Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Osmannen in die Arme; unbefriedigt von diesen, kehrten sie unter Deutsche Hoheit zurück. Aber theuer genug ließen sie ihre Deutschen Beherrscher den Vorzug bezahlen, den sie ihnen vor den Ungläubigen gegeben hatten. Der öftere und rasche Uebergang von einer Herrschaft zur andern hatte sich auch ihrer Denkungsart mitgetheilt; ungewiß, wie ihr Land zwischen Deutscher und Ottomannischer Hoheit schwebte, schwankte auch ihr Sinn zwischen Abfall und Unterwerfung. Je unglücklicher beyde Länder sich fühlten, zu Provinzen einer auswärtigen Monarchie herab gesezt zu seyn, desto unüberwindlicher war ihr Bestreben, einem Herrn aus ihrer Mitte zu gehorchen; und so wurde es einem unternehmenden Edelmann nicht schwer, ihre Huldigung zu erhalten. Rebell gegen seinen gegenwärtigen Oberherrn, eilte nun dieser, durch eine staatskluge Unterwerfung sich ein Verdienst bey dem andern zu machen, und von ihm die Belehnung zu empfangen. Gerne ertheilte man ihm diese, weil man als gewonnen ansah, was der Feind verloren hatte. Voll Bereitwilligkeit reichte der nächste Türkische Bassa einem Rebellen gegen Oesterreich Scepter und Krone; eben so bereitwillig bestätigte man in Oesterreich einem andern den Besiz der Provinzen, die er der Pforte entrissen hatte, zufrieden, auch nur einen Schatten von Hoheit gerettet, und eine Vormauer gegen die Türken dadurch gewonnen zu haben. Mehrere solcher Magnaten, Bathori, Boschkai, Ragoczi, Bethlen, standen auf diese Art nach einander in Siebenbürgen und Ungarn als zinsbare Könige auf, welche sich durch keine andere Staatskunst erhielten, als diese: sich an den Feind anzuschließen, um ihrem Herrn desto furchtbarer zu seyn.

Ferdinand, Maximilian und Rudolph, alle drey Beherrscher von Siebenbürgen und Ungarn, erschöpften das Mark ihrer übrigen Länder, um diese beyden gegen die Ueberschwemmungen der Türken und gegen

Osmannen in die Arme; unbefriedigt von diesen, kehrten sie unter Deutsche Hoheit zurück. Aber theuer genug ließen sie ihre Deutschen Beherrscher den Vorzug bezahlen, den sie ihnen vor den Ungläubigen gegeben hatten. Der öftere und rasche Uebergang von einer Herrschaft zur andern hatte sich auch ihrer Denkungsart mitgetheilt; ungewiß, wie ihr Land zwischen Deutscher und Ottomannischer Hoheit schwebte, schwankte auch ihr Sinn zwischen Abfall und Unterwerfung. Je unglücklicher beyde Länder sich fühlten, zu Provinzen einer auswärtigen Monarchie herab gesezt zu seyn, desto unüberwindlicher war ihr Bestreben, einem Herrn aus ihrer Mitte zu gehorchen; und so wurde es einem unternehmenden Edelmann nicht schwer, ihre Huldigung zu erhalten. Rebell gegen seinen gegenwärtigen Oberherrn, eilte nun dieser, durch eine staatskluge Unterwerfung sich ein Verdienst bey dem andern zu machen, und von ihm die Belehnung zu empfangen. Gerne ertheilte man ihm diese, weil man als gewonnen ansah, was der Feind verloren hatte. Voll Bereitwilligkeit reichte der nächste Türkische Bassa einem Rebellen gegen Oesterreich Scepter und Krone; eben so bereitwillig bestätigte man in Oesterreich einem andern den Besiz der Provinzen, die er der Pforte entrissen hatte, zufrieden, auch nur einen Schatten von Hoheit gerettet, und eine Vormauer gegen die Türken dadurch gewonnen zu haben. Mehrere solcher Magnaten, Bathori, Boschkai, Ragoczi, Bethlen, standen auf diese Art nach einander in Siebenbürgen und Ungarn als zinsbare Könige auf, welche sich durch keine andere Staatskunst erhielten, als diese: sich an den Feind anzuschließen, um ihrem Herrn desto furchtbarer zu seyn.

Ferdinand, Maximilian und Rudolph, alle drey Beherrscher von Siebenbürgen und Ungarn, erschöpften das Mark ihrer übrigen Länder, um diese beyden gegen die Ueberschwemmungen der Türken und gegen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0039" n="31"/>
Osmannen in           die Arme; unbefriedigt von diesen, kehrten sie unter Deutsche Hoheit zurück. Aber theuer           genug ließen sie ihre Deutschen Beherrscher den Vorzug bezahlen, den sie ihnen vor den           Ungläubigen gegeben hatten. Der öftere und rasche Uebergang von einer Herrschaft zur           andern hatte sich auch ihrer Denkungsart mitgetheilt; ungewiß, wie ihr Land zwischen           Deutscher und Ottomannischer Hoheit schwebte, schwankte auch ihr Sinn zwischen Abfall und           Unterwerfung. Je unglücklicher beyde Länder sich fühlten, zu Provinzen einer auswärtigen           Monarchie herab gesezt zu seyn, desto unüberwindlicher war ihr Bestreben, einem Herrn aus           ihrer Mitte zu gehorchen; und so wurde es einem unternehmenden Edelmann nicht schwer, ihre           Huldigung zu erhalten. Rebell gegen seinen gegenwärtigen Oberherrn, eilte nun dieser,           durch eine staatskluge Unterwerfung sich ein Verdienst bey dem andern zu machen, und von           ihm die Belehnung zu empfangen. Gerne ertheilte man ihm diese, weil man als gewonnen           ansah, was der Feind verloren hatte. Voll Bereitwilligkeit reichte der nächste Türkische           Bassa einem Rebellen gegen Oesterreich Scepter und Krone; eben so bereitwillig bestätigte           man in Oesterreich einem andern den Besiz der Provinzen, die er der Pforte entrissen           hatte, zufrieden, auch nur einen Schatten von Hoheit gerettet, und eine Vormauer gegen die           Türken dadurch gewonnen zu haben. Mehrere solcher Magnaten, <hi rendition="#fr">Bathori,             Boschkai, Ragoczi, Bethlen</hi>, standen auf diese Art nach einander in Siebenbürgen und           Ungarn als zinsbare Könige auf, welche sich durch keine andere Staatskunst erhielten, als           diese: sich an den Feind anzuschließen, um ihrem Herrn desto furchtbarer zu seyn.</p>
        <p>Ferdinand, Maximilian und Rudolph, alle drey Beherrscher von Siebenbürgen und Ungarn,           erschöpften das Mark ihrer übrigen Länder, um diese beyden gegen die Ueberschwemmungen der           Türken und gegen
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[31/0039] Osmannen in die Arme; unbefriedigt von diesen, kehrten sie unter Deutsche Hoheit zurück. Aber theuer genug ließen sie ihre Deutschen Beherrscher den Vorzug bezahlen, den sie ihnen vor den Ungläubigen gegeben hatten. Der öftere und rasche Uebergang von einer Herrschaft zur andern hatte sich auch ihrer Denkungsart mitgetheilt; ungewiß, wie ihr Land zwischen Deutscher und Ottomannischer Hoheit schwebte, schwankte auch ihr Sinn zwischen Abfall und Unterwerfung. Je unglücklicher beyde Länder sich fühlten, zu Provinzen einer auswärtigen Monarchie herab gesezt zu seyn, desto unüberwindlicher war ihr Bestreben, einem Herrn aus ihrer Mitte zu gehorchen; und so wurde es einem unternehmenden Edelmann nicht schwer, ihre Huldigung zu erhalten. Rebell gegen seinen gegenwärtigen Oberherrn, eilte nun dieser, durch eine staatskluge Unterwerfung sich ein Verdienst bey dem andern zu machen, und von ihm die Belehnung zu empfangen. Gerne ertheilte man ihm diese, weil man als gewonnen ansah, was der Feind verloren hatte. Voll Bereitwilligkeit reichte der nächste Türkische Bassa einem Rebellen gegen Oesterreich Scepter und Krone; eben so bereitwillig bestätigte man in Oesterreich einem andern den Besiz der Provinzen, die er der Pforte entrissen hatte, zufrieden, auch nur einen Schatten von Hoheit gerettet, und eine Vormauer gegen die Türken dadurch gewonnen zu haben. Mehrere solcher Magnaten, Bathori, Boschkai, Ragoczi, Bethlen, standen auf diese Art nach einander in Siebenbürgen und Ungarn als zinsbare Könige auf, welche sich durch keine andere Staatskunst erhielten, als diese: sich an den Feind anzuschließen, um ihrem Herrn desto furchtbarer zu seyn. Ferdinand, Maximilian und Rudolph, alle drey Beherrscher von Siebenbürgen und Ungarn, erschöpften das Mark ihrer übrigen Länder, um diese beyden gegen die Ueberschwemmungen der Türken und gegen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Google books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/39
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/39>, abgerufen am 03.12.2024.