Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781.Die Räuber, laßt es einen armen Mann nicht entgelten, wenner wider Willen euer Herz durchbort. Jch bin ein Fremdling in diesem Lande, aber euch kenn ich sehr gut, ihr seyd der Vater Karls von Moor. D. a. Moor. Woher weist du das Herrmann. Jch kannte euren Sohn -- Amalia auffahrend. Er lebt? lebt? Du kennst ihn? wo ist er, wo, wo? will hinwegrennen. D. a. Moor. Du weist von meinem Sohn? Herrmann. Er studierte in Leipzig. Von da zog er, ich weis nicht wie weit, herum. Er durch- schwärmte Deutschland in die Runde, und, wie er mir sagte, mit unbedecktem Haupt, barfus, und erbettelte sein Brod vor den Thüren. Fünf Mo- nathe drauf brach der leidige Krieg zwischen Preus- sen und Oesterreich wieder aus, und da er auf der Welt nichts mehr zu hoffen hatte, zog ihn der Hall von Friderichs siegreicher Trommel nach Böh- men. Erlaubt mir, sagte er, zum grossen Schwe- rin, daß ich den Tod sterbe auf dem Bette der Hel- den, ich hab keinen Vater mehr! -- D. a. Moor. Sieh mich nicht an, Amalia! Herrmann. Man gab ihm eine Fahne. Er flog den preussischen Siegesflug mit. Wir kamen zusammen unter ein Zelt zu liegen. Er sprach viel von seinem alten Vater und von bessern ver- gangenen Tagen -- und von vereitelten Hoffnun- gen -- uns standen die Tränen in den Augen. D. a.
Die Raͤuber, laßt es einen armen Mann nicht entgelten, wenner wider Willen euer Herz durchbort. Jch bin ein Fremdling in dieſem Lande, aber euch kenn ich ſehr gut, ihr ſeyd der Vater Karls von Moor. D. a. Moor. Woher weiſt du das Herrmann. Jch kannte euren Sohn — Amalia auffahrend. Er lebt? lebt? Du kennſt ihn? wo iſt er, wo, wo? will hinwegrennen. D. a. Moor. Du weiſt von meinem Sohn? Herrmann. Er ſtudierte in Leipzig. Von da zog er, ich weis nicht wie weit, herum. Er durch- ſchwaͤrmte Deutſchland in die Runde, und, wie er mir ſagte, mit unbedecktem Haupt, barfus, und erbettelte ſein Brod vor den Thuͤren. Fuͤnf Mo- nathe drauf brach der leidige Krieg zwiſchen Preuſ- ſen und Oeſterreich wieder aus, und da er auf der Welt nichts mehr zu hoffen hatte, zog ihn der Hall von Friderichs ſiegreicher Trommel nach Boͤh- men. Erlaubt mir, ſagte er, zum groſſen Schwe- rin, daß ich den Tod ſterbe auf dem Bette der Hel- den, ich hab keinen Vater mehr! — D. a. Moor. Sieh mich nicht an, Amalia! Herrmann. Man gab ihm eine Fahne. Er flog den preuſſiſchen Siegesflug mit. Wir kamen zuſammen unter ein Zelt zu liegen. Er ſprach viel von ſeinem alten Vater und von beſſern ver- gangenen Tagen — und von vereitelten Hoffnun- gen — uns ſtanden die Traͤnen in den Augen. D. a.
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gut, ihr ſeyd der Vater Karls von Moor.
D. a. Moor. Woher weiſt du das
Herrmann. Jch kannte euren Sohn —
Amalia auffahrend. Er lebt? lebt? Du kennſt
ihn? wo iſt er, wo, wo? will hinwegrennen.
D. a. Moor. Du weiſt von meinem Sohn?
Herrmann. Er ſtudierte in Leipzig. Von da
zog er, ich weis nicht wie weit, herum. Er durch-
ſchwaͤrmte Deutſchland in die Runde, und, wie er
mir ſagte, mit unbedecktem Haupt, barfus, und
erbettelte ſein Brod vor den Thuͤren. Fuͤnf Mo-
nathe drauf brach der leidige Krieg zwiſchen Preuſ-
ſen und Oeſterreich wieder aus, und da er auf der
Welt nichts mehr zu hoffen hatte, zog ihn der
Hall von Friderichs ſiegreicher Trommel nach Boͤh-
men. Erlaubt mir, ſagte er, zum groſſen Schwe-
rin, daß ich den Tod ſterbe auf dem Bette der Hel-
den, ich hab keinen Vater mehr! —
D. a. Moor. Sieh mich nicht an, Amalia!
Herrmann. Man gab ihm eine Fahne. Er
flog den preuſſiſchen Siegesflug mit. Wir kamen
zuſammen unter ein Zelt zu liegen. Er ſprach
viel von ſeinem alten Vater und von beſſern ver-
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gen — uns ſtanden die Traͤnen in den Augen.
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