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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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verläßt er unvermuthet die Oesterreichischen Fahnen, und erscheint zu Nürnberg im Lager des Königs, ihm seine Dienste als Volontair anzubieten. Durch seinen Eifer für die protestantische Sache und ein zuvorkommendes einschmeichelndes Betragen gewinnt er des Königs Herz, der, von Oxenstierna vergeblich gewarnt, seine Gunst und Freundschaft an den verdächtigen Ankömmling verschwendet. Bald darauf kommt es bey Lützen zur Schlacht, in welcher Franz Albert dem Monarchen wie ein böser Dämon beständig zur Seite bleibt, und erst nachdem der König schon gefallen ist, von ihm scheidet. Mitten unter den Kugeln der Feinde bleibt er unverletzt, weil er eine grüne Binde, die Farbe der Kaiserlichen, um den Leib trägt. Er ist der erste, der dem Herzog von Friedland, seinem Freunde, den Fall des Königs hinterbringt. Er vertauscht gleich nach dieser Schlacht die Schwedischen Dienste mit den Sächsischen, und bey der Ermordung Wallensteins, als ein Mitschuldiger dieses Generals eingezogen, entgeht er nur durch Abschwörung seines Glaubens dem Schwerte des Nachrichters. Endlich erscheint er aufs neue als Befehlshaber einer kaiserlichen Armee in Schlesien, und stirbt vor Schweidnitz an empfangenen Wunden. Es erfodert wirklich einige Selbstüberwindung, sich der Unschuld eines Menschen anzunehmen, der einen Lebenslauf, wie diesen, gelebt hat; aber wenn die moralische und physische Möglichkeit einer so verabscheuungswerthen That auch noch so sehr aus den angeführten Gründen erhellte, so zeigt schon der erste Blick, daß sie auf die wirkliche Begehung derselben keinen rechtmäßigen Schluß erlauben. Es ist bekannt, daß Gustav Adolph wie der gemeinste Soldat in seinem Heer sich der Gefahr bloß stellte, und wo Tausende fielen, konnte auch er seinen Untergang finden. Wie er ihn fand, bleibt in undurchdringliches Dunkel verhüllt; aber mehr als irgend wo gilt hier die Maxime, da wo der natürliche Lauf der Dinge zu einem vollkommenen Erklärungsgrund hinreicht, die Würde der

verläßt er unvermuthet die Oesterreichischen Fahnen, und erscheint zu Nürnberg im Lager des Königs, ihm seine Dienste als Volontair anzubieten. Durch seinen Eifer für die protestantische Sache und ein zuvorkommendes einschmeichelndes Betragen gewinnt er des Königs Herz, der, von Oxenstierna vergeblich gewarnt, seine Gunst und Freundschaft an den verdächtigen Ankömmling verschwendet. Bald darauf kommt es bey Lützen zur Schlacht, in welcher Franz Albert dem Monarchen wie ein böser Dämon beständig zur Seite bleibt, und erst nachdem der König schon gefallen ist, von ihm scheidet. Mitten unter den Kugeln der Feinde bleibt er unverletzt, weil er eine grüne Binde, die Farbe der Kaiserlichen, um den Leib trägt. Er ist der erste, der dem Herzog von Friedland, seinem Freunde, den Fall des Königs hinterbringt. Er vertauscht gleich nach dieser Schlacht die Schwedischen Dienste mit den Sächsischen, und bey der Ermordung Wallensteins, als ein Mitschuldiger dieses Generals eingezogen, entgeht er nur durch Abschwörung seines Glaubens dem Schwerte des Nachrichters. Endlich erscheint er aufs neue als Befehlshaber einer kaiserlichen Armee in Schlesien, und stirbt vor Schweidnitz an empfangenen Wunden. Es erfodert wirklich einige Selbstüberwindung, sich der Unschuld eines Menschen anzunehmen, der einen Lebenslauf, wie diesen, gelebt hat; aber wenn die moralische und physische Möglichkeit einer so verabscheuungswerthen That auch noch so sehr aus den angeführten Gründen erhellte, so zeigt schon der erste Blick, daß sie auf die wirkliche Begehung derselben keinen rechtmäßigen Schluß erlauben. Es ist bekannt, daß Gustav Adolph wie der gemeinste Soldat in seinem Heer sich der Gefahr bloß stellte, und wo Tausende fielen, konnte auch er seinen Untergang finden. Wie er ihn fand, bleibt in undurchdringliches Dunkel verhüllt; aber mehr als irgend wo gilt hier die Maxime, da wo der natürliche Lauf der Dinge zu einem vollkommenen Erklärungsgrund hinreicht, die Würde der

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[348/0356] verläßt er unvermuthet die Oesterreichischen Fahnen, und erscheint zu Nürnberg im Lager des Königs, ihm seine Dienste als Volontair anzubieten. Durch seinen Eifer für die protestantische Sache und ein zuvorkommendes einschmeichelndes Betragen gewinnt er des Königs Herz, der, von Oxenstierna vergeblich gewarnt, seine Gunst und Freundschaft an den verdächtigen Ankömmling verschwendet. Bald darauf kommt es bey Lützen zur Schlacht, in welcher Franz Albert dem Monarchen wie ein böser Dämon beständig zur Seite bleibt, und erst nachdem der König schon gefallen ist, von ihm scheidet. Mitten unter den Kugeln der Feinde bleibt er unverletzt, weil er eine grüne Binde, die Farbe der Kaiserlichen, um den Leib trägt. Er ist der erste, der dem Herzog von Friedland, seinem Freunde, den Fall des Königs hinterbringt. Er vertauscht gleich nach dieser Schlacht die Schwedischen Dienste mit den Sächsischen, und bey der Ermordung Wallensteins, als ein Mitschuldiger dieses Generals eingezogen, entgeht er nur durch Abschwörung seines Glaubens dem Schwerte des Nachrichters. Endlich erscheint er aufs neue als Befehlshaber einer kaiserlichen Armee in Schlesien, und stirbt vor Schweidnitz an empfangenen Wunden. Es erfodert wirklich einige Selbstüberwindung, sich der Unschuld eines Menschen anzunehmen, der einen Lebenslauf, wie diesen, gelebt hat; aber wenn die moralische und physische Möglichkeit einer so verabscheuungswerthen That auch noch so sehr aus den angeführten Gründen erhellte, so zeigt schon der erste Blick, daß sie auf die wirkliche Begehung derselben keinen rechtmäßigen Schluß erlauben. Es ist bekannt, daß Gustav Adolph wie der gemeinste Soldat in seinem Heer sich der Gefahr bloß stellte, und wo Tausende fielen, konnte auch er seinen Untergang finden. Wie er ihn fand, bleibt in undurchdringliches Dunkel verhüllt; aber mehr als irgend wo gilt hier die Maxime, da wo der natürliche Lauf der Dinge zu einem vollkommenen Erklärungsgrund hinreicht, die Würde der

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/356>, abgerufen am 15.05.2024.