Schiller, [Friedrich]: Maria Stuart. Tübingen u. a., 1801.
Mög' es sein Glück mit seinem Ruhme nicht Erkaufen! Möge Talbots Auge wenigstens Geschlossen seyn, wenn dieß geschieht! Elisabeth. Verhüte Gott, daß wir den Ruhm befleckten! Talbot. Nun dann, so wirst du auf ein ander Mittel sinnen, Dieß Reich zu retten -- denn die Hinrichtung Der Stuart ist ein ungerechtes Mittel. Du kannst das Urtheil über die nicht sprechen, Die dir nicht unterthänig ist. Elisabeth. So irrt Mein Staatsrath und mein Parlament, im Irrthum Sind alle Richterhöfe dieses Landes, Die mir dieß Recht einstimmig zuerkannt -- Talbot. Nicht Stimmenmehrheit ist des Rechtes Probe, England ist nicht die Welt, dein Parlament Nicht der Verein der menschlichen Geschlechter. Dieß heut'ge England ist das künft'ge nicht, Wie's das vergangne nicht mehr ist -- Wie sich Die Neigung anders wendet, also steigt Und fällt des Urtheils wandelbare Woge.
Moͤg' es ſein Gluͤck mit ſeinem Ruhme nicht Erkaufen! Moͤge Talbots Auge wenigſtens Geſchloſſen ſeyn, wenn dieß geſchieht! Eliſabeth. Verhuͤte Gott, daß wir den Ruhm befleckten! Talbot. Nun dann, ſo wirſt du auf ein ander Mittel ſinnen, Dieß Reich zu retten — denn die Hinrichtung Der Stuart iſt ein ungerechtes Mittel. Du kannſt das Urtheil uͤber die nicht ſprechen, Die dir nicht unterthaͤnig iſt. Eliſabeth. So irrt Mein Staatsrath und mein Parlament, im Irrthum Sind alle Richterhoͤfe dieſes Landes, Die mir dieß Recht einſtimmig zuerkannt — Talbot. Nicht Stimmenmehrheit iſt des Rechtes Probe, England iſt nicht die Welt, dein Parlament Nicht der Verein der menſchlichen Geſchlechter. Dieß heut'ge England iſt das kuͤnft'ge nicht, Wie's das vergangne nicht mehr iſt — Wie ſich Die Neigung anders wendet, alſo ſteigt Und faͤllt des Urtheils wandelbare Woge. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#TALBGRA"> <p><pb facs="#f0080" n="74"/> Moͤg' es ſein Gluͤck mit ſeinem Ruhme nicht<lb/> Erkaufen! Moͤge Talbots Auge wenigſtens<lb/> Geſchloſſen ſeyn, wenn dieß geſchieht!</p><lb/> </sp> <sp who="#ELI"> <speaker><hi rendition="#g">Eliſabeth</hi>.</speaker><lb/> <p>Verhuͤte Gott, daß wir den Ruhm befleckten!</p><lb/> </sp> <sp who="#TALBGRA"> <speaker><hi rendition="#g">Talbot</hi>.</speaker><lb/> <p>Nun dann, ſo wirſt du auf ein ander Mittel ſinnen,<lb/> Dieß Reich zu retten — denn die Hinrichtung<lb/> Der Stuart iſt ein ungerechtes Mittel.<lb/> Du kannſt das Urtheil uͤber <hi rendition="#g">die</hi> nicht ſprechen,<lb/> Die dir nicht unterthaͤnig iſt.</p><lb/> </sp> <sp who="#ELI"> <speaker><hi rendition="#g">Eliſabeth</hi>.</speaker><lb/> <p>So irrt<lb/> Mein Staatsrath und mein Parlament, im Irrthum<lb/> Sind alle Richterhoͤfe dieſes Landes,<lb/> Die mir dieß Recht einſtimmig zuerkannt —</p><lb/> </sp> <sp who="#TALBGRA"> <speaker><hi rendition="#g">Talbot</hi>.</speaker><lb/> <p>Nicht Stimmenmehrheit iſt des Rechtes Probe,<lb/> England iſt nicht die Welt, dein Parlament<lb/> Nicht der Verein der menſchlichen Geſchlechter.<lb/> Dieß heut'ge England iſt das kuͤnft'ge nicht,<lb/> Wie's das vergangne nicht mehr iſt — Wie ſich<lb/> Die Neigung anders wendet, alſo ſteigt<lb/> Und faͤllt des <hi rendition="#g">Urtheils</hi> wandelbare Woge.<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [74/0080]
Moͤg' es ſein Gluͤck mit ſeinem Ruhme nicht
Erkaufen! Moͤge Talbots Auge wenigſtens
Geſchloſſen ſeyn, wenn dieß geſchieht!
Eliſabeth.
Verhuͤte Gott, daß wir den Ruhm befleckten!
Talbot.
Nun dann, ſo wirſt du auf ein ander Mittel ſinnen,
Dieß Reich zu retten — denn die Hinrichtung
Der Stuart iſt ein ungerechtes Mittel.
Du kannſt das Urtheil uͤber die nicht ſprechen,
Die dir nicht unterthaͤnig iſt.
Eliſabeth.
So irrt
Mein Staatsrath und mein Parlament, im Irrthum
Sind alle Richterhoͤfe dieſes Landes,
Die mir dieß Recht einſtimmig zuerkannt —
Talbot.
Nicht Stimmenmehrheit iſt des Rechtes Probe,
England iſt nicht die Welt, dein Parlament
Nicht der Verein der menſchlichen Geſchlechter.
Dieß heut'ge England iſt das kuͤnft'ge nicht,
Wie's das vergangne nicht mehr iſt — Wie ſich
Die Neigung anders wendet, alſo ſteigt
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