Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798.Kunst üben, die schriftlichen Denkmahle und Bruchstücke des klassischen Alterthums zu ergänzen und zu reinigen, durch seine Verdorbenheit. Nachdem es durch Ruhnkenius zuerst gerettet worden war, hat es Jlgen durch seine unermüdlichen Bemühungen vollständiger lesbar gemacht, mehre von jenem unberührt gelassene Schäden mit leichter und glücklicher Hand geheilt, hie und da auch die alte Leseart durch eine bessere Auslegung gerettet. Diesen ist der Übersetzer größtentheils gefolgt, doch hat er einige Male die alte von Beyden verworfne Leseart anders erklärt und beybehalten. Lücken in der Übersetzung zu lassen, wo die Vermuthungen nicht ganz sicher wären, schien ihm durchaus zweckwidrig. Man mag noch so sehr gegen das Ergänzen alter Statuen seyn, so müssen doch die abgestoßnen Nasenzipfel angesetzt werden, weil die Gesichter sonst gar zu verschimpft aussehn. Das Emendiren ist überdem eine Ergänzung, die ohne Schaden der Statue wieder abgenommen werden kann, und der Übersetzer verrichtet es nun vollends an einen Gipsabguß. Es kommt weniger darauf an, welche unter zwey doch nicht ganz unähnlichen Beschaffenheiten dieser oder jener Stelle die richtige ist, als auf den Geist und Karakter des Gedichts im Ganzen. Kunst uͤben, die schriftlichen Denkmahle und Bruchstuͤcke des klassischen Alterthums zu ergaͤnzen und zu reinigen, durch seine Verdorbenheit. Nachdem es durch Ruhnkenius zuerst gerettet worden war, hat es Jlgen durch seine unermuͤdlichen Bemuͤhungen vollstaͤndiger lesbar gemacht, mehre von jenem unberuͤhrt gelassene Schaͤden mit leichter und gluͤcklicher Hand geheilt, hie und da auch die alte Leseart durch eine bessere Auslegung gerettet. Diesen ist der Übersetzer groͤßtentheils gefolgt, doch hat er einige Male die alte von Beyden verworfne Leseart anders erklaͤrt und beybehalten. Luͤcken in der Übersetzung zu lassen, wo die Vermuthungen nicht ganz sicher waͤren, schien ihm durchaus zweckwidrig. Man mag noch so sehr gegen das Ergaͤnzen alter Statuen seyn, so muͤssen doch die abgestoßnen Nasenzipfel angesetzt werden, weil die Gesichter sonst gar zu verschimpft aussehn. Das Emendiren ist uͤberdem eine Ergaͤnzung, die ohne Schaden der Statue wieder abgenommen werden kann, und der Übersetzer verrichtet es nun vollends an einen Gipsabguß. Es kommt weniger darauf an, welche unter zwey doch nicht ganz unaͤhnlichen Beschaffenheiten dieser oder jener Stelle die richtige ist, als auf den Geist und Karakter des Gedichts im Ganzen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0128" n="117"/> Kunst uͤben, die schriftlichen Denkmahle und Bruchstuͤcke des klassischen Alterthums zu ergaͤnzen und zu reinigen, durch seine Verdorbenheit. Nachdem es durch Ruhnkenius zuerst gerettet worden war, hat es Jlgen durch seine unermuͤdlichen Bemuͤhungen vollstaͤndiger lesbar gemacht, mehre von jenem unberuͤhrt gelassene Schaͤden mit leichter und gluͤcklicher Hand geheilt, hie und da auch die alte Leseart durch eine bessere Auslegung gerettet. Diesen ist der Übersetzer groͤßtentheils gefolgt, doch hat er einige Male die alte von Beyden verworfne Leseart anders erklaͤrt und beybehalten. Luͤcken in der Übersetzung zu lassen, wo die Vermuthungen nicht ganz sicher waͤren, schien ihm durchaus zweckwidrig. Man mag noch so sehr gegen das Ergaͤnzen alter Statuen seyn, so muͤssen doch die abgestoßnen Nasenzipfel angesetzt werden, weil die Gesichter sonst gar zu verschimpft aussehn. Das Emendiren ist uͤberdem eine Ergaͤnzung, die ohne Schaden der Statue wieder abgenommen werden kann, und der Übersetzer verrichtet es nun vollends an einen Gipsabguß. Es kommt weniger darauf an, welche unter zwey doch nicht ganz unaͤhnlichen Beschaffenheiten dieser oder jener Stelle die richtige ist, als auf den Geist und Karakter des Gedichts im Ganzen.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [117/0128]
Kunst uͤben, die schriftlichen Denkmahle und Bruchstuͤcke des klassischen Alterthums zu ergaͤnzen und zu reinigen, durch seine Verdorbenheit. Nachdem es durch Ruhnkenius zuerst gerettet worden war, hat es Jlgen durch seine unermuͤdlichen Bemuͤhungen vollstaͤndiger lesbar gemacht, mehre von jenem unberuͤhrt gelassene Schaͤden mit leichter und gluͤcklicher Hand geheilt, hie und da auch die alte Leseart durch eine bessere Auslegung gerettet. Diesen ist der Übersetzer groͤßtentheils gefolgt, doch hat er einige Male die alte von Beyden verworfne Leseart anders erklaͤrt und beybehalten. Luͤcken in der Übersetzung zu lassen, wo die Vermuthungen nicht ganz sicher waͤren, schien ihm durchaus zweckwidrig. Man mag noch so sehr gegen das Ergaͤnzen alter Statuen seyn, so muͤssen doch die abgestoßnen Nasenzipfel angesetzt werden, weil die Gesichter sonst gar zu verschimpft aussehn. Das Emendiren ist uͤberdem eine Ergaͤnzung, die ohne Schaden der Statue wieder abgenommen werden kann, und der Übersetzer verrichtet es nun vollends an einen Gipsabguß. Es kommt weniger darauf an, welche unter zwey doch nicht ganz unaͤhnlichen Beschaffenheiten dieser oder jener Stelle die richtige ist, als auf den Geist und Karakter des Gedichts im Ganzen.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |