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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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Steuer der Gerechtigkeit, gestehen, daß es nicht ganz treue Federn sind, die uns die Geschichte dieses außerordentlichen Mannes überliefert haben; daß die Verrätherey des Herzogs und sein Entwurf auf die Böhmische Krone sich auf keine streng bewiesene Thatsache, bloß auf wahrscheinliche Vermuthungen gründen. Noch hat sich das Dokument nicht gefunden, das uns die geheimen Triebfedern seines Handelns mit historischer Zuverläßigkeit aufdeckte, und unter seinen öffentlichen allgemein beglaubigten Thaten ist keine, die nicht endlich aus einer unschuldigen Quelle könnte geflossen seyn. Viele seiner getadeltsten Schritte beweisen bloß seine ernstliche Neigung zum Frieden; die meisten andern erklären und entschuldigen das gerechte Mißtrauen gegen den Kaiser, und das verzeihliche Bestreben, seine Wichtigkeit zu behaupten. Zwar zeugt sein Betragen gegen den Churfürsten von Bayern von einer unedlen Rachsucht und einem unversöhnlichen Geiste; aber keine seiner Thaten berechtigt uns, ihn der Verrätherey für überwiesen zu halten. Wenn endlich Noth und Verzweiflung ihn antreiben, das Urtheil wirklich zu verdienen, das gegen den Unschuldigen gefällt war, so kann dieses dem Urtheil selbst nicht zur Rechtfertigung gereichen; so fiel Wallenstein, nicht, weil er Rebell war, sondern er rebellirte, weil er fiel. Ein Unglück für den Lebenden, daß er eine siegende Parthey sich zum Feinde gemacht hatte - ein Unglück für den Todten, daß ihn dieser Feind überlebte und seine Geschichte schrieb.

Gustav Adolph und Wallenstein, die Helden dieses kriegerischen Dramas, sind von der Bühne verschwunden, und mit ihnen verläßt uns die Einheit der Handlung, welche die Uebersicht der Begebenheiten bisher erleichterte. Von jetzt an vertheilt sich die Handlung unter mehrere Spieler, und die noch übrige Hälfte dieser Kriegsgeschichte, fruchtbarer an Schlachten und Negotiationen, an

Steuer der Gerechtigkeit, gestehen, daß es nicht ganz treue Federn sind, die uns die Geschichte dieses außerordentlichen Mannes überliefert haben; daß die Verrätherey des Herzogs und sein Entwurf auf die Böhmische Krone sich auf keine streng bewiesene Thatsache, bloß auf wahrscheinliche Vermuthungen gründen. Noch hat sich das Dokument nicht gefunden, das uns die geheimen Triebfedern seines Handelns mit historischer Zuverläßigkeit aufdeckte, und unter seinen öffentlichen allgemein beglaubigten Thaten ist keine, die nicht endlich aus einer unschuldigen Quelle könnte geflossen seyn. Viele seiner getadeltsten Schritte beweisen bloß seine ernstliche Neigung zum Frieden; die meisten andern erklären und entschuldigen das gerechte Mißtrauen gegen den Kaiser, und das verzeihliche Bestreben, seine Wichtigkeit zu behaupten. Zwar zeugt sein Betragen gegen den Churfürsten von Bayern von einer unedlen Rachsucht und einem unversöhnlichen Geiste; aber keine seiner Thaten berechtigt uns, ihn der Verrätherey für überwiesen zu halten. Wenn endlich Noth und Verzweiflung ihn antreiben, das Urtheil wirklich zu verdienen, das gegen den Unschuldigen gefällt war, so kann dieses dem Urtheil selbst nicht zur Rechtfertigung gereichen; so fiel Wallenstein, nicht, weil er Rebell war, sondern er rebellirte, weil er fiel. Ein Unglück für den Lebenden, daß er eine siegende Parthey sich zum Feinde gemacht hatte – ein Unglück für den Todten, daß ihn dieser Feind überlebte und seine Geschichte schrieb.

Gustav Adolph und Wallenstein, die Helden dieses kriegerischen Dramas, sind von der Bühne verschwunden, und mit ihnen verläßt uns die Einheit der Handlung, welche die Uebersicht der Begebenheiten bisher erleichterte. Von jetzt an vertheilt sich die Handlung unter mehrere Spieler, und die noch übrige Hälfte dieser Kriegsgeschichte, fruchtbarer an Schlachten und Negotiationen, an

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[413/0421] Steuer der Gerechtigkeit, gestehen, daß es nicht ganz treue Federn sind, die uns die Geschichte dieses außerordentlichen Mannes überliefert haben; daß die Verrätherey des Herzogs und sein Entwurf auf die Böhmische Krone sich auf keine streng bewiesene Thatsache, bloß auf wahrscheinliche Vermuthungen gründen. Noch hat sich das Dokument nicht gefunden, das uns die geheimen Triebfedern seines Handelns mit historischer Zuverläßigkeit aufdeckte, und unter seinen öffentlichen allgemein beglaubigten Thaten ist keine, die nicht endlich aus einer unschuldigen Quelle könnte geflossen seyn. Viele seiner getadeltsten Schritte beweisen bloß seine ernstliche Neigung zum Frieden; die meisten andern erklären und entschuldigen das gerechte Mißtrauen gegen den Kaiser, und das verzeihliche Bestreben, seine Wichtigkeit zu behaupten. Zwar zeugt sein Betragen gegen den Churfürsten von Bayern von einer unedlen Rachsucht und einem unversöhnlichen Geiste; aber keine seiner Thaten berechtigt uns, ihn der Verrätherey für überwiesen zu halten. Wenn endlich Noth und Verzweiflung ihn antreiben, das Urtheil wirklich zu verdienen, das gegen den Unschuldigen gefällt war, so kann dieses dem Urtheil selbst nicht zur Rechtfertigung gereichen; so fiel Wallenstein, nicht, weil er Rebell war, sondern er rebellirte, weil er fiel. Ein Unglück für den Lebenden, daß er eine siegende Parthey sich zum Feinde gemacht hatte – ein Unglück für den Todten, daß ihn dieser Feind überlebte und seine Geschichte schrieb. Gustav Adolph und Wallenstein, die Helden dieses kriegerischen Dramas, sind von der Bühne verschwunden, und mit ihnen verläßt uns die Einheit der Handlung, welche die Uebersicht der Begebenheiten bisher erleichterte. Von jetzt an vertheilt sich die Handlung unter mehrere Spieler, und die noch übrige Hälfte dieser Kriegsgeschichte, fruchtbarer an Schlachten und Negotiationen, an

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 413. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/421>, abgerufen am 22.11.2024.