Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798.Faktum, das also nicht in einem System historisch dargestellt, sondern nur durch divinatorische Kritik charakterisirt werden kann. Der revoluzionäre Wunsch, das Reich Gottes zu realisiren, ist der elastische Punkt der progressiven Bildung, und der Anfang der modernen Geschichte. Was in gar keiner Beziehung auf's Reich Gottes steht, ist in ihr nur Nebensache. Die sogenannte Staatenhistorie, welche nichts ist als eine genetische Definizion vom Phänomen des gegenwärtigen politischen Zustandes einer Nazion, kann nicht für eine reine Kunst oder Wissenschaft gelten. Sie ist ein wissenschaftliches Gewerbe, das durch Freymüthigkeit und Opposizion gegen Faustrecht und Mode geadelt werden kann. Auch die Universalhistorie wird sophistisch, sobald sie dem Geiste der allgemeinen Bildung der ganzen Menschheit irgend etwas vorzieht, wäre auch eine moralische Jdee das heteronomische Prinzip, so bald sie für eine Seite des historischen Universums Parthey nimmt; und nichts stört mehr in einer historischen Darstellung als rhetorische Seitenblicke und Nutzanwendungen. Johannes Müller thut in seiner Geschichte oft Blicke aus der Schweiz in die Weltgeschichte; seltner aber betrachtet er die Schweiz mit dem Auge eines Weltbürgers. Faktum, das also nicht in einem System historisch dargestellt, sondern nur durch divinatorische Kritik charakterisirt werden kann. Der revoluzionaͤre Wunsch, das Reich Gottes zu realisiren, ist der elastische Punkt der progressiven Bildung, und der Anfang der modernen Geschichte. Was in gar keiner Beziehung auf's Reich Gottes steht, ist in ihr nur Nebensache. Die sogenannte Staatenhistorie, welche nichts ist als eine genetische Definizion vom Phaͤnomen des gegenwaͤrtigen politischen Zustandes einer Nazion, kann nicht fuͤr eine reine Kunst oder Wissenschaft gelten. Sie ist ein wissenschaftliches Gewerbe, das durch Freymuͤthigkeit und Opposizion gegen Faustrecht und Mode geadelt werden kann. Auch die Universalhistorie wird sophistisch, sobald sie dem Geiste der allgemeinen Bildung der ganzen Menschheit irgend etwas vorzieht, waͤre auch eine moralische Jdee das heteronomische Prinzip, so bald sie fuͤr eine Seite des historischen Universums Parthey nimmt; und nichts stoͤrt mehr in einer historischen Darstellung als rhetorische Seitenblicke und Nutzanwendungen. Johannes Muͤller thut in seiner Geschichte oft Blicke aus der Schweiz in die Weltgeschichte; seltner aber betrachtet er die Schweiz mit dem Auge eines Weltbuͤrgers. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0249" n="60"/> Faktum, das also nicht in einem System historisch dargestellt, sondern nur durch divinatorische Kritik charakterisirt werden kann.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Der revoluzionaͤre Wunsch, das Reich Gottes zu realisiren, ist der elastische Punkt der progressiven Bildung, und der Anfang der modernen Geschichte. Was in gar keiner Beziehung auf's Reich Gottes steht, ist in ihr nur Nebensache.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Die sogenannte Staatenhistorie, welche nichts ist als eine genetische Definizion vom Phaͤnomen des gegenwaͤrtigen politischen Zustandes einer Nazion, kann nicht fuͤr eine reine Kunst oder Wissenschaft gelten. Sie ist ein wissenschaftliches Gewerbe, das durch Freymuͤthigkeit und Opposizion gegen Faustrecht und Mode geadelt werden kann. Auch die Universalhistorie wird sophistisch, sobald sie dem Geiste der allgemeinen Bildung der ganzen Menschheit irgend etwas vorzieht, waͤre auch eine moralische Jdee das heteronomische Prinzip, so bald sie fuͤr eine Seite des historischen Universums Parthey nimmt; und nichts stoͤrt mehr in einer historischen Darstellung als rhetorische Seitenblicke und Nutzanwendungen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Johannes Muͤller thut in seiner Geschichte oft Blicke aus der Schweiz in die Weltgeschichte; seltner aber betrachtet er die Schweiz mit dem Auge eines Weltbuͤrgers.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [60/0249]
Faktum, das also nicht in einem System historisch dargestellt, sondern nur durch divinatorische Kritik charakterisirt werden kann.
Der revoluzionaͤre Wunsch, das Reich Gottes zu realisiren, ist der elastische Punkt der progressiven Bildung, und der Anfang der modernen Geschichte. Was in gar keiner Beziehung auf's Reich Gottes steht, ist in ihr nur Nebensache.
Die sogenannte Staatenhistorie, welche nichts ist als eine genetische Definizion vom Phaͤnomen des gegenwaͤrtigen politischen Zustandes einer Nazion, kann nicht fuͤr eine reine Kunst oder Wissenschaft gelten. Sie ist ein wissenschaftliches Gewerbe, das durch Freymuͤthigkeit und Opposizion gegen Faustrecht und Mode geadelt werden kann. Auch die Universalhistorie wird sophistisch, sobald sie dem Geiste der allgemeinen Bildung der ganzen Menschheit irgend etwas vorzieht, waͤre auch eine moralische Jdee das heteronomische Prinzip, so bald sie fuͤr eine Seite des historischen Universums Parthey nimmt; und nichts stoͤrt mehr in einer historischen Darstellung als rhetorische Seitenblicke und Nutzanwendungen.
Johannes Muͤller thut in seiner Geschichte oft Blicke aus der Schweiz in die Weltgeschichte; seltner aber betrachtet er die Schweiz mit dem Auge eines Weltbuͤrgers.
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