Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798.die Vorzüge der seinigen weit überschätzt, und herabwürdigend von ihnen gesprochen. Poesie. Und da sollen wir den Streit schlichten. Wie schlau sie doch sind! Sie befürchteten, wir möchten beyde, aus alter Freundschaft Klopstocks Sachwalterinnen werden; um uns zur Unparteylichkeit zu nöthigen, haben sie uns das Richteramt anvertraut. Grammatik. Wie ist mir? Du bist ja gar nicht, wie ich dich mir aus der Ferne vorgestellt habe. Du redest so schlicht. Poesie. Jch muß wohl, um mich von der poetischen Prosa zu unterscheiden. Doch still! dieß sind vermuthlich die Parteyen. Grammatik. Weswegen kommt ihr? wer seyd ihr? Deutscher. Die andern um Klopstock anzuklagen, ich um ihn zu vertheidigen. Wir sind Repräsentanten unsrer Sprachen. Grammatik. Warum kommen diese nicht selbst? Deutscher. Sie glaubten, es würde euch so besser gefallen. Du, Grammatik, hast es lieber mit den Begriffen selbst als mit ihrer Scheinbelebung zu thun; und du, Poesie, hältst nicht viel auf lustige Begriffpersonen. Poesie. Jch merke, ihr macht die Sitte der Zeit mit: denn das repräsentative System ist in den schönen Künsten wie in der Politik herrschend geworden. Jst kein Repräsentant der Menschheit unter euch? die Vorzuͤge der seinigen weit uͤberschaͤtzt, und herabwuͤrdigend von ihnen gesprochen. Poesie. Und da sollen wir den Streit schlichten. Wie schlau sie doch sind! Sie befuͤrchteten, wir moͤchten beyde, aus alter Freundschaft Klopstocks Sachwalterinnen werden; um uns zur Unparteylichkeit zu noͤthigen, haben sie uns das Richteramt anvertraut. Grammatik. Wie ist mir? Du bist ja gar nicht, wie ich dich mir aus der Ferne vorgestellt habe. Du redest so schlicht. Poesie. Jch muß wohl, um mich von der poetischen Prosa zu unterscheiden. Doch still! dieß sind vermuthlich die Parteyen. Grammatik. Weswegen kommt ihr? wer seyd ihr? Deutscher. Die andern um Klopstock anzuklagen, ich um ihn zu vertheidigen. Wir sind Repraͤsentanten unsrer Sprachen. Grammatik. Warum kommen diese nicht selbst? Deutscher. Sie glaubten, es wuͤrde euch so besser gefallen. Du, Grammatik, hast es lieber mit den Begriffen selbst als mit ihrer Scheinbelebung zu thun; und du, Poesie, haͤltst nicht viel auf lustige Begriffpersonen. Poesie. Jch merke, ihr macht die Sitte der Zeit mit: denn das repraͤsentative System ist in den schoͤnen Kuͤnsten wie in der Politik herrschend geworden. Jst kein Repraͤsentant der Menschheit unter euch? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0016" n="5"/> die Vorzuͤge der seinigen weit uͤberschaͤtzt, und herabwuͤrdigend von ihnen gesprochen.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Poesie</hi>. Und da sollen wir den Streit schlichten. Wie schlau sie doch sind! Sie befuͤrchteten, wir moͤchten beyde, aus alter Freundschaft Klopstocks Sachwalterinnen werden; um uns zur Unparteylichkeit zu noͤthigen, haben sie uns das Richteramt anvertraut.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Grammatik</hi>. Wie ist mir? Du bist ja gar nicht, wie ich dich mir aus der Ferne vorgestellt habe. Du redest so schlicht.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Poesie</hi>. Jch muß wohl, um mich von der poetischen Prosa zu unterscheiden. Doch still! dieß sind vermuthlich die Parteyen.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Grammatik</hi>. Weswegen kommt ihr? wer seyd ihr?</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Deutscher</hi>. Die andern um Klopstock anzuklagen, ich um ihn zu vertheidigen. Wir sind Repraͤsentanten unsrer Sprachen.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Grammatik</hi>. Warum kommen diese nicht selbst?</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Deutscher</hi>. Sie glaubten, es wuͤrde euch so besser gefallen. Du, Grammatik, hast es lieber mit den Begriffen selbst als mit ihrer Scheinbelebung zu thun; und du, Poesie, haͤltst nicht viel auf lustige Begriffpersonen.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Poesie</hi>. Jch merke, ihr macht die Sitte der Zeit mit: denn das repraͤsentative System ist in den schoͤnen Kuͤnsten wie in der Politik herrschend geworden. Jst kein Repraͤsentant der Menschheit unter euch?</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [5/0016]
die Vorzuͤge der seinigen weit uͤberschaͤtzt, und herabwuͤrdigend von ihnen gesprochen.
Poesie. Und da sollen wir den Streit schlichten. Wie schlau sie doch sind! Sie befuͤrchteten, wir moͤchten beyde, aus alter Freundschaft Klopstocks Sachwalterinnen werden; um uns zur Unparteylichkeit zu noͤthigen, haben sie uns das Richteramt anvertraut.
Grammatik. Wie ist mir? Du bist ja gar nicht, wie ich dich mir aus der Ferne vorgestellt habe. Du redest so schlicht.
Poesie. Jch muß wohl, um mich von der poetischen Prosa zu unterscheiden. Doch still! dieß sind vermuthlich die Parteyen.
Grammatik. Weswegen kommt ihr? wer seyd ihr?
Deutscher. Die andern um Klopstock anzuklagen, ich um ihn zu vertheidigen. Wir sind Repraͤsentanten unsrer Sprachen.
Grammatik. Warum kommen diese nicht selbst?
Deutscher. Sie glaubten, es wuͤrde euch so besser gefallen. Du, Grammatik, hast es lieber mit den Begriffen selbst als mit ihrer Scheinbelebung zu thun; und du, Poesie, haͤltst nicht viel auf lustige Begriffpersonen.
Poesie. Jch merke, ihr macht die Sitte der Zeit mit: denn das repraͤsentative System ist in den schoͤnen Kuͤnsten wie in der Politik herrschend geworden. Jst kein Repraͤsentant der Menschheit unter euch?
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