Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, [Friedrich]: Maria Stuart. Tübingen u. a., 1801.

Bild:
<< vorherige Seite
Mit falschem Bruderkuß verräth mich Frankreich,
Und offnen, wüthenden Vertilgungskrieg
Bereitet mir der Spanier auf den Meeren.
So steh' ich kämpfend gegen eine Welt,
Ein wehrlos Weib! Mit hohen Tugenden
Muß ich die Blöße meines Rechts bedecken,
Den Flecken meiner fürstlichen Geburt,
Wodurch der eigne Vater mich geschändet.
Umsonst bedeck' ich ihn -- Der Gegner Haß
Hat ihn entblößt, und stellt mir diese Stuart,
Ein ewig drohendes Gespenst, entgegen.

Nein, diese Furcht soll endigen!
Ihr Haupt soll fallen. Ich will Frieden haben!
-- Sie ist die Furie meines Lebens! Mir
Ein Plagegeist vom Schicksal angeheftet.
Wo ich mir eine Freude, eine Hoffnung
Gepflanzt, da liegt die Höllenschlange mir
Im Wege. Sie entreißt mir den Geliebten,
Den Bräut'gam raubt sie mir! Maria Stuart,
Heißt jedes Unglück, das mich niederschlägt!
Ist sie aus den Lebendigen vertilgt,
Frei bin ich, wie die Luft auf den Gebirgen.
(Stillschweigen.)
Mit welchem Hohn sie auf mich nieder sah,
Als sollte mich der Blick zu Boden blitzen!
Mit falſchem Bruderkuß verraͤth mich Frankreich,
Und offnen, wuͤthenden Vertilgungskrieg
Bereitet mir der Spanier auf den Meeren.
So ſteh' ich kaͤmpfend gegen eine Welt,
Ein wehrlos Weib! Mit hohen Tugenden
Muß ich die Bloͤße meines Rechts bedecken,
Den Flecken meiner fuͤrſtlichen Geburt,
Wodurch der eigne Vater mich geſchaͤndet.
Umſonſt bedeck' ich ihn — Der Gegner Haß
Hat ihn entbloͤßt, und ſtellt mir dieſe Stuart,
Ein ewig drohendes Geſpenſt, entgegen.

Nein, dieſe Furcht ſoll endigen!
Ihr Haupt ſoll fallen. Ich will Frieden haben!
— Sie iſt die Furie meines Lebens! Mir
Ein Plagegeiſt vom Schickſal angeheftet.
Wo ich mir eine Freude, eine Hoffnung
Gepflanzt, da liegt die Hoͤllenſchlange mir
Im Wege. Sie entreißt mir den Geliebten,
Den Braͤut'gam raubt ſie mir! Maria Stuart,
Heißt jedes Ungluͤck, das mich niederſchlaͤgt!
Iſt ſie aus den Lebendigen vertilgt,
Frei bin ich, wie die Luft auf den Gebirgen.
(Stillſchweigen.)
Mit welchem Hohn ſie auf mich nieder ſah,
Als ſollte mich der Blick zu Boden blitzen!
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#ELI">
            <p><pb facs="#f0194" n="188"/>
Mit fal&#x017F;chem Bruderkuß verra&#x0364;th mich Frankreich,<lb/>
Und offnen, wu&#x0364;thenden Vertilgungskrieg<lb/>
Bereitet mir der Spanier auf den Meeren.<lb/>
So &#x017F;teh' ich ka&#x0364;mpfend gegen eine Welt,<lb/>
Ein wehrlos Weib! Mit hohen Tugenden<lb/>
Muß ich die Blo&#x0364;ße meines Rechts bedecken,<lb/>
Den Flecken meiner fu&#x0364;r&#x017F;tlichen Geburt,<lb/>
Wodurch der eigne Vater mich ge&#x017F;cha&#x0364;ndet.<lb/>
Um&#x017F;on&#x017F;t bedeck' ich ihn &#x2014; Der Gegner Haß<lb/>
Hat ihn entblo&#x0364;ßt, und &#x017F;tellt mir die&#x017F;e Stuart,<lb/>
Ein ewig drohendes Ge&#x017F;pen&#x017F;t, entgegen.</p><lb/>
            <p>Nein, die&#x017F;e Furcht &#x017F;oll endigen!<lb/>
Ihr Haupt &#x017F;oll fallen. Ich will Frieden haben!<lb/>
&#x2014; Sie i&#x017F;t die Furie meines Lebens! Mir<lb/>
Ein Plagegei&#x017F;t vom Schick&#x017F;al angeheftet.<lb/>
Wo ich mir eine Freude, eine Hoffnung<lb/>
Gepflanzt, da liegt die Ho&#x0364;llen&#x017F;chlange mir<lb/>
Im Wege. Sie entreißt mir den Geliebten,<lb/>
Den Bra&#x0364;ut'gam raubt &#x017F;ie mir! <hi rendition="#g">Maria Stuart</hi>,<lb/>
Heißt jedes Unglu&#x0364;ck, das mich nieder&#x017F;chla&#x0364;gt!<lb/>
I&#x017F;t <hi rendition="#g">&#x017F;ie</hi> aus den Lebendigen vertilgt,<lb/>
Frei bin ich, wie die Luft auf den Gebirgen.<lb/><stage>(Still&#x017F;chweigen.)</stage><lb/>
Mit welchem Hohn &#x017F;ie auf mich nieder &#x017F;ah,<lb/>
Als &#x017F;ollte mich der Blick zu Boden blitzen!<lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[188/0194] Mit falſchem Bruderkuß verraͤth mich Frankreich, Und offnen, wuͤthenden Vertilgungskrieg Bereitet mir der Spanier auf den Meeren. So ſteh' ich kaͤmpfend gegen eine Welt, Ein wehrlos Weib! Mit hohen Tugenden Muß ich die Bloͤße meines Rechts bedecken, Den Flecken meiner fuͤrſtlichen Geburt, Wodurch der eigne Vater mich geſchaͤndet. Umſonſt bedeck' ich ihn — Der Gegner Haß Hat ihn entbloͤßt, und ſtellt mir dieſe Stuart, Ein ewig drohendes Geſpenſt, entgegen. Nein, dieſe Furcht ſoll endigen! Ihr Haupt ſoll fallen. Ich will Frieden haben! — Sie iſt die Furie meines Lebens! Mir Ein Plagegeiſt vom Schickſal angeheftet. Wo ich mir eine Freude, eine Hoffnung Gepflanzt, da liegt die Hoͤllenſchlange mir Im Wege. Sie entreißt mir den Geliebten, Den Braͤut'gam raubt ſie mir! Maria Stuart, Heißt jedes Ungluͤck, das mich niederſchlaͤgt! Iſt ſie aus den Lebendigen vertilgt, Frei bin ich, wie die Luft auf den Gebirgen. (Stillſchweigen.) Mit welchem Hohn ſie auf mich nieder ſah, Als ſollte mich der Blick zu Boden blitzen!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_stuart_1801
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_stuart_1801/194
Zitationshilfe: Schiller, [Friedrich]: Maria Stuart. Tübingen u. a., 1801, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_stuart_1801/194>, abgerufen am 21.11.2024.