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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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den einzigen Chef an, von dem man nunmehr Befehle anzunehmen habe. In allen kaiserlichen Lägern werden Plakate ausgestreut, die den Herzog nebst vier seiner Vertrauten für vogelfrey erklären, und die Armeen ihrer Pflichten gegen den Verräther entbinden. - Das zu Linz gegebene Beyspiel findet allgemeine Nachahmung; man verflucht das Andenken des Verräthers, alle Armeen fallen von ihm ab. Endlich nachdem auch Piccolomini sich nicht wieder sehen läßt, fällt die Decke von Wallensteins Augen, und schrecklich erwacht er aus seinem Traume. Doch auch jetzt glaubt er noch an die Wahrhaftigkeit der Sterne, und an die Treue der Armee. Gleich auf die Nachricht von Piccolomini's Abfall läßt er den Befehl bekannt machen, daß man inskünftige keiner Ordre zu gehorchen habe, die nicht unmittelbar von ihm selbst oder von Terzky und Illo herrühre. Er rüstet sich in aller Eile, um nach Prag aufzubrechen, wo er Willens ist, endlich seine Maske abzuwerfen, und sich öffentlich gegen den Kaiser zu erklären. Vor Prag sollten alle Truppen sich versammeln, und von da aus mit Blitzes Schnelligkeit über Oesterreich herstürzen. Herzog Bernhard, der in die Verschwörung gezogen worden, sollte die Operationen des Herzogs mit Schwedischen Truppen unterstützen, und eine Diversion an der Donau machen. Schon eilte Terzky nach Prag voraus, und nur Mangel an Pferden hinderte den Herzog, mit dem Rest der treugebliebenen Regimenter nachzufolgen. Aber indem er mit der gespanntesten Erwartung den Nachrichten von Prag entgegen sieht, erfährt er den Verlust dieser Stadt, erfährt er den Abfall seiner Generale, die Desertion seiner Truppen, die Enthüllung seines ganzen Komplotts, den eilfertigen Anmarsch des Piccolomini, der ihm den Untergang geschworen. Schnell und schrecklich stürzen alle seine Entwürfe zusammen, täuschen ihn alle seine Hoffnungen. Einsam

den einzigen Chef an, von dem man nunmehr Befehle anzunehmen habe. In allen kaiserlichen Lägern werden Plakate ausgestreut, die den Herzog nebst vier seiner Vertrauten für vogelfrey erklären, und die Armeen ihrer Pflichten gegen den Verräther entbinden. – Das zu Linz gegebene Beyspiel findet allgemeine Nachahmung; man verflucht das Andenken des Verräthers, alle Armeen fallen von ihm ab. Endlich nachdem auch Piccolomini sich nicht wieder sehen läßt, fällt die Decke von Wallensteins Augen, und schrecklich erwacht er aus seinem Traume. Doch auch jetzt glaubt er noch an die Wahrhaftigkeit der Sterne, und an die Treue der Armee. Gleich auf die Nachricht von Piccolomini’s Abfall läßt er den Befehl bekannt machen, daß man inskünftige keiner Ordre zu gehorchen habe, die nicht unmittelbar von ihm selbst oder von Terzky und Illo herrühre. Er rüstet sich in aller Eile, um nach Prag aufzubrechen, wo er Willens ist, endlich seine Maske abzuwerfen, und sich öffentlich gegen den Kaiser zu erklären. Vor Prag sollten alle Truppen sich versammeln, und von da aus mit Blitzes Schnelligkeit über Oesterreich herstürzen. Herzog Bernhard, der in die Verschwörung gezogen worden, sollte die Operationen des Herzogs mit Schwedischen Truppen unterstützen, und eine Diversion an der Donau machen. Schon eilte Terzky nach Prag voraus, und nur Mangel an Pferden hinderte den Herzog, mit dem Rest der treugebliebenen Regimenter nachzufolgen. Aber indem er mit der gespanntesten Erwartung den Nachrichten von Prag entgegen sieht, erfährt er den Verlust dieser Stadt, erfährt er den Abfall seiner Generale, die Desertion seiner Truppen, die Enthüllung seines ganzen Komplotts, den eilfertigen Anmarsch des Piccolomini, der ihm den Untergang geschworen. Schnell und schrecklich stürzen alle seine Entwürfe zusammen, täuschen ihn alle seine Hoffnungen. Einsam

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den einzigen Chef an, von dem man nunmehr Befehle anzunehmen habe. In allen kaiserlichen Lägern werden Plakate ausgestreut, die den Herzog nebst vier seiner Vertrauten für vogelfrey erklären, und die Armeen ihrer Pflichten gegen den Verräther entbinden. &#x2013; Das zu Linz gegebene Beyspiel findet allgemeine Nachahmung; man verflucht das Andenken des Verräthers, alle Armeen fallen von ihm ab. Endlich nachdem auch Piccolomini sich nicht wieder sehen läßt, fällt die Decke von Wallensteins Augen, und schrecklich erwacht er aus seinem Traume. Doch auch jetzt glaubt er noch an die Wahrhaftigkeit der Sterne, und an die Treue der Armee. Gleich auf die Nachricht von Piccolomini&#x2019;s Abfall läßt er den Befehl bekannt machen, daß man inskünftige keiner Ordre zu gehorchen habe, die nicht unmittelbar von ihm selbst oder von Terzky und Illo herrühre. Er rüstet sich in aller Eile, um nach Prag aufzubrechen, wo er Willens ist, endlich seine Maske abzuwerfen, und sich öffentlich gegen den Kaiser zu erklären. Vor Prag sollten alle Truppen sich versammeln, und von da aus mit Blitzes Schnelligkeit über Oesterreich herstürzen. Herzog Bernhard, der in die Verschwörung gezogen worden, sollte die Operationen des Herzogs mit Schwedischen Truppen unterstützen, und eine Diversion an der Donau machen. Schon eilte Terzky nach Prag voraus, und nur Mangel an Pferden hinderte den Herzog, mit dem Rest der treugebliebenen Regimenter nachzufolgen. Aber indem er mit der gespanntesten Erwartung den Nachrichten von Prag entgegen sieht, erfährt er den Verlust dieser Stadt, erfährt er den Abfall seiner Generale, die Desertion seiner Truppen, die Enthüllung seines ganzen Komplotts, den eilfertigen Anmarsch des Piccolomini, der ihm den Untergang geschworen. Schnell und schrecklich stürzen alle seine Entwürfe zusammen, täuschen ihn alle seine Hoffnungen. Einsam
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[402/0410] den einzigen Chef an, von dem man nunmehr Befehle anzunehmen habe. In allen kaiserlichen Lägern werden Plakate ausgestreut, die den Herzog nebst vier seiner Vertrauten für vogelfrey erklären, und die Armeen ihrer Pflichten gegen den Verräther entbinden. – Das zu Linz gegebene Beyspiel findet allgemeine Nachahmung; man verflucht das Andenken des Verräthers, alle Armeen fallen von ihm ab. Endlich nachdem auch Piccolomini sich nicht wieder sehen läßt, fällt die Decke von Wallensteins Augen, und schrecklich erwacht er aus seinem Traume. Doch auch jetzt glaubt er noch an die Wahrhaftigkeit der Sterne, und an die Treue der Armee. Gleich auf die Nachricht von Piccolomini’s Abfall läßt er den Befehl bekannt machen, daß man inskünftige keiner Ordre zu gehorchen habe, die nicht unmittelbar von ihm selbst oder von Terzky und Illo herrühre. Er rüstet sich in aller Eile, um nach Prag aufzubrechen, wo er Willens ist, endlich seine Maske abzuwerfen, und sich öffentlich gegen den Kaiser zu erklären. Vor Prag sollten alle Truppen sich versammeln, und von da aus mit Blitzes Schnelligkeit über Oesterreich herstürzen. Herzog Bernhard, der in die Verschwörung gezogen worden, sollte die Operationen des Herzogs mit Schwedischen Truppen unterstützen, und eine Diversion an der Donau machen. Schon eilte Terzky nach Prag voraus, und nur Mangel an Pferden hinderte den Herzog, mit dem Rest der treugebliebenen Regimenter nachzufolgen. Aber indem er mit der gespanntesten Erwartung den Nachrichten von Prag entgegen sieht, erfährt er den Verlust dieser Stadt, erfährt er den Abfall seiner Generale, die Desertion seiner Truppen, die Enthüllung seines ganzen Komplotts, den eilfertigen Anmarsch des Piccolomini, der ihm den Untergang geschworen. Schnell und schrecklich stürzen alle seine Entwürfe zusammen, täuschen ihn alle seine Hoffnungen. Einsam

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 402. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/410>, abgerufen am 22.11.2024.