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Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798.

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Der platte Mensch beurtheilt alle andre Menschen wie Menschen, behandelt sie aber wie Sachen, und begreift es durchaus nicht, daß sie andre Menschen sind als er.



Man betrachtet die kritische Philosophie immer so als ob sie vom Himmel gefallen wäre. Sie hätte auch ohne Kant in Deutschland entstehn müssen, und es auf viele Weisen können. Doch ists so besser.



Transcendental ist was in der Höhe ist, seyn soll und kann: transcendent ist, was in die Höhe will, und nicht kann oder nicht soll. Es wäre Lästerung und Unsinn zu glauben, die Menschheit könne ihren Zweck überschreiten, ihre Kräfte überspringen, oder die Philosophie dürfe irgend etwas nicht, was sie will und also soll.



Wenn jede rein willkührliche oder rein zufällige Verknüpfung von Form und Materie grotesk ist: so hat auch die Philosophie Grotesken wie die Poesie; nur weiß sie weniger darum, und hat den Schlüssel zu ihrer eignen esoterischen Geschichte noch nicht finden können. Sie hat Werke, die ein Gewebe von moralischen Dissonanzen sind, aus denen man die Desorganisazion lernen könnte, oder wo die Konfusion ordentlich konstruirt und symmetrisch ist. Manches philosophische Kunstchaos der Art hat Festigkeit genug gehabt, eine Gothische Kirche zu überleben. Jn unserem Jahrhundert hat man auch in den Wissenschaften

Der platte Mensch beurtheilt alle andre Menschen wie Menschen, behandelt sie aber wie Sachen, und begreift es durchaus nicht, daß sie andre Menschen sind als er.



Man betrachtet die kritische Philosophie immer so als ob sie vom Himmel gefallen waͤre. Sie haͤtte auch ohne Kant in Deutschland entstehn muͤssen, und es auf viele Weisen koͤnnen. Doch ists so besser.



Transcendental ist was in der Hoͤhe ist, seyn soll und kann: transcendent ist, was in die Hoͤhe will, und nicht kann oder nicht soll. Es waͤre Laͤsterung und Unsinn zu glauben, die Menschheit koͤnne ihren Zweck uͤberschreiten, ihre Kraͤfte uͤberspringen, oder die Philosophie duͤrfe irgend etwas nicht, was sie will und also soll.



Wenn jede rein willkuͤhrliche oder rein zufaͤllige Verknuͤpfung von Form und Materie grotesk ist: so hat auch die Philosophie Grotesken wie die Poesie; nur weiß sie weniger darum, und hat den Schluͤssel zu ihrer eignen esoterischen Geschichte noch nicht finden koͤnnen. Sie hat Werke, die ein Gewebe von moralischen Dissonanzen sind, aus denen man die Desorganisazion lernen koͤnnte, oder wo die Konfusion ordentlich konstruirt und symmetrisch ist. Manches philosophische Kunstchaos der Art hat Festigkeit genug gehabt, eine Gothische Kirche zu uͤberleben. Jn unserem Jahrhundert hat man auch in den Wissenschaften

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[119/0308] Der platte Mensch beurtheilt alle andre Menschen wie Menschen, behandelt sie aber wie Sachen, und begreift es durchaus nicht, daß sie andre Menschen sind als er. Man betrachtet die kritische Philosophie immer so als ob sie vom Himmel gefallen waͤre. Sie haͤtte auch ohne Kant in Deutschland entstehn muͤssen, und es auf viele Weisen koͤnnen. Doch ists so besser. Transcendental ist was in der Hoͤhe ist, seyn soll und kann: transcendent ist, was in die Hoͤhe will, und nicht kann oder nicht soll. Es waͤre Laͤsterung und Unsinn zu glauben, die Menschheit koͤnne ihren Zweck uͤberschreiten, ihre Kraͤfte uͤberspringen, oder die Philosophie duͤrfe irgend etwas nicht, was sie will und also soll. Wenn jede rein willkuͤhrliche oder rein zufaͤllige Verknuͤpfung von Form und Materie grotesk ist: so hat auch die Philosophie Grotesken wie die Poesie; nur weiß sie weniger darum, und hat den Schluͤssel zu ihrer eignen esoterischen Geschichte noch nicht finden koͤnnen. Sie hat Werke, die ein Gewebe von moralischen Dissonanzen sind, aus denen man die Desorganisazion lernen koͤnnte, oder wo die Konfusion ordentlich konstruirt und symmetrisch ist. Manches philosophische Kunstchaos der Art hat Festigkeit genug gehabt, eine Gothische Kirche zu uͤberleben. Jn unserem Jahrhundert hat man auch in den Wissenschaften

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Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1798/308>, abgerufen am 22.11.2024.