Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798.mit Louvets Pohlen und gehören mit zu den falschen Tendenzen, deren er so viele hat. Dahin gehören auch die Frauen, die Philosophie, die Jungfrau Maria, die Zierlichkeit, die idealischen Visionen und die Selbstbeurtheilung. Seine Frauen haben rothe Augen und sind Exempel, Gliederfrauen zu psychologischmoralischen Reflexionen über die Weiblichkeit oder über die Schwärmerey. Überhaupt läßt er sich fast nie herab, die Personen darzustellen; genug daß er sie sich denkt, und zuweilen eine treffende Bemerkung über sie sagt. So hält ers mit den passiven Humoristen, den Menschen, die eigentlich nur humoristische Sachen sind: die aktiven erscheinen auch selbständiger, aber sie haben eine zu starke Familienähnlichkeit unter sich und mit dem Autor, als daß man ihnen dieß für ein Verdienst anrechnen dürfte. Sein Schmuck besteht in bleyernen Arabesken im Nürnberger Styl. Hier ist die an Armuth gränzende Monotonie seiner Fantasie und seines Geistes am auffallendsten: aber hier ist auch seine anziehende Schwerfälligkeit zu Hause, und seine pikante Geschmacklosigkeit, an der nur das zu tadeln ist, daß er nicht um sie zu wissen scheint. Seine Madonna ist eine empfindsame Küstersfrau, und Christus erscheint wie ein aufgeklärter Candidat. Je moralischer seine poetischen Rembrandts sind, desto mittelmäßiger und gemeiner; je komischer, je näher dem Bessern; je dithyrambischer und je kleinstädtischer, desto göttlicher: denn seine Ansicht des Kleinstädtischen ist vorzüglich gottesstädtisch. Seine humoristische Poesie sondert sich immer mit Louvets Pohlen und gehoͤren mit zu den falschen Tendenzen, deren er so viele hat. Dahin gehoͤren auch die Frauen, die Philosophie, die Jungfrau Maria, die Zierlichkeit, die idealischen Visionen und die Selbstbeurtheilung. Seine Frauen haben rothe Augen und sind Exempel, Gliederfrauen zu psychologischmoralischen Reflexionen uͤber die Weiblichkeit oder uͤber die Schwaͤrmerey. Überhaupt laͤßt er sich fast nie herab, die Personen darzustellen; genug daß er sie sich denkt, und zuweilen eine treffende Bemerkung uͤber sie sagt. So haͤlt ers mit den passiven Humoristen, den Menschen, die eigentlich nur humoristische Sachen sind: die aktiven erscheinen auch selbstaͤndiger, aber sie haben eine zu starke Familienaͤhnlichkeit unter sich und mit dem Autor, als daß man ihnen dieß fuͤr ein Verdienst anrechnen duͤrfte. Sein Schmuck besteht in bleyernen Arabesken im Nuͤrnberger Styl. Hier ist die an Armuth graͤnzende Monotonie seiner Fantasie und seines Geistes am auffallendsten: aber hier ist auch seine anziehende Schwerfaͤlligkeit zu Hause, und seine pikante Geschmacklosigkeit, an der nur das zu tadeln ist, daß er nicht um sie zu wissen scheint. Seine Madonna ist eine empfindsame Kuͤstersfrau, und Christus erscheint wie ein aufgeklaͤrter Candidat. Je moralischer seine poetischen Rembrandts sind, desto mittelmaͤßiger und gemeiner; je komischer, je naͤher dem Bessern; je dithyrambischer und je kleinstaͤdtischer, desto goͤttlicher: denn seine Ansicht des Kleinstaͤdtischen ist vorzuͤglich gottesstaͤdtisch. Seine humoristische Poesie sondert sich immer <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0321" n="132"/> mit Louvets Pohlen und gehoͤren mit zu den falschen Tendenzen, deren er so viele hat. Dahin gehoͤren auch die Frauen, die Philosophie, die Jungfrau Maria, die Zierlichkeit, die idealischen Visionen und die Selbstbeurtheilung. Seine Frauen haben rothe Augen und sind Exempel, Gliederfrauen zu psychologischmoralischen Reflexionen uͤber die Weiblichkeit oder uͤber die Schwaͤrmerey. Überhaupt laͤßt er sich fast nie herab, die Personen darzustellen; genug daß er sie sich denkt, und zuweilen eine treffende Bemerkung uͤber sie sagt. So haͤlt ers mit den passiven Humoristen, den Menschen, die eigentlich nur humoristische Sachen sind: die aktiven erscheinen auch selbstaͤndiger, aber sie haben eine zu starke Familienaͤhnlichkeit unter sich und mit dem Autor, als daß man ihnen dieß fuͤr ein Verdienst anrechnen duͤrfte. Sein Schmuck besteht in bleyernen Arabesken im Nuͤrnberger Styl. Hier ist die an Armuth graͤnzende Monotonie seiner Fantasie und seines Geistes am auffallendsten: aber hier ist auch seine anziehende Schwerfaͤlligkeit zu Hause, und seine pikante Geschmacklosigkeit, an der nur das zu tadeln ist, daß er nicht um sie zu wissen scheint. Seine Madonna ist eine empfindsame Kuͤstersfrau, und Christus erscheint wie ein aufgeklaͤrter Candidat. Je moralischer seine poetischen Rembrandts sind, desto mittelmaͤßiger und gemeiner; je komischer, je naͤher dem Bessern; je dithyrambischer und je kleinstaͤdtischer, desto goͤttlicher: denn seine Ansicht des Kleinstaͤdtischen ist vorzuͤglich gottesstaͤdtisch. Seine humoristische Poesie sondert sich immer<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [132/0321]
mit Louvets Pohlen und gehoͤren mit zu den falschen Tendenzen, deren er so viele hat. Dahin gehoͤren auch die Frauen, die Philosophie, die Jungfrau Maria, die Zierlichkeit, die idealischen Visionen und die Selbstbeurtheilung. Seine Frauen haben rothe Augen und sind Exempel, Gliederfrauen zu psychologischmoralischen Reflexionen uͤber die Weiblichkeit oder uͤber die Schwaͤrmerey. Überhaupt laͤßt er sich fast nie herab, die Personen darzustellen; genug daß er sie sich denkt, und zuweilen eine treffende Bemerkung uͤber sie sagt. So haͤlt ers mit den passiven Humoristen, den Menschen, die eigentlich nur humoristische Sachen sind: die aktiven erscheinen auch selbstaͤndiger, aber sie haben eine zu starke Familienaͤhnlichkeit unter sich und mit dem Autor, als daß man ihnen dieß fuͤr ein Verdienst anrechnen duͤrfte. Sein Schmuck besteht in bleyernen Arabesken im Nuͤrnberger Styl. Hier ist die an Armuth graͤnzende Monotonie seiner Fantasie und seines Geistes am auffallendsten: aber hier ist auch seine anziehende Schwerfaͤlligkeit zu Hause, und seine pikante Geschmacklosigkeit, an der nur das zu tadeln ist, daß er nicht um sie zu wissen scheint. Seine Madonna ist eine empfindsame Kuͤstersfrau, und Christus erscheint wie ein aufgeklaͤrter Candidat. Je moralischer seine poetischen Rembrandts sind, desto mittelmaͤßiger und gemeiner; je komischer, je naͤher dem Bessern; je dithyrambischer und je kleinstaͤdtischer, desto goͤttlicher: denn seine Ansicht des Kleinstaͤdtischen ist vorzuͤglich gottesstaͤdtisch. Seine humoristische Poesie sondert sich immer
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