Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798.ihm nicht drein reden darf. Eben so mit dem lehrhaften Schriftsteller. Sie pflegen sich selbst die Kritik zu nennen. Sie schreiben kalt, flach, vornehmthuend und über alle Maßen wäßericht. Natur, Gefühl, Adel und Größe des Geistes sind für sie gar nicht vorhanden, und doch thun sie, als könnten sie diese Dinge vor ihr Richterstühlchen laden. Nachahmungen der ehemaligen Französischen Schönenweltsversemacherey, sind das äußerste Ziel ihrer lauwarmen Bewunderung. Korrektheit gilt ihnen für Tugend. Geschmack ist ihr Jdol; ein Götze dem man nur ohne Freude dienen darf. -- Wer erkennt nicht in diesem Porträt die Priester im Tempel der schönen Wissenschaften, welche von dem Geschlecht sind wie die Priester der Cybele? Ein Fragment muß gleich einem kleinen Kunstwerke von der umgebenden Welt ganz abgesondert und in sich selbst vollendet seyn wie ein Jgel. Die Freygeisterey geht immer in dieser Stufenleiter fort: zuerst wird der Teufel angegriffen, dann der heilige Geist, demnächst der Herr Christus, und zuletzt Gott der Vater. Es giebt Tage wo man sehr glücklich gestimmt ist, und leicht neue Entwürfe machen, sie aber eben so wenig mittheilen, als wirklich etwas hervorbringen kann. Nicht Gedanken sind es; nur Seelen von Gedanken. ihm nicht drein reden darf. Eben so mit dem lehrhaften Schriftsteller. Sie pflegen sich selbst die Kritik zu nennen. Sie schreiben kalt, flach, vornehmthuend und uͤber alle Maßen waͤßericht. Natur, Gefuͤhl, Adel und Groͤße des Geistes sind fuͤr sie gar nicht vorhanden, und doch thun sie, als koͤnnten sie diese Dinge vor ihr Richterstuͤhlchen laden. Nachahmungen der ehemaligen Franzoͤsischen Schoͤnenweltsversemacherey, sind das aͤußerste Ziel ihrer lauwarmen Bewunderung. Korrektheit gilt ihnen fuͤr Tugend. Geschmack ist ihr Jdol; ein Goͤtze dem man nur ohne Freude dienen darf. — Wer erkennt nicht in diesem Portraͤt die Priester im Tempel der schoͤnen Wissenschaften, welche von dem Geschlecht sind wie die Priester der Cybele? Ein Fragment muß gleich einem kleinen Kunstwerke von der umgebenden Welt ganz abgesondert und in sich selbst vollendet seyn wie ein Jgel. Die Freygeisterey geht immer in dieser Stufenleiter fort: zuerst wird der Teufel angegriffen, dann der heilige Geist, demnaͤchst der Herr Christus, und zuletzt Gott der Vater. Es giebt Tage wo man sehr gluͤcklich gestimmt ist, und leicht neue Entwuͤrfe machen, sie aber eben so wenig mittheilen, als wirklich etwas hervorbringen kann. Nicht Gedanken sind es; nur Seelen von Gedanken. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0243" n="54"/> ihm nicht drein reden darf. Eben so mit dem lehrhaften Schriftsteller.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Sie pflegen sich selbst die Kritik zu nennen. Sie schreiben kalt, flach, vornehmthuend und uͤber alle Maßen waͤßericht. Natur, Gefuͤhl, Adel und Groͤße des Geistes sind fuͤr sie gar nicht vorhanden, und doch thun sie, als koͤnnten sie diese Dinge vor ihr Richterstuͤhlchen laden. Nachahmungen der ehemaligen Franzoͤsischen Schoͤnenweltsversemacherey, sind das aͤußerste Ziel ihrer lauwarmen Bewunderung. Korrektheit gilt ihnen fuͤr Tugend. Geschmack ist ihr Jdol; ein Goͤtze dem man nur ohne Freude dienen darf. — Wer erkennt nicht in diesem Portraͤt die Priester im Tempel der schoͤnen Wissenschaften, welche von dem Geschlecht sind wie die Priester der Cybele?</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Ein Fragment muß gleich einem kleinen Kunstwerke von der umgebenden Welt ganz abgesondert und in sich selbst vollendet seyn wie ein Jgel.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Die Freygeisterey geht immer in dieser Stufenleiter fort: zuerst wird der Teufel angegriffen, dann der heilige Geist, demnaͤchst der Herr Christus, und zuletzt Gott der Vater.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Es giebt Tage wo man sehr gluͤcklich gestimmt ist, und leicht neue Entwuͤrfe machen, sie aber eben so wenig mittheilen, als wirklich etwas hervorbringen kann. Nicht Gedanken sind es; nur Seelen von Gedanken.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [54/0243]
ihm nicht drein reden darf. Eben so mit dem lehrhaften Schriftsteller.
Sie pflegen sich selbst die Kritik zu nennen. Sie schreiben kalt, flach, vornehmthuend und uͤber alle Maßen waͤßericht. Natur, Gefuͤhl, Adel und Groͤße des Geistes sind fuͤr sie gar nicht vorhanden, und doch thun sie, als koͤnnten sie diese Dinge vor ihr Richterstuͤhlchen laden. Nachahmungen der ehemaligen Franzoͤsischen Schoͤnenweltsversemacherey, sind das aͤußerste Ziel ihrer lauwarmen Bewunderung. Korrektheit gilt ihnen fuͤr Tugend. Geschmack ist ihr Jdol; ein Goͤtze dem man nur ohne Freude dienen darf. — Wer erkennt nicht in diesem Portraͤt die Priester im Tempel der schoͤnen Wissenschaften, welche von dem Geschlecht sind wie die Priester der Cybele?
Ein Fragment muß gleich einem kleinen Kunstwerke von der umgebenden Welt ganz abgesondert und in sich selbst vollendet seyn wie ein Jgel.
Die Freygeisterey geht immer in dieser Stufenleiter fort: zuerst wird der Teufel angegriffen, dann der heilige Geist, demnaͤchst der Herr Christus, und zuletzt Gott der Vater.
Es giebt Tage wo man sehr gluͤcklich gestimmt ist, und leicht neue Entwuͤrfe machen, sie aber eben so wenig mittheilen, als wirklich etwas hervorbringen kann. Nicht Gedanken sind es; nur Seelen von Gedanken.
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