Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781.Die Räuber, bin, wie ich euch izt nichts anders sage, alsdie reine lautere Wahrheit! Franz. Dismal will ich dir verzeihen. Aber gelt, er stekte dir gewis Geld in deinen Beutel? Er drükte dir die Hand stärker als der Brauch ist? so ungefähr, wie man sie seinen alten Bekannten zu drüken pflegt? Daniel. Niemals, mein Gebieter. Franz. Er sagte dir, zum Exempel, daß er dich etwa schon kenne? -- daß du ihn fast kennen solltest? Daß dir einmal die Deke von den Augen fallen würde -- daß -- was? Davon sollt er dir niemals gesagt haben? Daniel. Nicht das mindeste. Franz. Das gewise Umstände ihn abhielten -- daß man oft Masken nehmen müsse um seinen Feinden zuzukönnen -- daß er sich rächen wolle, aufs grimmigste rächen wolle. Daniel. Nicht einen Laut von diesem allem. Franz. Was? Gar nichts? Besinne dich recht. -- daß er den alten Herrn sehr genau -- beson- ders genau gekannt -- daß er ihn liebe -- unge- mein liebe -- wie ein Sohn liebe -- Daniel. Etwas dergleichen erinnere ich mich von ihm gehört zu haben. Franz. blaß Hat er, hat er wirklich? Wie, so laß mich doch hören! Er sagte, er sey mein Bruder? Daniel betroffen Was, mein #Gebieter? -- Nein
Die Raͤuber, bin, wie ich euch izt nichts anders ſage, alsdie reine lautere Wahrheit! Franz. Dismal will ich dir verzeihen. Aber gelt, er ſtekte dir gewis Geld in deinen Beutel? Er druͤkte dir die Hand ſtaͤrker als der Brauch iſt? ſo ungefaͤhr, wie man ſie ſeinen alten Bekannten zu druͤken pflegt? Daniel. Niemals, mein Gebieter. Franz. Er ſagte dir, zum Exempel, daß er dich etwa ſchon kenne? — daß du ihn faſt kennen ſollteſt? Daß dir einmal die Deke von den Augen fallen wuͤrde — daß — was? Davon ſollt er dir niemals geſagt haben? Daniel. Nicht das mindeſte. Franz. Das gewiſe Umſtaͤnde ihn abhielten — daß man oft Maſken nehmen muͤſſe um ſeinen Feinden zuzukoͤnnen — daß er ſich raͤchen wolle, aufs grimmigſte raͤchen wolle. Daniel. Nicht einen Laut von dieſem allem. Franz. Was? Gar nichts? Beſinne dich recht. — daß er den alten Herrn ſehr genau — beſon- ders genau gekannt — daß er ihn liebe — unge- mein liebe — wie ein Sohn liebe — Daniel. Etwas dergleichen erinnere ich mich von ihm gehoͤrt zu haben. Franz. blaß Hat er, hat er wirklich? Wie, ſo laß mich doch hoͤren! Er ſagte, er ſey mein Bruder? Daniel betroffen Was, mein #Gebieter? — Nein
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#DAN"> <p><pb facs="#f0164" n="142"/><fw place="top" type="header">Die Raͤuber,</fw><lb/> bin, wie ich euch izt nichts anders ſage, als<lb/> die reine lautere Wahrheit!</p> </sp><lb/> <sp who="#FRA"> <speaker> <hi rendition="#b">Franz.</hi> </speaker> <p>Dismal will ich dir verzeihen. Aber<lb/> gelt, er ſtekte dir gewis Geld in deinen Beutel?<lb/> Er druͤkte dir die Hand ſtaͤrker als der Brauch iſt?<lb/> ſo ungefaͤhr, wie man ſie ſeinen alten Bekannten<lb/> zu druͤken pflegt?</p> </sp><lb/> <sp who="#DAN"> <speaker> <hi rendition="#b">Daniel.</hi> </speaker> <p>Niemals, mein Gebieter.</p> </sp><lb/> <sp who="#FRA"> <speaker> <hi rendition="#b">Franz.</hi> </speaker> <p>Er ſagte dir, zum Exempel, daß er<lb/> dich etwa ſchon kenne? — daß du ihn faſt kennen<lb/> ſollteſt? Daß dir einmal die Deke von den Augen<lb/> fallen wuͤrde — daß — was? Davon ſollt er dir<lb/> niemals geſagt haben?</p> </sp><lb/> <sp who="#DAN"> <speaker> <hi rendition="#b">Daniel.</hi> </speaker> <p>Nicht das mindeſte.</p> </sp><lb/> <sp who="#FRA"> <speaker> <hi rendition="#b">Franz.</hi> </speaker> <p>Das gewiſe Umſtaͤnde ihn abhielten —<lb/> daß man oft Maſken nehmen muͤſſe um ſeinen<lb/> Feinden zuzukoͤnnen — daß er ſich raͤchen wolle,<lb/> aufs grimmigſte raͤchen wolle.</p> </sp><lb/> <sp who="#DAN"> <speaker> <hi rendition="#b">Daniel.</hi> </speaker> <p>Nicht einen Laut von dieſem allem.</p> </sp><lb/> <sp who="#FRA"> <speaker> <hi rendition="#b">Franz.</hi> </speaker> <p>Was? Gar nichts? Beſinne dich recht.<lb/> — daß er den alten Herrn ſehr genau — beſon-<lb/> ders genau gekannt — daß er ihn liebe — unge-<lb/> mein liebe — wie ein Sohn liebe —</p> </sp><lb/> <sp who="#DAN"> <speaker> <hi rendition="#b">Daniel.</hi> </speaker> <p>Etwas dergleichen erinnere ich mich<lb/> von ihm gehoͤrt zu haben.</p> </sp><lb/> <sp who="#FRA"> <speaker> <hi rendition="#b">Franz.</hi> </speaker> <stage>blaß</stage> <p>Hat er, hat er wirklich? Wie, ſo<lb/> laß mich doch hoͤren! Er ſagte, er ſey mein Bruder?</p> </sp><lb/> <sp who="#DAN"> <speaker> <hi rendition="#b">Daniel</hi> </speaker> <stage>betroffen</stage> <p>Was, mein #Gebieter? —<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Nein</fw><lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [142/0164]
Die Raͤuber,
bin, wie ich euch izt nichts anders ſage, als
die reine lautere Wahrheit!
Franz. Dismal will ich dir verzeihen. Aber
gelt, er ſtekte dir gewis Geld in deinen Beutel?
Er druͤkte dir die Hand ſtaͤrker als der Brauch iſt?
ſo ungefaͤhr, wie man ſie ſeinen alten Bekannten
zu druͤken pflegt?
Daniel. Niemals, mein Gebieter.
Franz. Er ſagte dir, zum Exempel, daß er
dich etwa ſchon kenne? — daß du ihn faſt kennen
ſollteſt? Daß dir einmal die Deke von den Augen
fallen wuͤrde — daß — was? Davon ſollt er dir
niemals geſagt haben?
Daniel. Nicht das mindeſte.
Franz. Das gewiſe Umſtaͤnde ihn abhielten —
daß man oft Maſken nehmen muͤſſe um ſeinen
Feinden zuzukoͤnnen — daß er ſich raͤchen wolle,
aufs grimmigſte raͤchen wolle.
Daniel. Nicht einen Laut von dieſem allem.
Franz. Was? Gar nichts? Beſinne dich recht.
— daß er den alten Herrn ſehr genau — beſon-
ders genau gekannt — daß er ihn liebe — unge-
mein liebe — wie ein Sohn liebe —
Daniel. Etwas dergleichen erinnere ich mich
von ihm gehoͤrt zu haben.
Franz. blaß Hat er, hat er wirklich? Wie, ſo
laß mich doch hoͤren! Er ſagte, er ſey mein Bruder?
Daniel betroffen Was, mein #Gebieter? —
Nein
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |