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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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ähnliche Freyheit bewilligen, wäre eben so viel gewesen, als die katholische Religion ganz und gar aufzuheben; auch waren diesem Kaiser durch Spanien und Rom die Hände allzu sehr gebunden, um einen so entscheidenden Schritt zum Vortheil der Evangelischen zu thun. Dadurch daß er seine landesherrliche Gewalt gegen die Kommunen behauptete, daß er sie von dem Adel isolirte, daß er die katholische Religion in den Städten und Märkten aufrecht erhielt, hoffte er den Fortschritten der andern hinlänglich begegnet zu haben. Der unbescheidne Schwärmereifer der evangelischen Prediger überschritt dieses von der Weisheit gesteckte Ziel. Dem ausdrücklichen Verboth zuwider, ließen sich mehrere derselben in den Landstädten und selbst zu Wien öffentlich hören, und das Volk drängte sich schaarenweise zu diesem neuen Evangelium, dessen beste Würze Anzüglichkeiten und Schimpfreden ausmachten. Die Herren und Ritter öffneten ihre Kirchen dem überall herzu strömenden Volk, ohne das Verboth Maximilians zu achten, der die Religionsfreyheit doch nur auf sie selbst und auf die Ihrigen eingeschränkt hatte. Durch diese polemischen Kanzelredner wurde dem Fanatismus eine immerwährende Nahrung gegeben, und der Haß beyder, einander so nahe stehenden, Kirchen durch den Stachel ihres unreinen Eifers vergiftet.

Mitten unter diesen Mißbräuchen starb Maximilian, und so unter sich selbst entzweyt, hinterließ er seinem Thronfolger die Oesterreichischen Lande. Die evangelische Religion, obgleich durch die Gesetze unterdrückt, war in der That doch die herrschende, weil sie unter den Landständen herrschte, die dem Regenten Geseze vorschrieben. Sie war auf dem Wege, immer weiter um sich zu greifen, und, von den Protestanten im übrigen Deutschland unterstüzt, die katholische endlich ganz zu verdrängen; der Untergang der leztern zog das ganze Haus Oesterreich in ihren Ruin. Dieser drohenden Gefahr nun setzte sich Rudolph entgegen, und arbeitete durch List sowohl als durch Gewalt an

ähnliche Freyheit bewilligen, wäre eben so viel gewesen, als die katholische Religion ganz und gar aufzuheben; auch waren diesem Kaiser durch Spanien und Rom die Hände allzu sehr gebunden, um einen so entscheidenden Schritt zum Vortheil der Evangelischen zu thun. Dadurch daß er seine landesherrliche Gewalt gegen die Kommunen behauptete, daß er sie von dem Adel isolirte, daß er die katholische Religion in den Städten und Märkten aufrecht erhielt, hoffte er den Fortschritten der andern hinlänglich begegnet zu haben. Der unbescheidne Schwärmereifer der evangelischen Prediger überschritt dieses von der Weisheit gesteckte Ziel. Dem ausdrücklichen Verboth zuwider, ließen sich mehrere derselben in den Landstädten und selbst zu Wien öffentlich hören, und das Volk drängte sich schaarenweise zu diesem neuen Evangelium, dessen beste Würze Anzüglichkeiten und Schimpfreden ausmachten. Die Herren und Ritter öffneten ihre Kirchen dem überall herzu strömenden Volk, ohne das Verboth Maximilians zu achten, der die Religionsfreyheit doch nur auf sie selbst und auf die Ihrigen eingeschränkt hatte. Durch diese polemischen Kanzelredner wurde dem Fanatismus eine immerwährende Nahrung gegeben, und der Haß beyder, einander so nahe stehenden, Kirchen durch den Stachel ihres unreinen Eifers vergiftet.

Mitten unter diesen Mißbräuchen starb Maximilian, und so unter sich selbst entzweyt, hinterließ er seinem Thronfolger die Oesterreichischen Lande. Die evangelische Religion, obgleich durch die Gesetze unterdrückt, war in der That doch die herrschende, weil sie unter den Landständen herrschte, die dem Regenten Geseze vorschrieben. Sie war auf dem Wege, immer weiter um sich zu greifen, und, von den Protestanten im übrigen Deutschland unterstüzt, die katholische endlich ganz zu verdrängen; der Untergang der leztern zog das ganze Haus Oesterreich in ihren Ruin. Dieser drohenden Gefahr nun setzte sich Rudolph entgegen, und arbeitete durch List sowohl als durch Gewalt an

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[29/0037] ähnliche Freyheit bewilligen, wäre eben so viel gewesen, als die katholische Religion ganz und gar aufzuheben; auch waren diesem Kaiser durch Spanien und Rom die Hände allzu sehr gebunden, um einen so entscheidenden Schritt zum Vortheil der Evangelischen zu thun. Dadurch daß er seine landesherrliche Gewalt gegen die Kommunen behauptete, daß er sie von dem Adel isolirte, daß er die katholische Religion in den Städten und Märkten aufrecht erhielt, hoffte er den Fortschritten der andern hinlänglich begegnet zu haben. Der unbescheidne Schwärmereifer der evangelischen Prediger überschritt dieses von der Weisheit gesteckte Ziel. Dem ausdrücklichen Verboth zuwider, ließen sich mehrere derselben in den Landstädten und selbst zu Wien öffentlich hören, und das Volk drängte sich schaarenweise zu diesem neuen Evangelium, dessen beste Würze Anzüglichkeiten und Schimpfreden ausmachten. Die Herren und Ritter öffneten ihre Kirchen dem überall herzu strömenden Volk, ohne das Verboth Maximilians zu achten, der die Religionsfreyheit doch nur auf sie selbst und auf die Ihrigen eingeschränkt hatte. Durch diese polemischen Kanzelredner wurde dem Fanatismus eine immerwährende Nahrung gegeben, und der Haß beyder, einander so nahe stehenden, Kirchen durch den Stachel ihres unreinen Eifers vergiftet. Mitten unter diesen Mißbräuchen starb Maximilian, und so unter sich selbst entzweyt, hinterließ er seinem Thronfolger die Oesterreichischen Lande. Die evangelische Religion, obgleich durch die Gesetze unterdrückt, war in der That doch die herrschende, weil sie unter den Landständen herrschte, die dem Regenten Geseze vorschrieben. Sie war auf dem Wege, immer weiter um sich zu greifen, und, von den Protestanten im übrigen Deutschland unterstüzt, die katholische endlich ganz zu verdrängen; der Untergang der leztern zog das ganze Haus Oesterreich in ihren Ruin. Dieser drohenden Gefahr nun setzte sich Rudolph entgegen, und arbeitete durch List sowohl als durch Gewalt an

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/37>, abgerufen am 26.04.2024.