Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781.ein Schauspiel. gekommen ist: aber er wird garstig betrogen. Jchhabs immer gelesen, daß unser Wesen nichts ist als Sprung des Geblüts, und mit dem lezten Blutstropfen zerrinnt auch Geist und Gedanke. Er macht alle Schwachheiten des Körpers mit, wird er nicht auch aufhören bey seiner Zerstörung? nicht bey seiner Fäulung verdampfen? Laß einen Wassertropfen in deinem Gehirne verirren, und dein Leben macht eine plötzliche Pause, die zunächst an das Nichtseyn gränzt, und ihre Fortdauer ist der Tod. Empfindung ist Schwingung einiger Saiten, und das zerschlagene Klavier tönet nicht mehr. Wenn ich meine sieben Schlösser schleifen lasse, wenn ich diese Venus zerschlage, so ists Symmetrie und Schönheit gewesen. Siehe da! das ist eure unsterbliche Seele! Moser. Das ist die Philosophie eurer Ver- zweiflung. Aber euer eigenes Herz, das bey diesen Beweisen ängstlich bebend wider eure Rippen schlägt, straft euch Lügen. Diese Spinnweben von Systemen zerreißt das einzige Wort: du must sterben! -- ich fordere euch auf, das soll die Pro- be seyn, wenn ihr im Tode annoch feste steht, wenn euch eure Grundsätze auch da nicht im Sti- che lassen, so sollt ihr gewonnen haben; wenn euch im Tode nur der mindeste Schauer anwandelt, weh euch dann! ihr habt euch betrogen. Franz N
ein Schauſpiel. gekommen iſt: aber er wird garſtig betrogen. Jchhabs immer geleſen, daß unſer Weſen nichts iſt als Sprung des Gebluͤts, und mit dem lezten Blutstropfen zerrinnt auch Geiſt und Gedanke. Er macht alle Schwachheiten des Koͤrpers mit, wird er nicht auch aufhoͤren bey ſeiner Zerſtoͤrung? nicht bey ſeiner Faͤulung verdampfen? Laß einen Waſſertropfen in deinem Gehirne verirren, und dein Leben macht eine ploͤtzliche Pauſe, die zunaͤchſt an das Nichtſeyn graͤnzt, und ihre Fortdauer iſt der Tod. Empfindung iſt Schwingung einiger Saiten, und das zerſchlagene Klavier toͤnet nicht mehr. Wenn ich meine ſieben Schloͤſſer ſchleifen laſſe, wenn ich dieſe Venus zerſchlage, ſo iſts Symmetrie und Schoͤnheit geweſen. Siehe da! das iſt eure unſterbliche Seele! Moſer. Das iſt die Philoſophie eurer Ver- zweiflung. Aber euer eigenes Herz, das bey dieſen Beweiſen aͤngſtlich bebend wider eure Rippen ſchlaͤgt, ſtraft euch Luͤgen. Dieſe Spinnweben von Syſtemen zerreißt das einzige Wort: du muſt ſterben! — ich fordere euch auf, das ſoll die Pro- be ſeyn, wenn ihr im Tode annoch feſte ſteht, wenn euch eure Grundſaͤtze auch da nicht im Sti- che laſſen, ſo ſollt ihr gewonnen haben; wenn euch im Tode nur der mindeſte Schauer anwandelt, weh euch dann! ihr habt euch betrogen. Franz N
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als Sprung des Gebluͤts, und mit dem lezten
Blutstropfen zerrinnt auch Geiſt und Gedanke.
Er macht alle Schwachheiten des Koͤrpers mit,
wird er nicht auch aufhoͤren bey ſeiner Zerſtoͤrung?
nicht bey ſeiner Faͤulung verdampfen? Laß einen
Waſſertropfen in deinem Gehirne verirren, und dein
Leben macht eine ploͤtzliche Pauſe, die zunaͤchſt an
das Nichtſeyn graͤnzt, und ihre Fortdauer iſt der
Tod. Empfindung iſt Schwingung einiger Saiten,
und das zerſchlagene Klavier toͤnet nicht mehr.
Wenn ich meine ſieben Schloͤſſer ſchleifen laſſe,
wenn ich dieſe Venus zerſchlage, ſo iſts Symmetrie
und Schoͤnheit geweſen. Siehe da! das iſt eure
unſterbliche Seele!
Moſer. Das iſt die Philoſophie eurer Ver-
zweiflung. Aber euer eigenes Herz, das bey dieſen
Beweiſen aͤngſtlich bebend wider eure Rippen
ſchlaͤgt, ſtraft euch Luͤgen. Dieſe Spinnweben
von Syſtemen zerreißt das einzige Wort: du muſt
ſterben! — ich fordere euch auf, das ſoll die Pro-
be ſeyn, wenn ihr im Tode annoch feſte ſteht,
wenn euch eure Grundſaͤtze auch da nicht im Sti-
che laſſen, ſo ſollt ihr gewonnen haben; wenn euch
im Tode nur der mindeſte Schauer anwandelt, weh
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Franz
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