Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Entkräftung kostete dieses Haus der Europäischen Staatengesellschaft Tausende an Menschen und Millionen an Gelde, um den Schrecken zu unterhalten, um das Gleichgewicht der Macht fortzusetzen, die seine Anmassungen in Schranken hielt! Wie viel Großes und Treffliches könnte ausgeführt, wie viel Wohlstand verbreitet werden mit den Kräften, welche sich jezt ruhmlos und unnüz verzehrten, um das Habsburgische Geschlecht zu bewachen!

Betrachtungen dieser Art umwölkten Heinrichs Gemüth am Abend eines glorreich geführten Lebens. Was hatte es ihm nicht gekostet, das trübe Chaos zu ordnen, worin der Tumult eines langwierigen Bürgerkriegs, von eben diesem Oesterreich angefacht und unterhalten, Frankreich gestürzt hatte! Jeder große Mensch will für die Ewigkeit gearbeitet haben, und wer bürgte diesem König für die Dauer des Wohlstandes, worin er Frankreich verließ, so lange Oesterreich und Spanien eine einzige Macht blieben, die jezt zwar entkräftet darnieder lag, aber nur ein einziges glückliches Ohngefähr brauchte um sich schnell wieder in Einen Körper zusammen zu ziehen, und in ihrer ganzen Furchtbarkeit wieder aufzuleben? Wollte er seinem Nachfolger einen fest gegründeten Thron, seinem Volk einen dauerhaften Frieden zurück lassen, so durfte diese verderbliche Macht nicht mehr seyn, so mußte die Wiederherstellung derselben auf immer unmöglich gemacht werden. Aus dieser Quelle floß der unversöhnliche Haß, welchen Heinrich der IV. dem Hause Oesterreich geschworen - unauslöschlich, glühend und gerecht, wie Hannibals Feindschaft gegen Romulus Volk, aber durch einen edleren Ursprung geadelt.

Alle Mächte Europens hatten diese große Aufforderung mit Heinrich gemein; aber nicht alle diese lichtvolle Politik, nicht alle den uneigennüzigen Muth, nach einer solchen Aufforderung sich in Handlung zu sezen. Jeden ohne Unterschied reizt der nahe Gewinn, aber nur große Seelen wird das entfernte Gute

Entkräftung kostete dieses Haus der Europäischen Staatengesellschaft Tausende an Menschen und Millionen an Gelde, um den Schrecken zu unterhalten, um das Gleichgewicht der Macht fortzusetzen, die seine Anmassungen in Schranken hielt! Wie viel Großes und Treffliches könnte ausgeführt, wie viel Wohlstand verbreitet werden mit den Kräften, welche sich jezt ruhmlos und unnüz verzehrten, um das Habsburgische Geschlecht zu bewachen!

Betrachtungen dieser Art umwölkten Heinrichs Gemüth am Abend eines glorreich geführten Lebens. Was hatte es ihm nicht gekostet, das trübe Chaos zu ordnen, worin der Tumult eines langwierigen Bürgerkriegs, von eben diesem Oesterreich angefacht und unterhalten, Frankreich gestürzt hatte! Jeder große Mensch will für die Ewigkeit gearbeitet haben, und wer bürgte diesem König für die Dauer des Wohlstandes, worin er Frankreich verließ, so lange Oesterreich und Spanien eine einzige Macht blieben, die jezt zwar entkräftet darnieder lag, aber nur ein einziges glückliches Ohngefähr brauchte um sich schnell wieder in Einen Körper zusammen zu ziehen, und in ihrer ganzen Furchtbarkeit wieder aufzuleben? Wollte er seinem Nachfolger einen fest gegründeten Thron, seinem Volk einen dauerhaften Frieden zurück lassen, so durfte diese verderbliche Macht nicht mehr seyn, so mußte die Wiederherstellung derselben auf immer unmöglich gemacht werden. Aus dieser Quelle floß der unversöhnliche Haß, welchen Heinrich der IV. dem Hause Oesterreich geschworen – unauslöschlich, glühend und gerecht, wie Hannibals Feindschaft gegen Romulus Volk, aber durch einen edleren Ursprung geadelt.

Alle Mächte Europens hatten diese große Aufforderung mit Heinrich gemein; aber nicht alle diese lichtvolle Politik, nicht alle den uneigennüzigen Muth, nach einer solchen Aufforderung sich in Handlung zu sezen. Jeden ohne Unterschied reizt der nahe Gewinn, aber nur große Seelen wird das entfernte Gute

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0066" n="58"/>
Entkräftung kostete dieses Haus der Europäischen           Staatengesellschaft Tausende an Menschen und Millionen an Gelde, um den Schrecken zu           unterhalten, um das Gleichgewicht der Macht fortzusetzen, die seine Anmassungen in           Schranken hielt! Wie viel Großes und Treffliches könnte ausgeführt, wie viel Wohlstand           verbreitet werden mit den Kräften, welche sich jezt ruhmlos und unnüz verzehrten, um das           Habsburgische Geschlecht zu bewachen!</p>
        <p>Betrachtungen dieser Art umwölkten Heinrichs Gemüth am Abend eines glorreich geführten           Lebens. Was hatte es ihm nicht gekostet, das trübe Chaos zu ordnen, worin der Tumult eines           langwierigen Bürgerkriegs, von eben diesem Oesterreich angefacht und unterhalten,           Frankreich gestürzt hatte! Jeder große Mensch will für die Ewigkeit gearbeitet haben, und           wer bürgte diesem König für die Dauer des Wohlstandes, worin er Frankreich verließ, so           lange Oesterreich und Spanien eine einzige Macht blieben, die jezt zwar entkräftet           darnieder lag, aber nur ein einziges glückliches Ohngefähr brauchte um sich schnell wieder           in Einen Körper zusammen zu ziehen, und in ihrer ganzen Furchtbarkeit wieder aufzuleben?           Wollte er seinem Nachfolger einen fest gegründeten Thron, seinem Volk einen dauerhaften           Frieden zurück lassen, so durfte diese verderbliche Macht nicht mehr seyn, so mußte die           Wiederherstellung derselben auf immer unmöglich gemacht werden. Aus dieser Quelle floß der           unversöhnliche Haß, welchen <persName>Heinrich der IV.</persName> dem Hause Oesterreich geschworen &#x2013;           unauslöschlich, glühend und gerecht, wie Hannibals Feindschaft gegen Romulus Volk, aber           durch einen edleren Ursprung geadelt.</p>
        <p>Alle Mächte Europens hatten diese große Aufforderung mit Heinrich gemein; aber nicht alle           diese lichtvolle Politik, nicht alle den uneigennüzigen Muth, nach einer solchen           Aufforderung sich in Handlung zu sezen. Jeden ohne Unterschied reizt der nahe Gewinn, aber           nur große Seelen wird das entfernte Gute
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[58/0066] Entkräftung kostete dieses Haus der Europäischen Staatengesellschaft Tausende an Menschen und Millionen an Gelde, um den Schrecken zu unterhalten, um das Gleichgewicht der Macht fortzusetzen, die seine Anmassungen in Schranken hielt! Wie viel Großes und Treffliches könnte ausgeführt, wie viel Wohlstand verbreitet werden mit den Kräften, welche sich jezt ruhmlos und unnüz verzehrten, um das Habsburgische Geschlecht zu bewachen! Betrachtungen dieser Art umwölkten Heinrichs Gemüth am Abend eines glorreich geführten Lebens. Was hatte es ihm nicht gekostet, das trübe Chaos zu ordnen, worin der Tumult eines langwierigen Bürgerkriegs, von eben diesem Oesterreich angefacht und unterhalten, Frankreich gestürzt hatte! Jeder große Mensch will für die Ewigkeit gearbeitet haben, und wer bürgte diesem König für die Dauer des Wohlstandes, worin er Frankreich verließ, so lange Oesterreich und Spanien eine einzige Macht blieben, die jezt zwar entkräftet darnieder lag, aber nur ein einziges glückliches Ohngefähr brauchte um sich schnell wieder in Einen Körper zusammen zu ziehen, und in ihrer ganzen Furchtbarkeit wieder aufzuleben? Wollte er seinem Nachfolger einen fest gegründeten Thron, seinem Volk einen dauerhaften Frieden zurück lassen, so durfte diese verderbliche Macht nicht mehr seyn, so mußte die Wiederherstellung derselben auf immer unmöglich gemacht werden. Aus dieser Quelle floß der unversöhnliche Haß, welchen Heinrich der IV. dem Hause Oesterreich geschworen – unauslöschlich, glühend und gerecht, wie Hannibals Feindschaft gegen Romulus Volk, aber durch einen edleren Ursprung geadelt. Alle Mächte Europens hatten diese große Aufforderung mit Heinrich gemein; aber nicht alle diese lichtvolle Politik, nicht alle den uneigennüzigen Muth, nach einer solchen Aufforderung sich in Handlung zu sezen. Jeden ohne Unterschied reizt der nahe Gewinn, aber nur große Seelen wird das entfernte Gute

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Google books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/66
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/66>, abgerufen am 06.05.2024.