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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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Es war wohl kaum zu erwarten, daß der mächtige Hang der Menschen zum Außerordentlichen dem gewöhnlichen Laufe der Natur den Ruhm lassen würde, das wichtige Leben eines Gustav Adolphs geendigt zu haben. Der Tod dieses furchtbaren Gegners war für den Kaiser eine zu wichtige Begebenheit, um nicht bey einer feindseligen Partey den so leicht sich darbietenden Gedanken zu erregen, daß das, was ihm nützte, von ihm veranlaßt worden sey. Aber der Kaiser bedurfte zu Ausführung dieser schwarzen That eines fremden Armes, und auch diesen glaubte man in der Person Franz Alberts Herzogs von Sachsen-Lauenburg gefunden zu haben. Diesem erlaubte sein Rang einen freyen unverdächtigen Zutritt zu dem Monarchen, und eben diese ehrenvolle Würde diente dazu, ihn über den Verdacht einer schändlichen Handlung hinweg zu setzen. Es braucht also bloß gezeigt zu werden, daß dieser Prinz einer solchen Abscheulichkeit fähig, und daß er hinlänglich dazu aufgefodert war, sie wirklich zu verüben.

Franz Albert, der jüngste von vier Söhnen Franz des Zweyten, Herzogs von Lauenburg, und durch seine Mutter verwandt mit dem Wasaischen Fürstengeschlechte, hatte in jüngern Jahren am Schwedischen Hofe eine freundschaftliche Aufnahme gefunden. Eine Unanständigkeit, die er sich im Zimmer der Königin Mutter gegen Gustav Adolph erlaubte, wurde, wie man sagt, von diesem feurigen Jüngling mit einer Ohrfeige geahndet, die, obgleich im Augenblick bereut und durch die vollständigste Genugthuung gebüßt, in dem rachgierigen Gemüth des Herzogs den Grund zu einer unversöhnlichen Feindschaft legte. Franz Albert trat in der Folge in kaiserliche Dienste, wo er ein Regiment anzuführen bekam, mit dem Herzog von Friedland in die engste Verbindung trat, und sich zu einer heimlichen Unterhandlung am Sächsischen Hofe gebrauchen ließ, die seinem Rang wenig Ehre machte. Ohne eine erhebliche Ursache davon angeben zu können,

Es war wohl kaum zu erwarten, daß der mächtige Hang der Menschen zum Außerordentlichen dem gewöhnlichen Laufe der Natur den Ruhm lassen würde, das wichtige Leben eines Gustav Adolphs geendigt zu haben. Der Tod dieses furchtbaren Gegners war für den Kaiser eine zu wichtige Begebenheit, um nicht bey einer feindseligen Partey den so leicht sich darbietenden Gedanken zu erregen, daß das, was ihm nützte, von ihm veranlaßt worden sey. Aber der Kaiser bedurfte zu Ausführung dieser schwarzen That eines fremden Armes, und auch diesen glaubte man in der Person Franz Alberts Herzogs von Sachsen-Lauenburg gefunden zu haben. Diesem erlaubte sein Rang einen freyen unverdächtigen Zutritt zu dem Monarchen, und eben diese ehrenvolle Würde diente dazu, ihn über den Verdacht einer schändlichen Handlung hinweg zu setzen. Es braucht also bloß gezeigt zu werden, daß dieser Prinz einer solchen Abscheulichkeit fähig, und daß er hinlänglich dazu aufgefodert war, sie wirklich zu verüben.

Franz Albert, der jüngste von vier Söhnen Franz des Zweyten, Herzogs von Lauenburg, und durch seine Mutter verwandt mit dem Wasaischen Fürstengeschlechte, hatte in jüngern Jahren am Schwedischen Hofe eine freundschaftliche Aufnahme gefunden. Eine Unanständigkeit, die er sich im Zimmer der Königin Mutter gegen Gustav Adolph erlaubte, wurde, wie man sagt, von diesem feurigen Jüngling mit einer Ohrfeige geahndet, die, obgleich im Augenblick bereut und durch die vollständigste Genugthuung gebüßt, in dem rachgierigen Gemüth des Herzogs den Grund zu einer unversöhnlichen Feindschaft legte. Franz Albert trat in der Folge in kaiserliche Dienste, wo er ein Regiment anzuführen bekam, mit dem Herzog von Friedland in die engste Verbindung trat, und sich zu einer heimlichen Unterhandlung am Sächsischen Hofe gebrauchen ließ, die seinem Rang wenig Ehre machte. Ohne eine erhebliche Ursache davon angeben zu können,

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[347/0355] Es war wohl kaum zu erwarten, daß der mächtige Hang der Menschen zum Außerordentlichen dem gewöhnlichen Laufe der Natur den Ruhm lassen würde, das wichtige Leben eines Gustav Adolphs geendigt zu haben. Der Tod dieses furchtbaren Gegners war für den Kaiser eine zu wichtige Begebenheit, um nicht bey einer feindseligen Partey den so leicht sich darbietenden Gedanken zu erregen, daß das, was ihm nützte, von ihm veranlaßt worden sey. Aber der Kaiser bedurfte zu Ausführung dieser schwarzen That eines fremden Armes, und auch diesen glaubte man in der Person Franz Alberts Herzogs von Sachsen-Lauenburg gefunden zu haben. Diesem erlaubte sein Rang einen freyen unverdächtigen Zutritt zu dem Monarchen, und eben diese ehrenvolle Würde diente dazu, ihn über den Verdacht einer schändlichen Handlung hinweg zu setzen. Es braucht also bloß gezeigt zu werden, daß dieser Prinz einer solchen Abscheulichkeit fähig, und daß er hinlänglich dazu aufgefodert war, sie wirklich zu verüben. Franz Albert, der jüngste von vier Söhnen Franz des Zweyten, Herzogs von Lauenburg, und durch seine Mutter verwandt mit dem Wasaischen Fürstengeschlechte, hatte in jüngern Jahren am Schwedischen Hofe eine freundschaftliche Aufnahme gefunden. Eine Unanständigkeit, die er sich im Zimmer der Königin Mutter gegen Gustav Adolph erlaubte, wurde, wie man sagt, von diesem feurigen Jüngling mit einer Ohrfeige geahndet, die, obgleich im Augenblick bereut und durch die vollständigste Genugthuung gebüßt, in dem rachgierigen Gemüth des Herzogs den Grund zu einer unversöhnlichen Feindschaft legte. Franz Albert trat in der Folge in kaiserliche Dienste, wo er ein Regiment anzuführen bekam, mit dem Herzog von Friedland in die engste Verbindung trat, und sich zu einer heimlichen Unterhandlung am Sächsischen Hofe gebrauchen ließ, die seinem Rang wenig Ehre machte. Ohne eine erhebliche Ursache davon angeben zu können,

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/355>, abgerufen am 23.11.2024.