Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781.ein Schauspiel. Die Ränber. Was sagt der Hauptmann? Moor. Nein, nicht erschlagen! das Wort ist Beschönigung! -- der Sohn hat den Vater tau- sendmal gerädert, gespießt, gefoltert, geschunden! die Worte sind mir zu menschlich -- worüber di# Sünde roth wird, worüber der Kannibale schau- dert, worauf seit A#onen kein Teufel gekommen ist. -- Der Sohn hat seinen eigenen Vater -- oh seht her, seht her! er ist in Unmacht gesunken, -- # dieses Gewölbe hat der Sohn seinen Vater -- Frost, -- Blöse, -- Hunger, -- Durst -- oh seht doch, seht doch! -- es ist mein eigner Vater, ich wills nur gestehn. Die Räuber spri#gen herbey und umringen den Alten. Dein Vater? dein Vater? Schweizer tritt ehrerbietig näher, fällt vor ihm nieder# Vater meines Hauptmanns! Jch küsse dir die Füs- se! du hast über meinen Dolch z# befehlen. Moor. Rache, Rache, Rache dir! grimmig beleidigter, entheiligter Greis! So zerreis #h von nun an auf ewig das brüderliche Band, # zerreißt sein Kleid von oben an bis unten. So verfluch ich jeden Tropfen brüderlichen Bluts im Antliz des offenen Himmels! Höre mich Mond und Gestirne! Hör# mich mitternächtlicher Himmel! der du auf die Schandthat herunterbliktest! Höre mich dreymal- schröcklicher Gott, der da oben über dem Monde waltet, und rächt und verdammt über den Ster- nen, M #
ein Schauſpiel. Die Raͤnber. Was ſagt der Hauptmann? Moor. Nein, nicht erſchlagen! das Wort iſt Beſchoͤnigung! — der Sohn hat den Vater tau- ſendmal geraͤdert, geſpießt, gefoltert, geſchunden! die Worte ſind mir zu menſchlich — woruͤber di# Suͤnde roth wird, woruͤber der Kannibale ſchau- dert, worauf ſeit A#onen kein Teufel gekommen iſt. — Der Sohn hat ſeinen eigenen Vater — oh ſeht her, ſeht her! er iſt in Unmacht geſunken, — # dieſes Gewoͤlbe hat der Sohn ſeinen Vater — Froſt, — Bloͤſe, — Hunger, — Durſt — oh ſeht doch, ſeht doch! — es iſt mein eigner Vater, ich wills nur geſtehn. Die Raͤuber ſpri#gen herbey und umringen den Alten. Dein Vater? dein Vater? Schweizer tritt ehrerbietig naͤher, faͤllt vor ihm nieder# Vater meines Hauptmanns! Jch kuͤſſe dir die Fuͤſ- ſe! du haſt uͤber meinen Dolch z# befehlen. Moor. Rache, Rache, Rache dir! grimmig beleidigter, entheiligter Greis! So zerreis #h von nun an auf ewig das bruͤderliche Band, # zerreißt ſein Kleid von oben an bis unten. So verfluch ich jeden Tropfen bruͤderlichen Bluts im Antliz des offenen Himmels! Hoͤre mich Mond und Geſtirne! Hoͤr# mich mitternaͤchtlicher Himmel! der du auf die Schandthat herunterblikteſt! Hoͤre mich dreymal- ſchroͤcklicher Gott, der da oben uͤber dem Monde waltet, und raͤcht und verdammt uͤber den Ster- nen, M #
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0201" n="179"/> <fw place="top" type="header">ein Schauſpiel.</fw><lb/> <sp who="#RAEU"> <speaker> <hi rendition="#b">Die Raͤnber.</hi> </speaker> <p>Was ſagt der Hauptmann?</p> </sp><lb/> <sp who="#MOOR"> <speaker> <hi rendition="#b">Moor.</hi> </speaker> <p>Nein, nicht erſchlagen! das Wort iſt<lb/> Beſchoͤnigung! — der Sohn hat den Vater tau-<lb/> ſendmal geraͤdert, geſpießt, gefoltert, geſchunden!<lb/> die Worte ſind mir zu menſchlich — woruͤber di#<lb/> Suͤnde roth wird, woruͤber der Kannibale ſchau-<lb/> dert, worauf ſeit A#onen kein Teufel gekommen iſt.<lb/> — Der Sohn hat ſeinen eigenen Vater — oh ſeht<lb/> her, ſeht her! er iſt in Unmacht geſunken, — #<lb/> dieſes Gewoͤlbe hat der Sohn ſeinen Vater —<lb/> Froſt, — Bloͤſe, — Hunger, — Durſt — oh ſeht<lb/> doch, ſeht doch! — es iſt mein eigner Vater, ich<lb/> wills nur geſtehn.</p> </sp><lb/> <sp who="#RAEU"> <speaker> <hi rendition="#b">Die Raͤuber</hi> </speaker> <stage>ſpri#gen herbey und umringen den Alten.</stage><lb/> <p>Dein Vater? dein Vater?</p> </sp><lb/> <sp who="#SCHWEI"> <speaker> <hi rendition="#b">Schweizer</hi> </speaker> <stage>tritt ehrerbietig naͤher, faͤllt vor ihm nieder#</stage><lb/> <p>Vater meines Hauptmanns! Jch kuͤſſe dir die Fuͤſ-<lb/> ſe! du haſt uͤber meinen Dolch z# befehlen.</p> </sp><lb/> <sp who="#MOOR"> <speaker> <hi rendition="#b">Moor.</hi> </speaker> <p>Rache, Rache, Rache dir! grimmig<lb/> beleidigter, entheiligter Greis! So zerreis #h von<lb/> nun an auf ewig das bruͤderliche Band, <stage># zerreißt<lb/> ſein Kleid von oben an bis unten.</stage> So verfluch ich jeden<lb/> Tropfen bruͤderlichen Bluts im Antliz des offenen<lb/> Himmels! Hoͤre mich Mond und Geſtirne! Hoͤr#<lb/> mich mitternaͤchtlicher Himmel! der du auf die<lb/> Schandthat herunterblikteſt! Hoͤre mich dreymal-<lb/> ſchroͤcklicher Gott, der da oben uͤber dem Monde<lb/> waltet, und raͤcht und verdammt uͤber den Ster-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">M #</fw><fw place="bottom" type="catch">nen,</fw><lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [179/0201]
ein Schauſpiel.
Die Raͤnber. Was ſagt der Hauptmann?
Moor. Nein, nicht erſchlagen! das Wort iſt
Beſchoͤnigung! — der Sohn hat den Vater tau-
ſendmal geraͤdert, geſpießt, gefoltert, geſchunden!
die Worte ſind mir zu menſchlich — woruͤber di#
Suͤnde roth wird, woruͤber der Kannibale ſchau-
dert, worauf ſeit A#onen kein Teufel gekommen iſt.
— Der Sohn hat ſeinen eigenen Vater — oh ſeht
her, ſeht her! er iſt in Unmacht geſunken, — #
dieſes Gewoͤlbe hat der Sohn ſeinen Vater —
Froſt, — Bloͤſe, — Hunger, — Durſt — oh ſeht
doch, ſeht doch! — es iſt mein eigner Vater, ich
wills nur geſtehn.
Die Raͤuber ſpri#gen herbey und umringen den Alten.
Dein Vater? dein Vater?
Schweizer tritt ehrerbietig naͤher, faͤllt vor ihm nieder#
Vater meines Hauptmanns! Jch kuͤſſe dir die Fuͤſ-
ſe! du haſt uͤber meinen Dolch z# befehlen.
Moor. Rache, Rache, Rache dir! grimmig
beleidigter, entheiligter Greis! So zerreis #h von
nun an auf ewig das bruͤderliche Band, # zerreißt
ſein Kleid von oben an bis unten. So verfluch ich jeden
Tropfen bruͤderlichen Bluts im Antliz des offenen
Himmels! Hoͤre mich Mond und Geſtirne! Hoͤr#
mich mitternaͤchtlicher Himmel! der du auf die
Schandthat herunterblikteſt! Hoͤre mich dreymal-
ſchroͤcklicher Gott, der da oben uͤber dem Monde
waltet, und raͤcht und verdammt uͤber den Ster-
nen,
M #
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |