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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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Helden, den Rächer, den großen König anzustaunen, der ein Jahr vorher auf eben diesem Boden als ein rettender Engel erschienen war. Stimmen der Freude umtönten ihn, wo er sich sehen ließ; anbetend stürzte sich alles vor ihm auf die Kniee; man stritt sich um die Gunst, die Scheide seines Schwerts, den Saum seines Kleides zu berühren. Den bescheidenen Helden empörte dieser unschuldige Tribut, den ihm die aufrichtigste Dankbarkeit und Bewunderung zollte. "Ist es nicht, als ob dieses Volk mich zum Gott mache?" sagte er zu seinen Begleitern. "Unsre Sachen stehen gut; aber ich fürchte, die Rache des Himmels wird mich für dieses verwegene Gaukelspiel strafen, und diesem thörichten Haufen meine schwache sterbliche Menschheit früh genug offenbaren." Wie liebenswürdig zeigt sich uns Gustav, eh er auf ewig von uns Abschied nimmt! So weigert sich der Agamemnon des Griechischen Trauerspiels, auf den Purpur zu treten, den die Ehrfurcht zu seinen Füßen ausbreitet. Auch in der Fülle seines Glücks die richtende Nemesis ehrend, verschmäht er eine Huldigung, die nur den Unsterblichen gebührt, und sein Recht auf unsre Thränen verdoppelt sich, eben da er dem Augenblick nahe ist, sie zu erregen.

Unterdessen war der Herzog von Friedland dem anrückenden König bis Weißenfels entgegen gezogen, entschlossen, die Winterquartiere in Sachsen, auch wenn es eine Schlacht kosten sollte, zu behaupten. Seine Unthätigkeit vor Nürnberg, hatte ihn dem Verdacht ausgesetzt, als ob er sich mit dem Nordischen Helden nicht zu messen wagte, und sein ganzer Ruhm war in Gefahr, wenn er die Gelegenheit zu schlagen zum zweytenmal entwischen ließ. Seine Ueberlegenheit an Truppen, wiewohl weit geringer, als sie in der ersten Zeit des Nürnbergischen Lagers gewesen, machte ihm die wahrscheinlichste Hoffnung zum Sieg, wenn er den König, vor der Vereinigung desselben mit den Sachsen, in ein Treffen verwickeln konnte. Aber seine jetzige Zuversicht war nicht

Helden, den Rächer, den großen König anzustaunen, der ein Jahr vorher auf eben diesem Boden als ein rettender Engel erschienen war. Stimmen der Freude umtönten ihn, wo er sich sehen ließ; anbetend stürzte sich alles vor ihm auf die Kniee; man stritt sich um die Gunst, die Scheide seines Schwerts, den Saum seines Kleides zu berühren. Den bescheidenen Helden empörte dieser unschuldige Tribut, den ihm die aufrichtigste Dankbarkeit und Bewunderung zollte. „Ist es nicht, als ob dieses Volk mich zum Gott mache?“ sagte er zu seinen Begleitern. „Unsre Sachen stehen gut; aber ich fürchte, die Rache des Himmels wird mich für dieses verwegene Gaukelspiel strafen, und diesem thörichten Haufen meine schwache sterbliche Menschheit früh genug offenbaren.“ Wie liebenswürdig zeigt sich uns Gustav, eh er auf ewig von uns Abschied nimmt! So weigert sich der Agamemnon des Griechischen Trauerspiels, auf den Purpur zu treten, den die Ehrfurcht zu seinen Füßen ausbreitet. Auch in der Fülle seines Glücks die richtende Nemesis ehrend, verschmäht er eine Huldigung, die nur den Unsterblichen gebührt, und sein Recht auf unsre Thränen verdoppelt sich, eben da er dem Augenblick nahe ist, sie zu erregen.

Unterdessen war der Herzog von Friedland dem anrückenden König bis Weißenfels entgegen gezogen, entschlossen, die Winterquartiere in Sachsen, auch wenn es eine Schlacht kosten sollte, zu behaupten. Seine Unthätigkeit vor Nürnberg, hatte ihn dem Verdacht ausgesetzt, als ob er sich mit dem Nordischen Helden nicht zu messen wagte, und sein ganzer Ruhm war in Gefahr, wenn er die Gelegenheit zu schlagen zum zweytenmal entwischen ließ. Seine Ueberlegenheit an Truppen, wiewohl weit geringer, als sie in der ersten Zeit des Nürnbergischen Lagers gewesen, machte ihm die wahrscheinlichste Hoffnung zum Sieg, wenn er den König, vor der Vereinigung desselben mit den Sachsen, in ein Treffen verwickeln konnte. Aber seine jetzige Zuversicht war nicht

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Helden, den Rächer, den großen           König anzustaunen, der ein Jahr vorher auf eben diesem Boden als ein rettender Engel           erschienen war. Stimmen der Freude umtönten ihn, wo er sich sehen ließ; anbetend stürzte           sich alles vor ihm auf die Kniee; man stritt sich um die Gunst, die Scheide seines           Schwerts, den Saum seines Kleides zu berühren. Den bescheidenen Helden empörte dieser           unschuldige Tribut, den ihm die aufrichtigste Dankbarkeit und Bewunderung zollte. &#x201E;Ist es           nicht, als ob dieses Volk mich zum Gott mache?&#x201C; sagte er zu seinen Begleitern. &#x201E;Unsre           Sachen stehen gut; aber ich fürchte, die Rache des Himmels wird mich für dieses verwegene           Gaukelspiel strafen, und diesem thörichten Haufen meine schwache sterbliche Menschheit           früh genug offenbaren.&#x201C; Wie liebenswürdig zeigt sich uns Gustav, eh er auf ewig von uns           Abschied nimmt! So weigert sich der Agamemnon des Griechischen Trauerspiels, auf den           Purpur zu treten, den die Ehrfurcht zu seinen Füßen ausbreitet. Auch in der Fülle seines           Glücks die richtende Nemesis ehrend, verschmäht er eine Huldigung, die nur den           Unsterblichen gebührt, und sein Recht auf unsre Thränen verdoppelt sich, eben da er dem           Augenblick nahe ist, sie zu erregen.</p>
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[330/0338] Helden, den Rächer, den großen König anzustaunen, der ein Jahr vorher auf eben diesem Boden als ein rettender Engel erschienen war. Stimmen der Freude umtönten ihn, wo er sich sehen ließ; anbetend stürzte sich alles vor ihm auf die Kniee; man stritt sich um die Gunst, die Scheide seines Schwerts, den Saum seines Kleides zu berühren. Den bescheidenen Helden empörte dieser unschuldige Tribut, den ihm die aufrichtigste Dankbarkeit und Bewunderung zollte. „Ist es nicht, als ob dieses Volk mich zum Gott mache?“ sagte er zu seinen Begleitern. „Unsre Sachen stehen gut; aber ich fürchte, die Rache des Himmels wird mich für dieses verwegene Gaukelspiel strafen, und diesem thörichten Haufen meine schwache sterbliche Menschheit früh genug offenbaren.“ Wie liebenswürdig zeigt sich uns Gustav, eh er auf ewig von uns Abschied nimmt! So weigert sich der Agamemnon des Griechischen Trauerspiels, auf den Purpur zu treten, den die Ehrfurcht zu seinen Füßen ausbreitet. Auch in der Fülle seines Glücks die richtende Nemesis ehrend, verschmäht er eine Huldigung, die nur den Unsterblichen gebührt, und sein Recht auf unsre Thränen verdoppelt sich, eben da er dem Augenblick nahe ist, sie zu erregen. Unterdessen war der Herzog von Friedland dem anrückenden König bis Weißenfels entgegen gezogen, entschlossen, die Winterquartiere in Sachsen, auch wenn es eine Schlacht kosten sollte, zu behaupten. Seine Unthätigkeit vor Nürnberg, hatte ihn dem Verdacht ausgesetzt, als ob er sich mit dem Nordischen Helden nicht zu messen wagte, und sein ganzer Ruhm war in Gefahr, wenn er die Gelegenheit zu schlagen zum zweytenmal entwischen ließ. Seine Ueberlegenheit an Truppen, wiewohl weit geringer, als sie in der ersten Zeit des Nürnbergischen Lagers gewesen, machte ihm die wahrscheinlichste Hoffnung zum Sieg, wenn er den König, vor der Vereinigung desselben mit den Sachsen, in ein Treffen verwickeln konnte. Aber seine jetzige Zuversicht war nicht

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/338>, abgerufen am 22.11.2024.