Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798.De la misere gente, che peria Nel fondo per cagion de la sua guida, Jstranamente concordar s'udia Col fiero suon de la fiamma omicida. Deutscher. Sogleich. Poesie. Jch rathe dir nicht, Deutscher, dich auf diesen Wettstreit einzulassen. Du kannst zwar leicht Stellen aus deinen Dichtern anführen, die einen weit stärkern rythmischen Ausdruck ähnlicher Gegenstände haben, wiewohl auch darin die angeführten Zeilen sehr schön sind: allein hier gilt es bloß die Stärke des Klanges, worin deine Sprache wegen der Beschaffenheit ihrer Vokale besonders derer in den kurzen Sylben zu weit nachsteht. Grieche. So ist es. Es fehlt ihr nicht nur an dem rechten Verhältniß zwischen Vokalen und Konsonanten; sie gebraucht von den letzten über anderthalb Mal mehr als das Griechische: sondern ihre wenigeren Vokale sind obendrein nicht die rechten. Man kann Verse, ja ganze Strophen durchwandern, ohne auf ein einziges A zu stoßen, aber fast nie einen, ohne zu oft von dem E heimgesucht zu werden. Deutscher. Jch konnte es voraussehn, daß ihr mich von Seiten der Euphomie angreifen würdet: von der weit wichtigeren Eurhythmie schweigt ihr, weil ihr hier meine Uberlegenheit kennt. Jene ist, wo der Klang nicht ausdrückt, nur das sinnlich Angenehme; diese das eigentlich Schöne. Grieche. Jch gebe dir dieß nicht ohne Einschränkung zu: denn auch im Klange der Sylben und De la misere gente, che peria Nel fondo per cagion de la sua guida, Jstranamente concordar s'udia Col fiero suon de la fiamma omicida. Deutscher. Sogleich. Poesie. Jch rathe dir nicht, Deutscher, dich auf diesen Wettstreit einzulassen. Du kannst zwar leicht Stellen aus deinen Dichtern anfuͤhren, die einen weit staͤrkern rythmischen Ausdruck aͤhnlicher Gegenstaͤnde haben, wiewohl auch darin die angefuͤhrten Zeilen sehr schoͤn sind: allein hier gilt es bloß die Staͤrke des Klanges, worin deine Sprache wegen der Beschaffenheit ihrer Vokale besonders derer in den kurzen Sylben zu weit nachsteht. Grieche. So ist es. Es fehlt ihr nicht nur an dem rechten Verhaͤltniß zwischen Vokalen und Konsonanten; sie gebraucht von den letzten uͤber anderthalb Mal mehr als das Griechische: sondern ihre wenigeren Vokale sind obendrein nicht die rechten. Man kann Verse, ja ganze Strophen durchwandern, ohne auf ein einziges A zu stoßen, aber fast nie einen, ohne zu oft von dem E heimgesucht zu werden. Deutscher. Jch konnte es voraussehn, daß ihr mich von Seiten der Euphomie angreifen wuͤrdet: von der weit wichtigeren Eurhythmie schweigt ihr, weil ihr hier meine Uberlegenheit kennt. Jene ist, wo der Klang nicht ausdruͤckt, nur das sinnlich Angenehme; diese das eigentlich Schoͤne. Grieche. Jch gebe dir dieß nicht ohne Einschraͤnkung zu: denn auch im Klange der Sylben und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg xml:lang="it" type="poem"> <pb facs="#f0043" n="32"/> <l>De la misere gente, che peria<lb/></l><lb/> <l>Nel fondo per cagion de la sua guida,<lb/></l><lb/> <l>Jstranamente concordar s'udia<lb/></l><lb/> <l>Col fiero suon de la fiamma omicida.</l> </lg><lb/> <p><hi rendition="#g">Deutscher.</hi> Sogleich.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Poesie.</hi> Jch rathe dir nicht, Deutscher, dich auf diesen Wettstreit einzulassen. Du kannst zwar leicht Stellen aus deinen Dichtern anfuͤhren, die einen weit staͤrkern rythmischen Ausdruck aͤhnlicher Gegenstaͤnde haben, wiewohl auch darin die angefuͤhrten Zeilen sehr schoͤn sind: allein hier gilt es bloß die Staͤrke des Klanges, worin deine Sprache wegen der Beschaffenheit ihrer Vokale besonders derer in den kurzen Sylben zu weit nachsteht.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Grieche.</hi> So ist es. Es fehlt ihr nicht nur an dem rechten Verhaͤltniß zwischen Vokalen und Konsonanten; sie gebraucht von den letzten uͤber anderthalb Mal mehr als das Griechische: sondern ihre wenigeren Vokale sind obendrein nicht die rechten. Man kann Verse, ja ganze Strophen durchwandern, ohne auf ein einziges A zu stoßen, aber fast nie einen, ohne zu oft von dem E heimgesucht zu werden.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Deutscher.</hi> Jch konnte es voraussehn, daß ihr mich von Seiten der Euphomie angreifen wuͤrdet: von der weit wichtigeren Eurhythmie schweigt ihr, weil ihr hier meine Uberlegenheit kennt. Jene ist, wo der Klang nicht ausdruͤckt, nur das sinnlich Angenehme; diese das eigentlich Schoͤne.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Grieche.</hi> Jch gebe dir dieß nicht ohne Einschraͤnkung zu: denn auch im Klange der Sylben und<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [32/0043]
De la misere gente, che peria
Nel fondo per cagion de la sua guida,
Jstranamente concordar s'udia
Col fiero suon de la fiamma omicida.
Deutscher. Sogleich.
Poesie. Jch rathe dir nicht, Deutscher, dich auf diesen Wettstreit einzulassen. Du kannst zwar leicht Stellen aus deinen Dichtern anfuͤhren, die einen weit staͤrkern rythmischen Ausdruck aͤhnlicher Gegenstaͤnde haben, wiewohl auch darin die angefuͤhrten Zeilen sehr schoͤn sind: allein hier gilt es bloß die Staͤrke des Klanges, worin deine Sprache wegen der Beschaffenheit ihrer Vokale besonders derer in den kurzen Sylben zu weit nachsteht.
Grieche. So ist es. Es fehlt ihr nicht nur an dem rechten Verhaͤltniß zwischen Vokalen und Konsonanten; sie gebraucht von den letzten uͤber anderthalb Mal mehr als das Griechische: sondern ihre wenigeren Vokale sind obendrein nicht die rechten. Man kann Verse, ja ganze Strophen durchwandern, ohne auf ein einziges A zu stoßen, aber fast nie einen, ohne zu oft von dem E heimgesucht zu werden.
Deutscher. Jch konnte es voraussehn, daß ihr mich von Seiten der Euphomie angreifen wuͤrdet: von der weit wichtigeren Eurhythmie schweigt ihr, weil ihr hier meine Uberlegenheit kennt. Jene ist, wo der Klang nicht ausdruͤckt, nur das sinnlich Angenehme; diese das eigentlich Schoͤne.
Grieche. Jch gebe dir dieß nicht ohne Einschraͤnkung zu: denn auch im Klange der Sylben und
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