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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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Marodeurs veranlaßt, und der Strang war jedem gedroht, den man auf einem Diebstahl betreten würde. Da geschah es, daß Wallenstein selbst einem Soldaten auf dem Felde begegnete, den er ununtersucht als einen Uebertreter des Gesetzes ergreifen ließ, und mit dem gewöhnlichen Donnerwort, gegen welches keine Einwendung Statt fand: "Laß die Bestie hängen," zum Galgen verdammte. Der Soldat betheuert und beweist seine Unschuld - aber die unwiderrufliche Sentenz ist heraus. "So hänge man dich unschuldig," sagte der Unmenschliche; "desto gewisser wird der Schuldige zittern." Schon macht man die Anstalten, diesen Befehl zu vollziehen, als der Soldat, der sich ohne Rettung verloren sieht, den verzweifelten Entschluß faßt, nicht ohne Rache zu sterben. Wüthend fällt er seinen Richter an, wird aber, ehe er seinen Vorsatz ausführen kann, von der überlegenen Anzahl entwaffnet. "Jetzt laßt ihn laufen," sagte der Herzog. "Es wird Schrecken genug erregen." Seine Freygebigkeit wurde durch unermeßliche Einkünfte unterstützt, welche jährlich auf drey Millionen geschätzt wurden, die ungeheuern Summen nicht gerechnet, die er unter dem Namen von Brandschatzungen zu erpressen wußte. Sein freyer Sinn und heller Verstand erhob ihn über die Religionsvorurtheile seines Jahrhunderts, und die Jesuiten vergaben es ihm nie, daß er ihr System durchschaute, und in dem Pabste nichts als einen Römischen Bischof sah.

Aber, wie schon seit Samuels des Propheten Tagen keiner, der sich mit der Kirche entzweyte, ein glückliches Ende nahm, so vermehrte auch Wallenstein die Zahl ihrer Opfer. Durch Mönchsintriguen verlor er zu Regensburg den Commandostab, und zu Eger das Leben; durch mönchische Künste verlor er vielleicht, was mehr war als beydes, seinen ehrlichen Namen und seinen guten Ruf vor der Nachwelt. Denn endlich muß man, zur

Marodeurs veranlaßt, und der Strang war jedem gedroht, den man auf einem Diebstahl betreten würde. Da geschah es, daß Wallenstein selbst einem Soldaten auf dem Felde begegnete, den er ununtersucht als einen Uebertreter des Gesetzes ergreifen ließ, und mit dem gewöhnlichen Donnerwort, gegen welches keine Einwendung Statt fand: „Laß die Bestie hängen,“ zum Galgen verdammte. Der Soldat betheuert und beweist seine Unschuld – aber die unwiderrufliche Sentenz ist heraus. „So hänge man dich unschuldig,“ sagte der Unmenschliche; „desto gewisser wird der Schuldige zittern.“ Schon macht man die Anstalten, diesen Befehl zu vollziehen, als der Soldat, der sich ohne Rettung verloren sieht, den verzweifelten Entschluß faßt, nicht ohne Rache zu sterben. Wüthend fällt er seinen Richter an, wird aber, ehe er seinen Vorsatz ausführen kann, von der überlegenen Anzahl entwaffnet. „Jetzt laßt ihn laufen,“ sagte der Herzog. „Es wird Schrecken genug erregen.“ Seine Freygebigkeit wurde durch unermeßliche Einkünfte unterstützt, welche jährlich auf drey Millionen geschätzt wurden, die ungeheuern Summen nicht gerechnet, die er unter dem Namen von Brandschatzungen zu erpressen wußte. Sein freyer Sinn und heller Verstand erhob ihn über die Religionsvorurtheile seines Jahrhunderts, und die Jesuiten vergaben es ihm nie, daß er ihr System durchschaute, und in dem Pabste nichts als einen Römischen Bischof sah.

Aber, wie schon seit Samuels des Propheten Tagen keiner, der sich mit der Kirche entzweyte, ein glückliches Ende nahm, so vermehrte auch Wallenstein die Zahl ihrer Opfer. Durch Mönchsintriguen verlor er zu Regensburg den Commandostab, und zu Eger das Leben; durch mönchische Künste verlor er vielleicht, was mehr war als beydes, seinen ehrlichen Namen und seinen guten Ruf vor der Nachwelt. Denn endlich muß man, zur

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[412/0420] Marodeurs veranlaßt, und der Strang war jedem gedroht, den man auf einem Diebstahl betreten würde. Da geschah es, daß Wallenstein selbst einem Soldaten auf dem Felde begegnete, den er ununtersucht als einen Uebertreter des Gesetzes ergreifen ließ, und mit dem gewöhnlichen Donnerwort, gegen welches keine Einwendung Statt fand: „Laß die Bestie hängen,“ zum Galgen verdammte. Der Soldat betheuert und beweist seine Unschuld – aber die unwiderrufliche Sentenz ist heraus. „So hänge man dich unschuldig,“ sagte der Unmenschliche; „desto gewisser wird der Schuldige zittern.“ Schon macht man die Anstalten, diesen Befehl zu vollziehen, als der Soldat, der sich ohne Rettung verloren sieht, den verzweifelten Entschluß faßt, nicht ohne Rache zu sterben. Wüthend fällt er seinen Richter an, wird aber, ehe er seinen Vorsatz ausführen kann, von der überlegenen Anzahl entwaffnet. „Jetzt laßt ihn laufen,“ sagte der Herzog. „Es wird Schrecken genug erregen.“ Seine Freygebigkeit wurde durch unermeßliche Einkünfte unterstützt, welche jährlich auf drey Millionen geschätzt wurden, die ungeheuern Summen nicht gerechnet, die er unter dem Namen von Brandschatzungen zu erpressen wußte. Sein freyer Sinn und heller Verstand erhob ihn über die Religionsvorurtheile seines Jahrhunderts, und die Jesuiten vergaben es ihm nie, daß er ihr System durchschaute, und in dem Pabste nichts als einen Römischen Bischof sah. Aber, wie schon seit Samuels des Propheten Tagen keiner, der sich mit der Kirche entzweyte, ein glückliches Ende nahm, so vermehrte auch Wallenstein die Zahl ihrer Opfer. Durch Mönchsintriguen verlor er zu Regensburg den Commandostab, und zu Eger das Leben; durch mönchische Künste verlor er vielleicht, was mehr war als beydes, seinen ehrlichen Namen und seinen guten Ruf vor der Nachwelt. Denn endlich muß man, zur

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/420>, abgerufen am 22.11.2024.