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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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Fürsten Bethlen Gabor ließ man im ruhigen Besiz von Siebenbürgen. Vor auswärtiger Gefahr war das Reich jezt gedeckt, und auch im Innern desselben herrschte, bey allen noch so gefährlichen Spaltungen, dennoch Friede. Dem Jülichischen Erbfolgestreit hatte ein sehr unerwarteter Zufall eine überraschende Wendung gegeben. Noch immer wurde dieses Herzogthum von dem Churhause Brandenburg und dem Pfalzgrafen von Neuburg in Gemeinschaft besessen; eine Heirath zwischen dem Prinzen von Neuburg und einer Brandenburgischen Prinzessin sollte das Interesse beyder Häuser unzertrennlich verknüpfen. Diesen ganzen Plan zerstörte eine - Ohrfeige, welche der Churfürst von Brandenburg das Unglück hatte, seinem Eidam im Weinrausch zu geben. Von jetzt an war das gute Vernehmen zwischen beyden Häusern dahin. Der Prinz von Neuburg trat zu dem Pabstthum über. Eine Prinzessin von Baiern belohnte ihn für diese Apostasie, und der mächtige Schuz Baierns und Spaniens war die natürliche Folge von beydem. Um dem Pfalzgrafen zum ausschließenden Besiz der Jülischen Lande zu verhelfen, wurden die Spanischen Waffen von den Niederlanden aus in das Herzogthum gezogen. Um sich dieser Gäste zu entladen, rief der Churfürst von Brandenburg die Holländer in das Land, denen er durch Annahme der reformirten Religion zu gefallen suchte. Beyde, die Spanischen und Holländischen Truppen, erschienen; aber, wie es schien, bloß um für sich selbst zu erobern.

Der nahe Niederländische Krieg schien sich nun auf Deutschen Boden spielen zu wollen, und welch unerschöpflicher Zunder lag hier für ihn bereit! Mit Schrecken sah das protestantische Deutschland die Spanier an dem Unterrhein festen Fuß gewinnen - mit noch grösserem das katholische die Holländer über die Reichsgrenzen herein brechen. Religionskriege haben das Eigene, daß die Grenzen der Länder sie nicht beschränken, daß sie auf jedem neuen Boden sich verneuen,

Fürsten Bethlen Gabor ließ man im ruhigen Besiz von Siebenbürgen. Vor auswärtiger Gefahr war das Reich jezt gedeckt, und auch im Innern desselben herrschte, bey allen noch so gefährlichen Spaltungen, dennoch Friede. Dem Jülichischen Erbfolgestreit hatte ein sehr unerwarteter Zufall eine überraschende Wendung gegeben. Noch immer wurde dieses Herzogthum von dem Churhause Brandenburg und dem Pfalzgrafen von Neuburg in Gemeinschaft besessen; eine Heirath zwischen dem Prinzen von Neuburg und einer Brandenburgischen Prinzessin sollte das Interesse beyder Häuser unzertrennlich verknüpfen. Diesen ganzen Plan zerstörte eine – Ohrfeige, welche der Churfürst von Brandenburg das Unglück hatte, seinem Eidam im Weinrausch zu geben. Von jetzt an war das gute Vernehmen zwischen beyden Häusern dahin. Der Prinz von Neuburg trat zu dem Pabstthum über. Eine Prinzessin von Baiern belohnte ihn für diese Apostasie, und der mächtige Schuz Baierns und Spaniens war die natürliche Folge von beydem. Um dem Pfalzgrafen zum ausschließenden Besiz der Jülischen Lande zu verhelfen, wurden die Spanischen Waffen von den Niederlanden aus in das Herzogthum gezogen. Um sich dieser Gäste zu entladen, rief der Churfürst von Brandenburg die Holländer in das Land, denen er durch Annahme der reformirten Religion zu gefallen suchte. Beyde, die Spanischen und Holländischen Truppen, erschienen; aber, wie es schien, bloß um für sich selbst zu erobern.

Der nahe Niederländische Krieg schien sich nun auf Deutschen Boden spielen zu wollen, und welch unerschöpflicher Zunder lag hier für ihn bereit! Mit Schrecken sah das protestantische Deutschland die Spanier an dem Unterrhein festen Fuß gewinnen – mit noch grösserem das katholische die Holländer über die Reichsgrenzen herein brechen. Religionskriege haben das Eigene, daß die Grenzen der Länder sie nicht beschränken, daß sie auf jedem neuen Boden sich verneuen,

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[71/0079] Fürsten Bethlen Gabor ließ man im ruhigen Besiz von Siebenbürgen. Vor auswärtiger Gefahr war das Reich jezt gedeckt, und auch im Innern desselben herrschte, bey allen noch so gefährlichen Spaltungen, dennoch Friede. Dem Jülichischen Erbfolgestreit hatte ein sehr unerwarteter Zufall eine überraschende Wendung gegeben. Noch immer wurde dieses Herzogthum von dem Churhause Brandenburg und dem Pfalzgrafen von Neuburg in Gemeinschaft besessen; eine Heirath zwischen dem Prinzen von Neuburg und einer Brandenburgischen Prinzessin sollte das Interesse beyder Häuser unzertrennlich verknüpfen. Diesen ganzen Plan zerstörte eine – Ohrfeige, welche der Churfürst von Brandenburg das Unglück hatte, seinem Eidam im Weinrausch zu geben. Von jetzt an war das gute Vernehmen zwischen beyden Häusern dahin. Der Prinz von Neuburg trat zu dem Pabstthum über. Eine Prinzessin von Baiern belohnte ihn für diese Apostasie, und der mächtige Schuz Baierns und Spaniens war die natürliche Folge von beydem. Um dem Pfalzgrafen zum ausschließenden Besiz der Jülischen Lande zu verhelfen, wurden die Spanischen Waffen von den Niederlanden aus in das Herzogthum gezogen. Um sich dieser Gäste zu entladen, rief der Churfürst von Brandenburg die Holländer in das Land, denen er durch Annahme der reformirten Religion zu gefallen suchte. Beyde, die Spanischen und Holländischen Truppen, erschienen; aber, wie es schien, bloß um für sich selbst zu erobern. Der nahe Niederländische Krieg schien sich nun auf Deutschen Boden spielen zu wollen, und welch unerschöpflicher Zunder lag hier für ihn bereit! Mit Schrecken sah das protestantische Deutschland die Spanier an dem Unterrhein festen Fuß gewinnen – mit noch grösserem das katholische die Holländer über die Reichsgrenzen herein brechen. Religionskriege haben das Eigene, daß die Grenzen der Länder sie nicht beschränken, daß sie auf jedem neuen Boden sich verneuen,

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/79>, abgerufen am 28.11.2024.