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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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gegen sie losgelassen wurde, und die Zahl ihrer Feinde in dieser Zeit noch um einen vermehrt worden war. Torstensohn hatte Mähren im September 1643 plötzlich verlassen und sich nach Schlesien gezogen. Niemand wußte die Ursache seines Aufbruchs, und die oft veränderte Richtung seines Marsches trug dazu bey, die Ungewißheit zu vermehren. Von Schlesien aus näherte er sich unter mancherley Krümmungen der Elbe, und die Kaiserlichen folgten ihm bis in die Lausitz nach. Er ließ bey Torgau eine Brücke über die Elbe schlagen, und sprengte aus, daß er durch Meißen in die obere Pfalz und in Bayern dringen würde. Auch bey Barby stellte er sich an, als wollte er diesen Strom passiren, zog sich aber immer weiter die Elbe hinab, bis Havelberg, wo er seiner erstaunten Armee bekannt machte, daß er sie nach Holstein gegen die Dänen führe.

Längst schon hatte die Parteylichkeit, welche König Christian der Vierte bey dem von ihm übernommenen Mittleramte gegen die Schweden blicken ließ, die Eifersucht, womit er dem Fortgang ihrer Waffen entgegen arbeitete, die Hindernisse, die er der Schwedischen Schiffahrt im Sund entgegen setzte, und die Lasten, mit denen er ihren aufblühenden Handel beschwerte, den Unwillen dieser Krone gereitzt, und endlich, da der Kränkungen immer mehrere wurden, ihre Rache aufgefodert. Wie gewagt es auch schien, sich in einen neuen Krieg zu verwickeln, während daß man unter der Last des alten, mitten unter gewonnenen Siegen, beynahe zu Boden sank, so erhob doch die Rachbegierde und ein verjährter Nationalhaß den Muth der Schweden über alle diese Bedenklichkeiten, und die Verlegenheiten selbst, in welche man sich durch den Krieg in Deutschland verwickelt sah, waren ein Beweggrund mehr, sein Glück gegen Dänemark zu versuchen. Es war endlich so weit gekommen, daß man den Krieg nur fortsetzte,

gegen sie losgelassen wurde, und die Zahl ihrer Feinde in dieser Zeit noch um einen vermehrt worden war. Torstensohn hatte Mähren im September 1643 plötzlich verlassen und sich nach Schlesien gezogen. Niemand wußte die Ursache seines Aufbruchs, und die oft veränderte Richtung seines Marsches trug dazu bey, die Ungewißheit zu vermehren. Von Schlesien aus näherte er sich unter mancherley Krümmungen der Elbe, und die Kaiserlichen folgten ihm bis in die Lausitz nach. Er ließ bey Torgau eine Brücke über die Elbe schlagen, und sprengte aus, daß er durch Meißen in die obere Pfalz und in Bayern dringen würde. Auch bey Barby stellte er sich an, als wollte er diesen Strom passiren, zog sich aber immer weiter die Elbe hinab, bis Havelberg, wo er seiner erstaunten Armee bekannt machte, daß er sie nach Holstein gegen die Dänen führe.

Längst schon hatte die Parteylichkeit, welche König Christian der Vierte bey dem von ihm übernommenen Mittleramte gegen die Schweden blicken ließ, die Eifersucht, womit er dem Fortgang ihrer Waffen entgegen arbeitete, die Hindernisse, die er der Schwedischen Schiffahrt im Sund entgegen setzte, und die Lasten, mit denen er ihren aufblühenden Handel beschwerte, den Unwillen dieser Krone gereitzt, und endlich, da der Kränkungen immer mehrere wurden, ihre Rache aufgefodert. Wie gewagt es auch schien, sich in einen neuen Krieg zu verwickeln, während daß man unter der Last des alten, mitten unter gewonnenen Siegen, beynahe zu Boden sank, so erhob doch die Rachbegierde und ein verjährter Nationalhaß den Muth der Schweden über alle diese Bedenklichkeiten, und die Verlegenheiten selbst, in welche man sich durch den Krieg in Deutschland verwickelt sah, waren ein Beweggrund mehr, sein Glück gegen Dänemark zu versuchen. Es war endlich so weit gekommen, daß man den Krieg nur fortsetzte,

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[466/0474] gegen sie losgelassen wurde, und die Zahl ihrer Feinde in dieser Zeit noch um einen vermehrt worden war. Torstensohn hatte Mähren im September 1643 plötzlich verlassen und sich nach Schlesien gezogen. Niemand wußte die Ursache seines Aufbruchs, und die oft veränderte Richtung seines Marsches trug dazu bey, die Ungewißheit zu vermehren. Von Schlesien aus näherte er sich unter mancherley Krümmungen der Elbe, und die Kaiserlichen folgten ihm bis in die Lausitz nach. Er ließ bey Torgau eine Brücke über die Elbe schlagen, und sprengte aus, daß er durch Meißen in die obere Pfalz und in Bayern dringen würde. Auch bey Barby stellte er sich an, als wollte er diesen Strom passiren, zog sich aber immer weiter die Elbe hinab, bis Havelberg, wo er seiner erstaunten Armee bekannt machte, daß er sie nach Holstein gegen die Dänen führe. Längst schon hatte die Parteylichkeit, welche König Christian der Vierte bey dem von ihm übernommenen Mittleramte gegen die Schweden blicken ließ, die Eifersucht, womit er dem Fortgang ihrer Waffen entgegen arbeitete, die Hindernisse, die er der Schwedischen Schiffahrt im Sund entgegen setzte, und die Lasten, mit denen er ihren aufblühenden Handel beschwerte, den Unwillen dieser Krone gereitzt, und endlich, da der Kränkungen immer mehrere wurden, ihre Rache aufgefodert. Wie gewagt es auch schien, sich in einen neuen Krieg zu verwickeln, während daß man unter der Last des alten, mitten unter gewonnenen Siegen, beynahe zu Boden sank, so erhob doch die Rachbegierde und ein verjährter Nationalhaß den Muth der Schweden über alle diese Bedenklichkeiten, und die Verlegenheiten selbst, in welche man sich durch den Krieg in Deutschland verwickelt sah, waren ein Beweggrund mehr, sein Glück gegen Dänemark zu versuchen. Es war endlich so weit gekommen, daß man den Krieg nur fortsetzte,

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 466. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/474>, abgerufen am 25.11.2024.