Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798.hing, zeigte das Elend, das zwischen ihr und der Ewigkeit lag. Jhre Stimme war sanft und ernst triumphirend wie der Halleluja Gesang der Engel, ihre Wange stralend von einem sanften Morgenroth u. s. w." So geht es ganze Blätter hindurch. Welche lockende Worte! Könnte man mit Worten allein dichten, so wäre Lafontaine der Mann. Aber aus dem Ganzen ergiebt sich, wie wenig poetischen Sinn sie im Hinterhalt haben, und daß sie höchstens als eine musikalische Verzierung zu betrachten sind. Jean Paul musizirt zuweilen auch so; doch ist es wirklich seine Phantasie die da spielt, nicht bloß eine mechanische Fertigkeit der Hände. Jenes ergreift wieder die Phantasie, und oft nur allzustark; dieses soll unser Herz rühren, allein wie nicht jedem Freunde der Musik die Fertigkeit genügen wird, so möchte sich auch nicht jedes Herz von Lafontaine in Bewegung setzen lassen. Den Verstand hat er nie besonders in Anschlag gebracht; er geht nur immer auf das Herz los, (ein solches, das weder Kopf noch Sinne hat) indessen könnte eben jener, wo er sich mit dem Herzen im Bunde befände, ihm manche Beute abwendig machen, da er weder mit der bloßen Jnnigkeit zu gewinnen, noch mit dem bloßen Schein derselben zu täuschen ist. Das Ende von St. Julien ist zu schwach, um etwas anders als den frommen Wunsch zu erregen, daß alle unschuldig Guillotinirten noch einmal auf dieser Erde so lebendig versammelt werden möchten, wie die Auferstandnen in dieser Familiengeschichte. hing, zeigte das Elend, das zwischen ihr und der Ewigkeit lag. Jhre Stimme war sanft und ernst triumphirend wie der Halleluja Gesang der Engel, ihre Wange stralend von einem sanften Morgenroth u. s. w.“ So geht es ganze Blaͤtter hindurch. Welche lockende Worte! Koͤnnte man mit Worten allein dichten, so waͤre Lafontaine der Mann. Aber aus dem Ganzen ergiebt sich, wie wenig poetischen Sinn sie im Hinterhalt haben, und daß sie hoͤchstens als eine musikalische Verzierung zu betrachten sind. Jean Paul musizirt zuweilen auch so; doch ist es wirklich seine Phantasie die da spielt, nicht bloß eine mechanische Fertigkeit der Haͤnde. Jenes ergreift wieder die Phantasie, und oft nur allzustark; dieses soll unser Herz ruͤhren, allein wie nicht jedem Freunde der Musik die Fertigkeit genuͤgen wird, so moͤchte sich auch nicht jedes Herz von Lafontaine in Bewegung setzen lassen. Den Verstand hat er nie besonders in Anschlag gebracht; er geht nur immer auf das Herz los, (ein solches, das weder Kopf noch Sinne hat) indessen koͤnnte eben jener, wo er sich mit dem Herzen im Bunde befaͤnde, ihm manche Beute abwendig machen, da er weder mit der bloßen Jnnigkeit zu gewinnen, noch mit dem bloßen Schein derselben zu taͤuschen ist. Das Ende von St. Julien ist zu schwach, um etwas anders als den frommen Wunsch zu erregen, daß alle unschuldig Guillotinirten noch einmal auf dieser Erde so lebendig versammelt werden moͤchten, wie die Auferstandnen in dieser Familiengeschichte. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0176" n="165"/> hing, zeigte das Elend, das zwischen ihr und der Ewigkeit lag. Jhre Stimme war sanft und ernst triumphirend wie der Halleluja Gesang der Engel, ihre Wange stralend von einem sanften Morgenroth u. s. w.“ So geht es ganze Blaͤtter hindurch. Welche lockende Worte! Koͤnnte man mit Worten allein dichten, so waͤre Lafontaine der Mann. Aber aus dem Ganzen ergiebt sich, wie wenig poetischen Sinn sie im Hinterhalt haben, und daß sie hoͤchstens als eine musikalische Verzierung zu betrachten sind. Jean Paul musizirt zuweilen auch so; doch ist es wirklich seine Phantasie die da spielt, nicht bloß eine mechanische Fertigkeit der Haͤnde. Jenes ergreift wieder die Phantasie, und oft nur allzustark; dieses soll unser Herz ruͤhren, allein wie nicht jedem Freunde der Musik die Fertigkeit genuͤgen wird, so moͤchte sich auch nicht jedes Herz von Lafontaine in Bewegung setzen lassen. Den Verstand hat er nie besonders in Anschlag gebracht; er geht nur immer auf das Herz los, (ein solches, das weder Kopf noch Sinne hat) indessen koͤnnte eben jener, wo er sich mit dem Herzen im Bunde befaͤnde, ihm manche Beute abwendig machen, da er weder mit der bloßen Jnnigkeit zu gewinnen, noch mit dem bloßen Schein derselben zu taͤuschen ist.</p><lb/> <p>Das Ende von St. Julien ist zu schwach, um etwas anders als den frommen Wunsch zu erregen, daß alle unschuldig Guillotinirten noch einmal auf dieser Erde so lebendig versammelt werden moͤchten, wie die Auferstandnen in dieser Familiengeschichte.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [165/0176]
hing, zeigte das Elend, das zwischen ihr und der Ewigkeit lag. Jhre Stimme war sanft und ernst triumphirend wie der Halleluja Gesang der Engel, ihre Wange stralend von einem sanften Morgenroth u. s. w.“ So geht es ganze Blaͤtter hindurch. Welche lockende Worte! Koͤnnte man mit Worten allein dichten, so waͤre Lafontaine der Mann. Aber aus dem Ganzen ergiebt sich, wie wenig poetischen Sinn sie im Hinterhalt haben, und daß sie hoͤchstens als eine musikalische Verzierung zu betrachten sind. Jean Paul musizirt zuweilen auch so; doch ist es wirklich seine Phantasie die da spielt, nicht bloß eine mechanische Fertigkeit der Haͤnde. Jenes ergreift wieder die Phantasie, und oft nur allzustark; dieses soll unser Herz ruͤhren, allein wie nicht jedem Freunde der Musik die Fertigkeit genuͤgen wird, so moͤchte sich auch nicht jedes Herz von Lafontaine in Bewegung setzen lassen. Den Verstand hat er nie besonders in Anschlag gebracht; er geht nur immer auf das Herz los, (ein solches, das weder Kopf noch Sinne hat) indessen koͤnnte eben jener, wo er sich mit dem Herzen im Bunde befaͤnde, ihm manche Beute abwendig machen, da er weder mit der bloßen Jnnigkeit zu gewinnen, noch mit dem bloßen Schein derselben zu taͤuschen ist.
Das Ende von St. Julien ist zu schwach, um etwas anders als den frommen Wunsch zu erregen, daß alle unschuldig Guillotinirten noch einmal auf dieser Erde so lebendig versammelt werden moͤchten, wie die Auferstandnen in dieser Familiengeschichte.
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