Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

einer Gegenreformation. Die von den Protestanten eigenmächtig in Besiz genommenen Kirchen wurden geschlossen, die Religionsfreyheit des Adels, wo man einen Mißbrauch davon gemacht hatte, eingeschränkt, die Evangelischen unvermerkt von den landschaftlichen Stellen entfernt, und Katholiken an ihre Pläze geschoben. Jezt faßten auch die Prälaten wieder Herz, auf den Landtagen zu erscheinen, und das Uebergewicht neigte sich aufs neue auf katholische Seite. Zugleich aber kehrte nun auch das vorige Mißtrauen und die Furcht der Evangelischen zurück, und in der gewissen Voraussezung, daß es auf ihren gänzlichen Untergang abgesehen sey, nahmen sie ihre ganze Wachsamkeit zusammen, und blickten schon von weitem nach auswärtigem Beystand umher. Der Zunder einer gefährlichen Empörung lag im Innern des Landes bereit, und erwartete nur den Funken, der ihn in Flammen sezte.

Unter den Erbstaaten des Hauses Oesterreich war Ungarn nebst Siebenbürgen die unsicherste und am schwersten zu behauptende Besizung. Die Unmöglichkeit, diese beyden Länder gegen die nahe und überlegene Macht der Türken zu behaupten, hatte schon Ferdinanden zu dem entehrenden Schritte vermocht, der Pforte durch einen jährlichen Tribut die oberste Hoheit über Siebenbürgen einzugestehen - ein schädliches Bekenntniß der Ohnmacht, und eine noch gefährlichere Anreizung für den unruhigen Adel, wenn er Ursache zu haben glaubte, sich über seinen Herrn zu beschweren. Die Ungarn hatten sich dem Hause Oesterreich nicht unbedingt unterworfen. Sie behaupteten die Wahlfreyheit ihrer Krone, und foderten trozig alle ständischen Rechte, welche von dieser Wahlfreyheit unzertrennlich sind. Die nahe Nachbarschaft des Türkischen Reichs, und die Leichtigkeit, ungestraft ihren Herrn zu wechseln, bestärkte die Magnaten noch mehr in diesem Troze; unzufrieden mit der Oesterreichischen Regierung, warfen sie sich den

einer Gegenreformation. Die von den Protestanten eigenmächtig in Besiz genommenen Kirchen wurden geschlossen, die Religionsfreyheit des Adels, wo man einen Mißbrauch davon gemacht hatte, eingeschränkt, die Evangelischen unvermerkt von den landschaftlichen Stellen entfernt, und Katholiken an ihre Pläze geschoben. Jezt faßten auch die Prälaten wieder Herz, auf den Landtagen zu erscheinen, und das Uebergewicht neigte sich aufs neue auf katholische Seite. Zugleich aber kehrte nun auch das vorige Mißtrauen und die Furcht der Evangelischen zurück, und in der gewissen Voraussezung, daß es auf ihren gänzlichen Untergang abgesehen sey, nahmen sie ihre ganze Wachsamkeit zusammen, und blickten schon von weitem nach auswärtigem Beystand umher. Der Zunder einer gefährlichen Empörung lag im Innern des Landes bereit, und erwartete nur den Funken, der ihn in Flammen sezte.

Unter den Erbstaaten des Hauses Oesterreich war Ungarn nebst Siebenbürgen die unsicherste und am schwersten zu behauptende Besizung. Die Unmöglichkeit, diese beyden Länder gegen die nahe und überlegene Macht der Türken zu behaupten, hatte schon Ferdinanden zu dem entehrenden Schritte vermocht, der Pforte durch einen jährlichen Tribut die oberste Hoheit über Siebenbürgen einzugestehen – ein schädliches Bekenntniß der Ohnmacht, und eine noch gefährlichere Anreizung für den unruhigen Adel, wenn er Ursache zu haben glaubte, sich über seinen Herrn zu beschweren. Die Ungarn hatten sich dem Hause Oesterreich nicht unbedingt unterworfen. Sie behaupteten die Wahlfreyheit ihrer Krone, und foderten trozig alle ständischen Rechte, welche von dieser Wahlfreyheit unzertrennlich sind. Die nahe Nachbarschaft des Türkischen Reichs, und die Leichtigkeit, ungestraft ihren Herrn zu wechseln, bestärkte die Magnaten noch mehr in diesem Troze; unzufrieden mit der Oesterreichischen Regierung, warfen sie sich den

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0038" n="30"/>
einer Gegenreformation. Die von den Protestanten eigenmächtig in Besiz genommenen Kirchen           wurden geschlossen, die Religionsfreyheit des Adels, wo man einen Mißbrauch davon gemacht           hatte, eingeschränkt, die Evangelischen unvermerkt von den landschaftlichen Stellen           entfernt, und Katholiken an ihre Pläze geschoben. Jezt faßten auch die Prälaten wieder           Herz, auf den Landtagen zu erscheinen, und das Uebergewicht neigte sich aufs neue auf           katholische Seite. Zugleich aber kehrte nun auch das vorige Mißtrauen und die Furcht der           Evangelischen zurück, und in der gewissen Voraussezung, daß es auf ihren gänzlichen           Untergang abgesehen sey, nahmen sie ihre ganze Wachsamkeit zusammen, und blickten schon           von weitem nach auswärtigem Beystand umher. Der Zunder einer gefährlichen Empörung lag im           Innern des Landes bereit, und erwartete nur den Funken, der ihn in Flammen sezte.</p>
        <p>Unter den Erbstaaten des Hauses Oesterreich war Ungarn nebst Siebenbürgen die unsicherste           und am schwersten zu behauptende Besizung. Die Unmöglichkeit, diese beyden Länder gegen           die nahe und überlegene Macht der Türken zu behaupten, hatte schon Ferdinanden zu dem           entehrenden Schritte vermocht, der Pforte durch einen jährlichen Tribut die oberste Hoheit           über Siebenbürgen einzugestehen &#x2013; ein schädliches Bekenntniß der Ohnmacht, und eine noch           gefährlichere Anreizung für den unruhigen Adel, wenn er Ursache zu haben glaubte, sich           über seinen Herrn zu beschweren. Die Ungarn hatten sich dem Hause Oesterreich nicht           unbedingt unterworfen. Sie behaupteten die Wahlfreyheit ihrer Krone, und foderten trozig           alle ständischen Rechte, welche von dieser Wahlfreyheit unzertrennlich sind. Die nahe           Nachbarschaft des Türkischen Reichs, und die Leichtigkeit, ungestraft ihren Herrn zu           wechseln, bestärkte die Magnaten noch mehr in diesem Troze; unzufrieden mit der           Oesterreichischen Regierung, warfen sie sich den
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[30/0038] einer Gegenreformation. Die von den Protestanten eigenmächtig in Besiz genommenen Kirchen wurden geschlossen, die Religionsfreyheit des Adels, wo man einen Mißbrauch davon gemacht hatte, eingeschränkt, die Evangelischen unvermerkt von den landschaftlichen Stellen entfernt, und Katholiken an ihre Pläze geschoben. Jezt faßten auch die Prälaten wieder Herz, auf den Landtagen zu erscheinen, und das Uebergewicht neigte sich aufs neue auf katholische Seite. Zugleich aber kehrte nun auch das vorige Mißtrauen und die Furcht der Evangelischen zurück, und in der gewissen Voraussezung, daß es auf ihren gänzlichen Untergang abgesehen sey, nahmen sie ihre ganze Wachsamkeit zusammen, und blickten schon von weitem nach auswärtigem Beystand umher. Der Zunder einer gefährlichen Empörung lag im Innern des Landes bereit, und erwartete nur den Funken, der ihn in Flammen sezte. Unter den Erbstaaten des Hauses Oesterreich war Ungarn nebst Siebenbürgen die unsicherste und am schwersten zu behauptende Besizung. Die Unmöglichkeit, diese beyden Länder gegen die nahe und überlegene Macht der Türken zu behaupten, hatte schon Ferdinanden zu dem entehrenden Schritte vermocht, der Pforte durch einen jährlichen Tribut die oberste Hoheit über Siebenbürgen einzugestehen – ein schädliches Bekenntniß der Ohnmacht, und eine noch gefährlichere Anreizung für den unruhigen Adel, wenn er Ursache zu haben glaubte, sich über seinen Herrn zu beschweren. Die Ungarn hatten sich dem Hause Oesterreich nicht unbedingt unterworfen. Sie behaupteten die Wahlfreyheit ihrer Krone, und foderten trozig alle ständischen Rechte, welche von dieser Wahlfreyheit unzertrennlich sind. Die nahe Nachbarschaft des Türkischen Reichs, und die Leichtigkeit, ungestraft ihren Herrn zu wechseln, bestärkte die Magnaten noch mehr in diesem Troze; unzufrieden mit der Oesterreichischen Regierung, warfen sie sich den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Google books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/38
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/38>, abgerufen am 23.11.2024.