Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798.die so oft nicht bloß mehr Erfahrung und Verstand, sondern auch mehr Lebenskraft und Einheit haben, als viele sogenannte Menschen oder Grammatiker, mit Ehrfurcht und Liebe interessiren und sie bey Gelegenheit gern verjüngen. Ganz ohne Rücksicht auf den Jnhalt ist der Fürstenspiegel sehr schätzbar als ein Muster des guten Tons in geschriebner Konversazion, wie die deutsche Prosa nur wenige aufzuweisen hat, aus denen der Autor, der die Philosophie und das gesellschaftliche Leben en rapport setzen will, lernen muß, wie man das Dekorum der Konvenzion zum Anstand der Natur adelt. So sollte eigentlich jeder schreiben können, der Veranlassung findet, etwas drucken zu lassen, ohne darum eben ein Autor seyn zu wollen. Wie kann eine Wissenschaft auf wissenschaftliche Strenge und Vollendung Anspruch machen, die meistens in usum delphini oder nach dem System der gelegenheitlichen Ursachen angeordnet und eingetheilt ist, wie die Mathematik? Urbanität ist der Witz der harmonischen Universalität, und diese ist das Eins und Alles der historischen Philosophie und Plato's höchste Musik. Die Humaniora sind die Gymnastik dieser Kunst und Wissenschaft. die so oft nicht bloß mehr Erfahrung und Verstand, sondern auch mehr Lebenskraft und Einheit haben, als viele sogenannte Menschen oder Grammatiker, mit Ehrfurcht und Liebe interessiren und sie bey Gelegenheit gern verjuͤngen. Ganz ohne Ruͤcksicht auf den Jnhalt ist der Fuͤrstenspiegel sehr schaͤtzbar als ein Muster des guten Tons in geschriebner Konversazion, wie die deutsche Prosa nur wenige aufzuweisen hat, aus denen der Autor, der die Philosophie und das gesellschaftliche Leben en rapport setzen will, lernen muß, wie man das Dekorum der Konvenzion zum Anstand der Natur adelt. So sollte eigentlich jeder schreiben koͤnnen, der Veranlassung findet, etwas drucken zu lassen, ohne darum eben ein Autor seyn zu wollen. Wie kann eine Wissenschaft auf wissenschaftliche Strenge und Vollendung Anspruch machen, die meistens in usum delphini oder nach dem System der gelegenheitlichen Ursachen angeordnet und eingetheilt ist, wie die Mathematik? Urbanitaͤt ist der Witz der harmonischen Universalitaͤt, und diese ist das Eins und Alles der historischen Philosophie und Plato's hoͤchste Musik. Die Humaniora sind die Gymnastik dieser Kunst und Wissenschaft. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0331" n="142"/> die so oft nicht bloß mehr Erfahrung und Verstand, sondern auch mehr Lebenskraft und Einheit haben, als viele sogenannte Menschen oder Grammatiker, mit Ehrfurcht und Liebe interessiren und sie bey Gelegenheit gern verjuͤngen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Ganz ohne Ruͤcksicht auf den Jnhalt ist der Fuͤrstenspiegel sehr schaͤtzbar als ein Muster des guten Tons in geschriebner Konversazion, wie die deutsche Prosa nur wenige aufzuweisen hat, aus denen der Autor, der die Philosophie und das gesellschaftliche Leben <foreign xml:lang="fr">en rapport</foreign> setzen will, lernen muß, wie man das Dekorum der Konvenzion zum Anstand der Natur adelt. So sollte eigentlich jeder schreiben koͤnnen, der Veranlassung findet, etwas drucken zu lassen, ohne darum eben ein Autor seyn zu wollen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Wie kann eine Wissenschaft auf wissenschaftliche Strenge und Vollendung Anspruch machen, die meistens <foreign xml:lang="la">in usum delphini</foreign> oder nach dem System der gelegenheitlichen Ursachen angeordnet und eingetheilt ist, wie die Mathematik?</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Urbanitaͤt ist der Witz der harmonischen Universalitaͤt, und diese ist das Eins und Alles der historischen Philosophie und Plato's hoͤchste Musik. Die Humaniora sind die Gymnastik dieser Kunst und Wissenschaft.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [142/0331]
die so oft nicht bloß mehr Erfahrung und Verstand, sondern auch mehr Lebenskraft und Einheit haben, als viele sogenannte Menschen oder Grammatiker, mit Ehrfurcht und Liebe interessiren und sie bey Gelegenheit gern verjuͤngen.
Ganz ohne Ruͤcksicht auf den Jnhalt ist der Fuͤrstenspiegel sehr schaͤtzbar als ein Muster des guten Tons in geschriebner Konversazion, wie die deutsche Prosa nur wenige aufzuweisen hat, aus denen der Autor, der die Philosophie und das gesellschaftliche Leben en rapport setzen will, lernen muß, wie man das Dekorum der Konvenzion zum Anstand der Natur adelt. So sollte eigentlich jeder schreiben koͤnnen, der Veranlassung findet, etwas drucken zu lassen, ohne darum eben ein Autor seyn zu wollen.
Wie kann eine Wissenschaft auf wissenschaftliche Strenge und Vollendung Anspruch machen, die meistens in usum delphini oder nach dem System der gelegenheitlichen Ursachen angeordnet und eingetheilt ist, wie die Mathematik?
Urbanitaͤt ist der Witz der harmonischen Universalitaͤt, und diese ist das Eins und Alles der historischen Philosophie und Plato's hoͤchste Musik. Die Humaniora sind die Gymnastik dieser Kunst und Wissenschaft.
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