Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798.von der Art, die sich ernsthaft anläßt und drollig entwickelt, begegnet, in welchem er den Widerschein seines eignen Unternehmens, freylich nicht auf die vorteilhafteste Weise abgebildet, erblickt, ohne daß ihn dieß seiner Schwärmerey untreu machen könnte. Unvermerkt ist indeß die Erzählung lebhafter und leidenschaftlicher geworden, und in der warmen Nacht, wo Wilhelm, sich einer ewigen Verbindung mit seiner Mariane so nahe wähnend, liebevoll um ihre Wohnung schwärmt, steigt die heiße Sehnsucht, die sich in sich selbst zu verlieren, im Genuß ihrer eignen Töne zu lindern und zu erquicken scheint, aufs äußerste, bis die Gluth durch die traurige Gewißheit und Norbergs niedrigen Brief plötzlich gelöscht, und die ganze schöne Gedankenwelt des liebenden Jünglings mit einem Streich vernichtet wird. Mit diesem so harten Mißlaut schließt das erste Buch, dessen Ende einer geistigen Musik gleicht, wo die verschiedensten Stimmen, wie eben so viele einladende Anklänge aus der neuen Welt, deren Wunder sich vor uns entfalten sollen, rasch und heftig wechseln; und der schneidende Abstich kann die erst weniger, dann mehr als man erwartete, gereizte Spannung mit einem Zusatz von Ungeduld heilsam würzen, ohne doch je den ruhigsten Genuß des Gegenwärtigen zu stören, oder auch die feinsten Züge der Nebenausbildung, die leisesten Winke der Wahrnehmung zu entziehn, die jeden Blick, jede Miene des durch das Werk sichtbaren Dichtergeistes zu verstehen wünscht. Damit aber nicht bloß das Gefühl in ein leeres von der Art, die sich ernsthaft anlaͤßt und drollig entwickelt, begegnet, in welchem er den Widerschein seines eignen Unternehmens, freylich nicht auf die vorteilhafteste Weise abgebildet, erblickt, ohne daß ihn dieß seiner Schwaͤrmerey untreu machen koͤnnte. Unvermerkt ist indeß die Erzaͤhlung lebhafter und leidenschaftlicher geworden, und in der warmen Nacht, wo Wilhelm, sich einer ewigen Verbindung mit seiner Mariane so nahe waͤhnend, liebevoll um ihre Wohnung schwaͤrmt, steigt die heiße Sehnsucht, die sich in sich selbst zu verlieren, im Genuß ihrer eignen Toͤne zu lindern und zu erquicken scheint, aufs aͤußerste, bis die Gluth durch die traurige Gewißheit und Norbergs niedrigen Brief ploͤtzlich geloͤscht, und die ganze schoͤne Gedankenwelt des liebenden Juͤnglings mit einem Streich vernichtet wird. Mit diesem so harten Mißlaut schließt das erste Buch, dessen Ende einer geistigen Musik gleicht, wo die verschiedensten Stimmen, wie eben so viele einladende Anklaͤnge aus der neuen Welt, deren Wunder sich vor uns entfalten sollen, rasch und heftig wechseln; und der schneidende Abstich kann die erst weniger, dann mehr als man erwartete, gereizte Spannung mit einem Zusatz von Ungeduld heilsam wuͤrzen, ohne doch je den ruhigsten Genuß des Gegenwaͤrtigen zu stoͤren, oder auch die feinsten Zuͤge der Nebenausbildung, die leisesten Winke der Wahrnehmung zu entziehn, die jeden Blick, jede Miene des durch das Werk sichtbaren Dichtergeistes zu verstehen wuͤnscht. Damit aber nicht bloß das Gefuͤhl in ein leeres <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0339" n="150"/> von der Art, die sich ernsthaft anlaͤßt und drollig entwickelt, begegnet, in welchem er den Widerschein seines eignen Unternehmens, freylich nicht auf die vorteilhafteste Weise abgebildet, erblickt, ohne daß ihn dieß seiner Schwaͤrmerey untreu machen koͤnnte. Unvermerkt ist indeß die Erzaͤhlung lebhafter und leidenschaftlicher geworden, und in der warmen Nacht, wo Wilhelm, sich einer ewigen Verbindung mit seiner Mariane so nahe waͤhnend, liebevoll um ihre Wohnung schwaͤrmt, steigt die heiße Sehnsucht, die sich in sich selbst zu verlieren, im Genuß ihrer eignen Toͤne zu lindern und zu erquicken scheint, aufs aͤußerste, bis die Gluth durch die traurige Gewißheit und Norbergs niedrigen Brief ploͤtzlich geloͤscht, und die ganze schoͤne Gedankenwelt des liebenden Juͤnglings mit einem Streich vernichtet wird.</p><lb/> <p>Mit diesem so harten Mißlaut schließt das erste Buch, dessen Ende einer geistigen Musik gleicht, wo die verschiedensten Stimmen, wie eben so viele einladende Anklaͤnge aus der neuen Welt, deren Wunder sich vor uns entfalten sollen, rasch und heftig wechseln; und der schneidende Abstich kann die erst weniger, dann mehr als man erwartete, gereizte Spannung mit einem Zusatz von Ungeduld heilsam wuͤrzen, ohne doch je den ruhigsten Genuß des Gegenwaͤrtigen zu stoͤren, oder auch die feinsten Zuͤge der Nebenausbildung, die leisesten Winke der Wahrnehmung zu entziehn, die jeden Blick, jede Miene des durch das Werk sichtbaren Dichtergeistes zu verstehen wuͤnscht.</p><lb/> <p>Damit aber nicht bloß das Gefuͤhl in ein leeres<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [150/0339]
von der Art, die sich ernsthaft anlaͤßt und drollig entwickelt, begegnet, in welchem er den Widerschein seines eignen Unternehmens, freylich nicht auf die vorteilhafteste Weise abgebildet, erblickt, ohne daß ihn dieß seiner Schwaͤrmerey untreu machen koͤnnte. Unvermerkt ist indeß die Erzaͤhlung lebhafter und leidenschaftlicher geworden, und in der warmen Nacht, wo Wilhelm, sich einer ewigen Verbindung mit seiner Mariane so nahe waͤhnend, liebevoll um ihre Wohnung schwaͤrmt, steigt die heiße Sehnsucht, die sich in sich selbst zu verlieren, im Genuß ihrer eignen Toͤne zu lindern und zu erquicken scheint, aufs aͤußerste, bis die Gluth durch die traurige Gewißheit und Norbergs niedrigen Brief ploͤtzlich geloͤscht, und die ganze schoͤne Gedankenwelt des liebenden Juͤnglings mit einem Streich vernichtet wird.
Mit diesem so harten Mißlaut schließt das erste Buch, dessen Ende einer geistigen Musik gleicht, wo die verschiedensten Stimmen, wie eben so viele einladende Anklaͤnge aus der neuen Welt, deren Wunder sich vor uns entfalten sollen, rasch und heftig wechseln; und der schneidende Abstich kann die erst weniger, dann mehr als man erwartete, gereizte Spannung mit einem Zusatz von Ungeduld heilsam wuͤrzen, ohne doch je den ruhigsten Genuß des Gegenwaͤrtigen zu stoͤren, oder auch die feinsten Zuͤge der Nebenausbildung, die leisesten Winke der Wahrnehmung zu entziehn, die jeden Blick, jede Miene des durch das Werk sichtbaren Dichtergeistes zu verstehen wuͤnscht.
Damit aber nicht bloß das Gefuͤhl in ein leeres
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |