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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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dringenden Einladungen, welche der hart bedrohte Churfürst an ihn ergehen ließ, zum zweytenmale nachzugeben, und der Rettung dieses Bundsgenossen alle seine glänzenden Hoffnungen aufzuopfern. Schon hatte er einen zweyten Angriff auf Ingolstadt beschlossen, und die Schwäche des Churfürsten von Bayern rechtfertigte seine Hoffnung, diesem erschöpften Feinde doch endlich noch die Neutralität aufzudringen. Der Aufstand des Landvolks in Oberösterreich öffnete ihm dann den Weg in dieses Land, und der Sitz des Kaiserthrons konnte in seinen Händen seyn, ehe Wallenstein Zeit hatte, mit Hülfe herbey zu eilen. Alle diese schimmernden Hoffnungen setzte er dem Wohl eines Alliirten nach, den weder Verdienste noch guter Wille dieses Opfers werth machten; der, bey den dringendsten Aufforderungen des Gemeingeistes, nur seinem eigenen Vortheil mit kleinlicher Selbstsucht diente; der nicht durch die Dienste, die man sich von ihm versprach, nur durch den Schaden, den man von ihm besorgte, bedeutend war. Und wer erwehrt sich nun des Unwillens, wenn er hört, daß auf dem Wege, den Gustav Adolph jetzt zur Befreyung dieses Fürsten antritt, der große König das Ziel seiner Thaten findet?

Schnell zog er seine Truppen im Fränkischen Kreise zusammen, und folgte dem Wallensteinischen Heere durch Thüringen nach. Herzog Bernhard von Weimar, der gegen Pappenheim war voraus geschickt worden, stieß bey Arnstadt zu dem Könige, der sich jetzt an der Spitze von zwanzigtausend Mann geübter Truppen erblickte. Zu Erfurt trennte er sich von seiner Gemahlin, die ihn nicht eher als zu Weißenfels - im Sarge wieder sehen sollte; der bange gepreßte Abschied deutete auf eine ewige Trennung. Er erreichte Naumburg am ersten November des Jahrs 1632, ehe die dahin detaschirten Corps des Herzogs von Friedland sich dieses Platzes bemächtigen konnten. Schaarenweise strömte alles Volk aus der umliegenden Gegend herbey, den

dringenden Einladungen, welche der hart bedrohte Churfürst an ihn ergehen ließ, zum zweytenmale nachzugeben, und der Rettung dieses Bundsgenossen alle seine glänzenden Hoffnungen aufzuopfern. Schon hatte er einen zweyten Angriff auf Ingolstadt beschlossen, und die Schwäche des Churfürsten von Bayern rechtfertigte seine Hoffnung, diesem erschöpften Feinde doch endlich noch die Neutralität aufzudringen. Der Aufstand des Landvolks in Oberösterreich öffnete ihm dann den Weg in dieses Land, und der Sitz des Kaiserthrons konnte in seinen Händen seyn, ehe Wallenstein Zeit hatte, mit Hülfe herbey zu eilen. Alle diese schimmernden Hoffnungen setzte er dem Wohl eines Alliirten nach, den weder Verdienste noch guter Wille dieses Opfers werth machten; der, bey den dringendsten Aufforderungen des Gemeingeistes, nur seinem eigenen Vortheil mit kleinlicher Selbstsucht diente; der nicht durch die Dienste, die man sich von ihm versprach, nur durch den Schaden, den man von ihm besorgte, bedeutend war. Und wer erwehrt sich nun des Unwillens, wenn er hört, daß auf dem Wege, den Gustav Adolph jetzt zur Befreyung dieses Fürsten antritt, der große König das Ziel seiner Thaten findet?

Schnell zog er seine Truppen im Fränkischen Kreise zusammen, und folgte dem Wallensteinischen Heere durch Thüringen nach. Herzog Bernhard von Weimar, der gegen Pappenheim war voraus geschickt worden, stieß bey Arnstadt zu dem Könige, der sich jetzt an der Spitze von zwanzigtausend Mann geübter Truppen erblickte. Zu Erfurt trennte er sich von seiner Gemahlin, die ihn nicht eher als zu Weißenfels – im Sarge wieder sehen sollte; der bange gepreßte Abschied deutete auf eine ewige Trennung. Er erreichte Naumburg am ersten November des Jahrs 1632, ehe die dahin detaschirten Corps des Herzogs von Friedland sich dieses Platzes bemächtigen konnten. Schaarenweise strömte alles Volk aus der umliegenden Gegend herbey, den

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[329/0337] dringenden Einladungen, welche der hart bedrohte Churfürst an ihn ergehen ließ, zum zweytenmale nachzugeben, und der Rettung dieses Bundsgenossen alle seine glänzenden Hoffnungen aufzuopfern. Schon hatte er einen zweyten Angriff auf Ingolstadt beschlossen, und die Schwäche des Churfürsten von Bayern rechtfertigte seine Hoffnung, diesem erschöpften Feinde doch endlich noch die Neutralität aufzudringen. Der Aufstand des Landvolks in Oberösterreich öffnete ihm dann den Weg in dieses Land, und der Sitz des Kaiserthrons konnte in seinen Händen seyn, ehe Wallenstein Zeit hatte, mit Hülfe herbey zu eilen. Alle diese schimmernden Hoffnungen setzte er dem Wohl eines Alliirten nach, den weder Verdienste noch guter Wille dieses Opfers werth machten; der, bey den dringendsten Aufforderungen des Gemeingeistes, nur seinem eigenen Vortheil mit kleinlicher Selbstsucht diente; der nicht durch die Dienste, die man sich von ihm versprach, nur durch den Schaden, den man von ihm besorgte, bedeutend war. Und wer erwehrt sich nun des Unwillens, wenn er hört, daß auf dem Wege, den Gustav Adolph jetzt zur Befreyung dieses Fürsten antritt, der große König das Ziel seiner Thaten findet? Schnell zog er seine Truppen im Fränkischen Kreise zusammen, und folgte dem Wallensteinischen Heere durch Thüringen nach. Herzog Bernhard von Weimar, der gegen Pappenheim war voraus geschickt worden, stieß bey Arnstadt zu dem Könige, der sich jetzt an der Spitze von zwanzigtausend Mann geübter Truppen erblickte. Zu Erfurt trennte er sich von seiner Gemahlin, die ihn nicht eher als zu Weißenfels – im Sarge wieder sehen sollte; der bange gepreßte Abschied deutete auf eine ewige Trennung. Er erreichte Naumburg am ersten November des Jahrs 1632, ehe die dahin detaschirten Corps des Herzogs von Friedland sich dieses Platzes bemächtigen konnten. Schaarenweise strömte alles Volk aus der umliegenden Gegend herbey, den

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/337>, abgerufen am 22.11.2024.