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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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um den Truppen Arbeit und Brod zu verschaffen, daß man fast bloß um den Vortheil der Winterquartiere stritt, und die Armee gut untergebracht zu haben, höher als eine gewonnene Hauptschlacht schätzte. Aber fast alle Provinzen des Deutschen Reichs waren verödet und ausgezehrt; es fehlte an Proviant, an Pferden und Menschen, und an allem diesem hatte Holstein Ueberfluß. Gewann man auch weiter nichts, als daß man die Armee in dieser Provinz rekrutirte, Pferde und Soldaten sättigte, und die Reiterey besser beritten machte - so war der Erfolg schon der Mühe und Gefahr des Versuches werth. Auch kam jetzt bey Eröffnung des Friedensgeschäftes alles darauf an, den nachtheiligen Dänischen Einfluß auf die Friedensunterhandlungen zu hemmen, den Frieden selbst, der die Schwedische Krone nicht sehr zu begünstigen schien, durch Verwirrung der Interessen möglichst zu verzögern, und, da es auf Bestimmung einer Genugthuung ankam, die Zahl seiner Eroberungen zu vermehren, um die einzige, welche man zu behalten wünschte, desto gewisser zu erlangen. Die schlechte Verfassung des Dänischen Reichs berechtigte zu noch grösseren Hoffnungen, wenn man nur den Anschlag schnell und verschwiegen ausführte. Wirklich beobachtete man in Stockholm das Geheimniß so gut, daß die Dänischen Minister nicht das geringste davon argwohnten, und weder Frankreich noch Holland wurde in das Geheimniß gezogen. Der Krieg selbst war die Kriegserklärung, und Torstensohn stand in Holstein, ehe man eine Feindseligkeit ahndete. Durch keinen Widerstand aufgehalten, ergießen sich die Schwedischen Truppen wie eine Ueberschwemmung durch dieses Herzogthum, und bemächtigen sich aller festen Plätze desselben, Rensburg und Glückstadt ausgenommen. Eine andere Armee bricht in Schonen ein, welches gleich wenig Widerstand leistet, und nur die stürmische Jahrszeit verhindert

um den Truppen Arbeit und Brod zu verschaffen, daß man fast bloß um den Vortheil der Winterquartiere stritt, und die Armee gut untergebracht zu haben, höher als eine gewonnene Hauptschlacht schätzte. Aber fast alle Provinzen des Deutschen Reichs waren verödet und ausgezehrt; es fehlte an Proviant, an Pferden und Menschen, und an allem diesem hatte Holstein Ueberfluß. Gewann man auch weiter nichts, als daß man die Armee in dieser Provinz rekrutirte, Pferde und Soldaten sättigte, und die Reiterey besser beritten machte – so war der Erfolg schon der Mühe und Gefahr des Versuches werth. Auch kam jetzt bey Eröffnung des Friedensgeschäftes alles darauf an, den nachtheiligen Dänischen Einfluß auf die Friedensunterhandlungen zu hemmen, den Frieden selbst, der die Schwedische Krone nicht sehr zu begünstigen schien, durch Verwirrung der Interessen möglichst zu verzögern, und, da es auf Bestimmung einer Genugthuung ankam, die Zahl seiner Eroberungen zu vermehren, um die einzige, welche man zu behalten wünschte, desto gewisser zu erlangen. Die schlechte Verfassung des Dänischen Reichs berechtigte zu noch grösseren Hoffnungen, wenn man nur den Anschlag schnell und verschwiegen ausführte. Wirklich beobachtete man in Stockholm das Geheimniß so gut, daß die Dänischen Minister nicht das geringste davon argwohnten, und weder Frankreich noch Holland wurde in das Geheimniß gezogen. Der Krieg selbst war die Kriegserklärung, und Torstensohn stand in Holstein, ehe man eine Feindseligkeit ahndete. Durch keinen Widerstand aufgehalten, ergießen sich die Schwedischen Truppen wie eine Ueberschwemmung durch dieses Herzogthum, und bemächtigen sich aller festen Plätze desselben, Rensburg und Glückstadt ausgenommen. Eine andere Armee bricht in Schonen ein, welches gleich wenig Widerstand leistet, und nur die stürmische Jahrszeit verhindert

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[467/0475] um den Truppen Arbeit und Brod zu verschaffen, daß man fast bloß um den Vortheil der Winterquartiere stritt, und die Armee gut untergebracht zu haben, höher als eine gewonnene Hauptschlacht schätzte. Aber fast alle Provinzen des Deutschen Reichs waren verödet und ausgezehrt; es fehlte an Proviant, an Pferden und Menschen, und an allem diesem hatte Holstein Ueberfluß. Gewann man auch weiter nichts, als daß man die Armee in dieser Provinz rekrutirte, Pferde und Soldaten sättigte, und die Reiterey besser beritten machte – so war der Erfolg schon der Mühe und Gefahr des Versuches werth. Auch kam jetzt bey Eröffnung des Friedensgeschäftes alles darauf an, den nachtheiligen Dänischen Einfluß auf die Friedensunterhandlungen zu hemmen, den Frieden selbst, der die Schwedische Krone nicht sehr zu begünstigen schien, durch Verwirrung der Interessen möglichst zu verzögern, und, da es auf Bestimmung einer Genugthuung ankam, die Zahl seiner Eroberungen zu vermehren, um die einzige, welche man zu behalten wünschte, desto gewisser zu erlangen. Die schlechte Verfassung des Dänischen Reichs berechtigte zu noch grösseren Hoffnungen, wenn man nur den Anschlag schnell und verschwiegen ausführte. Wirklich beobachtete man in Stockholm das Geheimniß so gut, daß die Dänischen Minister nicht das geringste davon argwohnten, und weder Frankreich noch Holland wurde in das Geheimniß gezogen. Der Krieg selbst war die Kriegserklärung, und Torstensohn stand in Holstein, ehe man eine Feindseligkeit ahndete. Durch keinen Widerstand aufgehalten, ergießen sich die Schwedischen Truppen wie eine Ueberschwemmung durch dieses Herzogthum, und bemächtigen sich aller festen Plätze desselben, Rensburg und Glückstadt ausgenommen. Eine andere Armee bricht in Schonen ein, welches gleich wenig Widerstand leistet, und nur die stürmische Jahrszeit verhindert

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 467. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/475>, abgerufen am 25.11.2024.