichen Unterhändler geschickt zu nähren und zu           vergrößern wußten. Jeder eigenmächtige Schritt des Königs, jede auch noch so billige           Foderung, die er an die Reichsfürsten machte, gaben dem Churfürsten Anlaß zu bittern           Beschwerden, die einen nahen Bruch zu verkündigen schienen. Selbst unter den Generalen           beyder Theile zeigten sich, so oft sie vereinigt agiren sollten, vielfache Spuren der           Eifersucht, welche ihre Beherrscher entzweyten. Johann Georgs natürliche Abneigung vor dem           Krieg, und seine noch immer nicht unterdrückte Ergebenheit gegen Oesterreich, begünstigte           Arnheims Bemühungen, der, in beständigem Einverständnisse mit Wallenstein, unermüdet daran           arbeitete, seinen Herrn zu einem Privatvergleich mit dem Kaiser zu vermögen; und fanden           seine Vorstellungen auch lange Zeit keinen Eingang, so lehrte doch zuletzt der Erfolg, daß           sie nicht ganz ohne Wirkung geblieben waren.</p>
        <p><persName>Gustav Adolph</persName>, mit Recht vor den Folgen bange, die der Abfall eines so wichtigen           Bundsgenossen von seiner Partey für seine ganze künftige Existenz in Deutschland haben           mußte, ließ kein Mittel unversucht, diesen bedenklichen Schritt zu verhindern, und bis           jetzt hatten seine Vorstellungen ihren Eindruck auf den Churfürsten nicht ganz verfehlt.           Aber die fürchterliche Macht, womit der Kaiser seine verführerischen Vorschläge           unterstützte, und die Drangsale, die er bey längerer Weigerung über Sachsen zu häufen           drohte, konnten endlich doch, wenn man ihn seinen Feinden hülflos dahingab, die           Standhaftigkeit des Churfürsten überwinden, und diese Gleichgültigkeit gegen einen so           wichtigen Bundsgenossen das Vertrauen aller übrigen Alliirten Schwedens zu ihrem           Beschützer auf immer darnieder schlagen. Diese Betrachtung bewog den König, den
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[328/0336] zweydeutigen Beweise seiner ehrgeitzigen Absichten, bedenklich genug, die ganze Wachsamkeit der Reichsstände aufzufodern, machten bey dem Churfürsten tausend Besorgnisse rege, welche die kaiserlichen Unterhändler geschickt zu nähren und zu vergrößern wußten. Jeder eigenmächtige Schritt des Königs, jede auch noch so billige Foderung, die er an die Reichsfürsten machte, gaben dem Churfürsten Anlaß zu bittern Beschwerden, die einen nahen Bruch zu verkündigen schienen. Selbst unter den Generalen beyder Theile zeigten sich, so oft sie vereinigt agiren sollten, vielfache Spuren der Eifersucht, welche ihre Beherrscher entzweyten. Johann Georgs natürliche Abneigung vor dem Krieg, und seine noch immer nicht unterdrückte Ergebenheit gegen Oesterreich, begünstigte Arnheims Bemühungen, der, in beständigem Einverständnisse mit Wallenstein, unermüdet daran arbeitete, seinen Herrn zu einem Privatvergleich mit dem Kaiser zu vermögen; und fanden seine Vorstellungen auch lange Zeit keinen Eingang, so lehrte doch zuletzt der Erfolg, daß sie nicht ganz ohne Wirkung geblieben waren. Gustav Adolph, mit Recht vor den Folgen bange, die der Abfall eines so wichtigen Bundsgenossen von seiner Partey für seine ganze künftige Existenz in Deutschland haben mußte, ließ kein Mittel unversucht, diesen bedenklichen Schritt zu verhindern, und bis jetzt hatten seine Vorstellungen ihren Eindruck auf den Churfürsten nicht ganz verfehlt. Aber die fürchterliche Macht, womit der Kaiser seine verführerischen Vorschläge unterstützte, und die Drangsale, die er bey längerer Weigerung über Sachsen zu häufen drohte, konnten endlich doch, wenn man ihn seinen Feinden hülflos dahingab, die Standhaftigkeit des Churfürsten überwinden, und diese Gleichgültigkeit gegen einen so wichtigen Bundsgenossen das Vertrauen aller übrigen Alliirten Schwedens zu ihrem Beschützer auf immer darnieder schlagen. Diese Betrachtung bewog den König, den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Google books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/336
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/336>, abgerufen am 22.11.2024.