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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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andere wurden durch die siegreichen Waffen des Kaisers dazu gezwungen. Augsburg, durch Hunger besiegt, unterwarf sich unter harten Bedingungen; Würzburg und Koburg gingen an die Oesterreicher verloren. Der Heilbronnische Bund wurde förmlich getrennt. Beynahe ganz Oberdeutschland, der Hauptsitz der Schwedischen Macht, erkannte die Herrschaft des Kaisers. Sachsen, auf den Pragischen Frieden sich stützend, verlangte die Räumung Thüringens, Halberstadts, Magdeburgs. Philippsburg, der Waffenplatz der Franzosen, war mit allen Vorräthen, die darin niedergelegt waren, von den Oesterreichern überrumpelt worden, und dieser grosse Verlust hatte die Thätigkeit Frankreichs geschwächt. Um die Bedrängnisse der Schweden vollkommen zu machen, mußte gerade jetzt der Stillstand mit Pohlen sich seinem Ende nähern. Mit Pohlen und mit dem Deutschen Reiche zugleich Krieg zu führen, überstieg bey weitem die Kräfte des Schwedischen Staats, und man hatte die Wahl, welches von diesen beyden Feinden man sich entledigen sollte. Stolz und Ehrgeitz entschieden für die Fortsetzung des Deutschen Kriegs, welch ein hartes Opfer es auch gegen Pohlen kosten möchte; doch eine Armee kostete es immer, um sich bey den Pohlen in Achtung zu setzen, und bey den Unterhandlungen um einen Stillstand oder Frieden seine Freyheit nicht ganz und gar zu verlieren.

Allen diesen Unfällen, welche zu gleicher Zeit über Schweden hereinstürmten, setzte sich der standhafte, an Hülfsmitteln unerschöpfliche Geist Oxenstierna's entgegen, und sein durchdringender Verstand lehrte ihn, selbst die Widerwärtigkeiten, die ihn trafen, zu seinem Vortheile kehren. Der Abfall so vieler Deutschen Reichsstände von der Schwedischen Parthey beraubte ihn zwar eines grossen Theils seiner bisherigen Bundsgenossen, aber er überhob ihn auch zugleich aller Schonung gegen sie; und je grösser die Zahl seiner Feinde wurde,

andere wurden durch die siegreichen Waffen des Kaisers dazu gezwungen. Augsburg, durch Hunger besiegt, unterwarf sich unter harten Bedingungen; Würzburg und Koburg gingen an die Oesterreicher verloren. Der Heilbronnische Bund wurde förmlich getrennt. Beynahe ganz Oberdeutschland, der Hauptsitz der Schwedischen Macht, erkannte die Herrschaft des Kaisers. Sachsen, auf den Pragischen Frieden sich stützend, verlangte die Räumung Thüringens, Halberstadts, Magdeburgs. Philippsburg, der Waffenplatz der Franzosen, war mit allen Vorräthen, die darin niedergelegt waren, von den Oesterreichern überrumpelt worden, und dieser grosse Verlust hatte die Thätigkeit Frankreichs geschwächt. Um die Bedrängnisse der Schweden vollkommen zu machen, mußte gerade jetzt der Stillstand mit Pohlen sich seinem Ende nähern. Mit Pohlen und mit dem Deutschen Reiche zugleich Krieg zu führen, überstieg bey weitem die Kräfte des Schwedischen Staats, und man hatte die Wahl, welches von diesen beyden Feinden man sich entledigen sollte. Stolz und Ehrgeitz entschieden für die Fortsetzung des Deutschen Kriegs, welch ein hartes Opfer es auch gegen Pohlen kosten möchte; doch eine Armee kostete es immer, um sich bey den Pohlen in Achtung zu setzen, und bey den Unterhandlungen um einen Stillstand oder Frieden seine Freyheit nicht ganz und gar zu verlieren.

Allen diesen Unfällen, welche zu gleicher Zeit über Schweden hereinstürmten, setzte sich der standhafte, an Hülfsmitteln unerschöpfliche Geist Oxenstierna’s entgegen, und sein durchdringender Verstand lehrte ihn, selbst die Widerwärtigkeiten, die ihn trafen, zu seinem Vortheile kehren. Der Abfall so vieler Deutschen Reichsstände von der Schwedischen Parthey beraubte ihn zwar eines grossen Theils seiner bisherigen Bundsgenossen, aber er überhob ihn auch zugleich aller Schonung gegen sie; und je grösser die Zahl seiner Feinde wurde,

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[431/0439] andere wurden durch die siegreichen Waffen des Kaisers dazu gezwungen. Augsburg, durch Hunger besiegt, unterwarf sich unter harten Bedingungen; Würzburg und Koburg gingen an die Oesterreicher verloren. Der Heilbronnische Bund wurde förmlich getrennt. Beynahe ganz Oberdeutschland, der Hauptsitz der Schwedischen Macht, erkannte die Herrschaft des Kaisers. Sachsen, auf den Pragischen Frieden sich stützend, verlangte die Räumung Thüringens, Halberstadts, Magdeburgs. Philippsburg, der Waffenplatz der Franzosen, war mit allen Vorräthen, die darin niedergelegt waren, von den Oesterreichern überrumpelt worden, und dieser grosse Verlust hatte die Thätigkeit Frankreichs geschwächt. Um die Bedrängnisse der Schweden vollkommen zu machen, mußte gerade jetzt der Stillstand mit Pohlen sich seinem Ende nähern. Mit Pohlen und mit dem Deutschen Reiche zugleich Krieg zu führen, überstieg bey weitem die Kräfte des Schwedischen Staats, und man hatte die Wahl, welches von diesen beyden Feinden man sich entledigen sollte. Stolz und Ehrgeitz entschieden für die Fortsetzung des Deutschen Kriegs, welch ein hartes Opfer es auch gegen Pohlen kosten möchte; doch eine Armee kostete es immer, um sich bey den Pohlen in Achtung zu setzen, und bey den Unterhandlungen um einen Stillstand oder Frieden seine Freyheit nicht ganz und gar zu verlieren. Allen diesen Unfällen, welche zu gleicher Zeit über Schweden hereinstürmten, setzte sich der standhafte, an Hülfsmitteln unerschöpfliche Geist Oxenstierna’s entgegen, und sein durchdringender Verstand lehrte ihn, selbst die Widerwärtigkeiten, die ihn trafen, zu seinem Vortheile kehren. Der Abfall so vieler Deutschen Reichsstände von der Schwedischen Parthey beraubte ihn zwar eines grossen Theils seiner bisherigen Bundsgenossen, aber er überhob ihn auch zugleich aller Schonung gegen sie; und je grösser die Zahl seiner Feinde wurde,

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 431. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/439>, abgerufen am 22.11.2024.