Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781.Die Räuber, nächtlicher Stunde ihr Todenlied raunen. Endlichhört ich die Thür wieder aufgehen, dieser Mann brachte mir Brod und Wasser, und entdekte mir, wie ich zum Tod des Hungers verurtheilt gewe- sen, und wie er sein Leben in Gefahr seze, wenn es herauskäm, daß er mich speise. So ward ich kümmerlich erhalten diese lange Zeit, aber der un- aufhörliche Frost -- die faule Luft meines Unraths, -- der gränzenlose Kummer -- meine Kräffte wi- chen, mein Leib schwand, tausendmal bat ich Gott mit Tränen um den Tod, aber das Maas meiner Strafe mus noch nicht gefüllet seyn -- oder mus noch irgend eine Freude meiner warten, daß ich so wunderbarlich erhalten bin. Aber ich leide gerecht -- Mein Karl! mein Karl! -- und er hatte noch keine graue Haare. Moor. Es ist genug. Auf! ihr Klötze, ihr Eisklumpen! Jhr trägen fühllosen Schläfer! Auf! will keiner erwachen? Er thut einen Pistolschuß über die schlafenden Räuber. Die Räuber aufgejagt. He, holla! holla! was gibts da? Moor. Hat euch die Geschichte nicht aus dem Schlummer gerüttelt? der ewige Schlaf würde wach worden seyn! Schaut her, schaut her! die Geseze der Welt sind Würfelspiel worden, das Band der Natur ist entzwey, die alte Zwietracht ist los, der Sohn hat seinen Vater erschlagen. Die
Die Raͤuber, naͤchtlicher Stunde ihr Todenlied raunen. Endlichhoͤrt ich die Thuͤr wieder aufgehen, dieſer Mann brachte mir Brod und Waſſer, und entdekte mir, wie ich zum Tod des Hungers verurtheilt gewe- ſen, und wie er ſein Leben in Gefahr ſeze, wenn es herauskaͤm, daß er mich ſpeiſe. So ward ich kuͤmmerlich erhalten dieſe lange Zeit, aber der un- aufhoͤrliche Froſt — die faule Luft meines Unraths, — der graͤnzenloſe Kummer — meine Kraͤffte wi- chen, mein Leib ſchwand, tauſendmal bat ich Gott mit Traͤnen um den Tod, aber das Maas meiner Strafe mus noch nicht gefuͤllet ſeyn — oder mus noch irgend eine Freude meiner warten, daß ich ſo wunderbarlich erhalten bin. Aber ich leide gerecht — Mein Karl! mein Karl! — und er hatte noch keine graue Haare. Moor. Es iſt genug. Auf! ihr Kloͤtze, ihr Eisklumpen! Jhr traͤgen fuͤhlloſen Schlaͤfer! Auf! will keiner erwachen? Er thut einen Piſtolſchuß uͤber die ſchlafenden Raͤuber. Die Raͤuber aufgejagt. He, holla! holla! was gibts da? Moor. Hat euch die Geſchichte nicht aus dem Schlummer geruͤttelt? der ewige Schlaf wuͤrde wach worden ſeyn! Schaut her, ſchaut her! die Geſeze der Welt ſind Wuͤrfelſpiel worden, das Band der Natur iſt entzwey, die alte Zwietracht iſt los, der Sohn hat ſeinen Vater erſchlagen. Die
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Die Raͤuber,
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hoͤrt ich die Thuͤr wieder aufgehen, dieſer Mann
brachte mir Brod und Waſſer, und entdekte mir,
wie ich zum Tod des Hungers verurtheilt gewe-
ſen, und wie er ſein Leben in Gefahr ſeze, wenn
es herauskaͤm, daß er mich ſpeiſe. So ward ich
kuͤmmerlich erhalten dieſe lange Zeit, aber der un-
aufhoͤrliche Froſt — die faule Luft meines Unraths,
— der graͤnzenloſe Kummer — meine Kraͤffte wi-
chen, mein Leib ſchwand, tauſendmal bat ich Gott
mit Traͤnen um den Tod, aber das Maas meiner
Strafe mus noch nicht gefuͤllet ſeyn — oder mus
noch irgend eine Freude meiner warten, daß ich ſo
wunderbarlich erhalten bin. Aber ich leide gerecht
— Mein Karl! mein Karl! — und er hatte noch
keine graue Haare.
Moor. Es iſt genug. Auf! ihr Kloͤtze, ihr
Eisklumpen! Jhr traͤgen fuͤhlloſen Schlaͤfer! Auf!
will keiner erwachen? Er thut einen Piſtolſchuß uͤber die
ſchlafenden Raͤuber.
Die Raͤuber aufgejagt. He, holla! holla! was
gibts da?
Moor. Hat euch die Geſchichte nicht aus dem
Schlummer geruͤttelt? der ewige Schlaf wuͤrde
wach worden ſeyn! Schaut her, ſchaut her! die
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