Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

Deutscher. Ehedem die Frauenzimmer oder das Frauenzimmer, jetzt die Frauen, und wenn man auf Französische Art über sie philosophiren will, die Weiber.

Franzose. Da habt ihr einen großen Schritt zur Kultur gethan, daß ihr nunmehr die Wohnung von der Person unterscheiden könnt.

Jtaliäner. Die Frauen? Und ihr fürchtet euch nicht, wenn ihr das hört?

Franzose. Jch besorge, Deutscher, du hast Wörter im Hinterhalt, womit du uns zuletzt aufs Haupt schlagen willst.

Deutscher. Wie so?

Franzose. Die ausdruckvollsten sind doch die, welche die bezeichnete Sache selbst hervorbringen, und es giebt ihrer in eurer Sprache: Kopfschmerz macht Kopfschmerz, wenn man es ausspricht, und Pfropf propft einem den Mund zu.

Deutscher. Auch der Name Liebe erregt was er nennt.

Franzose. Dieses Wort mag ein weißer Rabe im Deutschen seyn, sonst würdet ihr nicht so viel Aufhebens davon machen.

Jtaliäner. Was streiten wir länger mit einzelnen Wörtern? Kannst du Verse wie folgende aufweisen?

Sentesi un scoppio in un perpetuo suono,

Simile a un grande e spaventoso tuono

Aspro concento, orribile armonia

D'alte querele, e d'ululi e di strida

Deutscher. Ehedem die Frauenzimmer oder das Frauenzimmer, jetzt die Frauen, und wenn man auf Franzoͤsische Art uͤber sie philosophiren will, die Weiber.

Franzose. Da habt ihr einen großen Schritt zur Kultur gethan, daß ihr nunmehr die Wohnung von der Person unterscheiden koͤnnt.

Jtaliaͤner. Die Frauen? Und ihr fuͤrchtet euch nicht, wenn ihr das hoͤrt?

Franzose. Jch besorge, Deutscher, du hast Woͤrter im Hinterhalt, womit du uns zuletzt aufs Haupt schlagen willst.

Deutscher. Wie so?

Franzose. Die ausdruckvollsten sind doch die, welche die bezeichnete Sache selbst hervorbringen, und es giebt ihrer in eurer Sprache: Kopfschmerz macht Kopfschmerz, wenn man es ausspricht, und Pfropf propft einem den Mund zu.

Deutscher. Auch der Name Liebe erregt was er nennt.

Franzose. Dieses Wort mag ein weißer Rabe im Deutschen seyn, sonst wuͤrdet ihr nicht so viel Aufhebens davon machen.

Jtaliaͤner. Was streiten wir laͤnger mit einzelnen Woͤrtern? Kannst du Verse wie folgende aufweisen?

Sentesi un scoppio in un perpetuo suono,

Simile a un grande e spaventoso tuono

Aspro concento, orribile armonia

D'alte querele, e d'ululi e di strida

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0042" n="31"/>
          <p><hi rendition="#g">Deutscher.</hi> Ehedem die Frauenzimmer oder das Frauenzimmer, jetzt die Frauen, und wenn man auf Franzo&#x0364;sische Art u&#x0364;ber sie philosophiren will, die Weiber.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Franzose.</hi> Da habt ihr einen großen Schritt zur Kultur gethan, daß ihr nunmehr die Wohnung von der Person unterscheiden ko&#x0364;nnt.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Jtalia&#x0364;ner.</hi> Die Frauen? Und ihr fu&#x0364;rchtet euch nicht, wenn ihr das ho&#x0364;rt?</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Franzose.</hi> Jch besorge, Deutscher, du hast Wo&#x0364;rter im Hinterhalt, womit du uns zuletzt aufs Haupt schlagen willst.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Deutscher.</hi> Wie so?</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Franzose.</hi> Die ausdruckvollsten sind doch die, welche die bezeichnete Sache selbst hervorbringen, und es giebt ihrer in eurer Sprache: <hi rendition="#g">Kopfschmerz</hi> macht Kopfschmerz, wenn man es ausspricht, und <hi rendition="#g">Pfropf</hi> propft einem den Mund zu.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Deutscher.</hi> Auch der Name <hi rendition="#g">Liebe</hi> erregt was er nennt.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Franzose.</hi> Dieses Wort mag ein weißer Rabe im Deutschen seyn, sonst wu&#x0364;rdet ihr nicht so viel Aufhebens davon machen.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Jtalia&#x0364;ner.</hi> Was streiten wir la&#x0364;nger mit einzelnen Wo&#x0364;rtern? Kannst du Verse wie folgende aufweisen?</p><lb/>
          <lg xml:lang="it" type="poem">
            <l>Sentesi un scoppio in un perpetuo suono,<lb/></l><lb/>
            <l>Simile a un grande e spaventoso tuono<lb/></l><lb/>
            <l>Aspro concento, orribile armonia<lb/></l><lb/>
            <l>D'alte querele, e d'ululi e di strida<lb/></l><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[31/0042] Deutscher. Ehedem die Frauenzimmer oder das Frauenzimmer, jetzt die Frauen, und wenn man auf Franzoͤsische Art uͤber sie philosophiren will, die Weiber. Franzose. Da habt ihr einen großen Schritt zur Kultur gethan, daß ihr nunmehr die Wohnung von der Person unterscheiden koͤnnt. Jtaliaͤner. Die Frauen? Und ihr fuͤrchtet euch nicht, wenn ihr das hoͤrt? Franzose. Jch besorge, Deutscher, du hast Woͤrter im Hinterhalt, womit du uns zuletzt aufs Haupt schlagen willst. Deutscher. Wie so? Franzose. Die ausdruckvollsten sind doch die, welche die bezeichnete Sache selbst hervorbringen, und es giebt ihrer in eurer Sprache: Kopfschmerz macht Kopfschmerz, wenn man es ausspricht, und Pfropf propft einem den Mund zu. Deutscher. Auch der Name Liebe erregt was er nennt. Franzose. Dieses Wort mag ein weißer Rabe im Deutschen seyn, sonst wuͤrdet ihr nicht so viel Aufhebens davon machen. Jtaliaͤner. Was streiten wir laͤnger mit einzelnen Woͤrtern? Kannst du Verse wie folgende aufweisen? Sentesi un scoppio in un perpetuo suono, Simile a un grande e spaventoso tuono Aspro concento, orribile armonia D'alte querele, e d'ululi e di strida

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1798/42
Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1798/42>, abgerufen am 30.04.2024.