Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798.so bekommt jener dadurch etwas welches nun nicht mehr so recht übereinstimmt, kurz der Eindruck des einen wird durch den des andern geschwächt." Grieche. Du setzest bey diesem Eindruck außer der schon widerlegten Zergliederung des Wortes in seine Theilbegriffe, auch das voraus, worüber gestritten wird, ob nämlich diese Eigenheit eurer Sprache ein allgemeingültiges Gesetz zum Grunde hat? ob wichtigere oder unwichtigere Theilbegriffe eines Wortes in einem natürlichen Verhältnisse zu Längen und Kürzen stehn? Dieß scheint mir nun gar nicht so, ich finde da gar keinen Übergang. Wenn noch von kurzen und langen Begriffen die Rede wäre! Aber da möchten die Nebenbestimmungen oft die weitläufigste Erörterung verlangen. Vielleicht leuchtet dir das willkührliche der Regel mehr ein, wenn ich dir ein Beyspiel aus deiner Sprache anführe, wo sie nicht beobachtet ist. Deutscher. Es giebt deren nur wenige. Grieche. Jhr sagt lebendig: würde das Wort nun deutlicher, nachdrücklicher, schöner werden, wenn ihr lebendig sagtet? Deutscher. Es ist überhaupt nicht gut abgeleitet; ein Deutscher muß bey näherer Betrachtung etwas unschickliches darin wahrnehmen. Grieche. Weil es Ausnahme macht. Sonst, denke ich, könnte eure Sprache aus lauter Wörtern bestehn, die auf diese Art die Länge von den Stammsylben wegverlegten, und sich sehr wohl dabey befinden. Es versteht sich, daß sie darnach organisirt so bekommt jener dadurch etwas welches nun nicht mehr so recht uͤbereinstimmt, kurz der Eindruck des einen wird durch den des andern geschwaͤcht.“ Grieche. Du setzest bey diesem Eindruck außer der schon widerlegten Zergliederung des Wortes in seine Theilbegriffe, auch das voraus, woruͤber gestritten wird, ob naͤmlich diese Eigenheit eurer Sprache ein allgemeinguͤltiges Gesetz zum Grunde hat? ob wichtigere oder unwichtigere Theilbegriffe eines Wortes in einem natuͤrlichen Verhaͤltnisse zu Laͤngen und Kuͤrzen stehn? Dieß scheint mir nun gar nicht so, ich finde da gar keinen Übergang. Wenn noch von kurzen und langen Begriffen die Rede waͤre! Aber da moͤchten die Nebenbestimmungen oft die weitlaͤufigste Eroͤrterung verlangen. Vielleicht leuchtet dir das willkuͤhrliche der Regel mehr ein, wenn ich dir ein Beyspiel aus deiner Sprache anfuͤhre, wo sie nicht beobachtet ist. Deutscher. Es giebt deren nur wenige. Grieche. Jhr sagt lebendig: wuͤrde das Wort nun deutlicher, nachdruͤcklicher, schoͤner werden, wenn ihr lebendig sagtet? Deutscher. Es ist uͤberhaupt nicht gut abgeleitet; ein Deutscher muß bey naͤherer Betrachtung etwas unschickliches darin wahrnehmen. Grieche. Weil es Ausnahme macht. Sonst, denke ich, koͤnnte eure Sprache aus lauter Woͤrtern bestehn, die auf diese Art die Laͤnge von den Stammsylben wegverlegten, und sich sehr wohl dabey befinden. Es versteht sich, daß sie darnach organisirt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0048" n="37"/> so bekommt jener dadurch etwas welches nun nicht mehr so recht uͤbereinstimmt, kurz der Eindruck des einen wird durch den des andern geschwaͤcht.“</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Grieche</hi>. Du setzest bey diesem Eindruck außer der schon widerlegten Zergliederung des Wortes in seine Theilbegriffe, auch das voraus, woruͤber gestritten wird, ob naͤmlich diese Eigenheit eurer Sprache ein allgemeinguͤltiges Gesetz zum Grunde hat? ob wichtigere oder unwichtigere Theilbegriffe eines Wortes in einem natuͤrlichen Verhaͤltnisse zu Laͤngen und Kuͤrzen stehn? Dieß scheint mir nun gar nicht so, ich finde da gar keinen Übergang. Wenn noch von kurzen und langen Begriffen die Rede waͤre! Aber da moͤchten die Nebenbestimmungen oft die weitlaͤufigste Eroͤrterung verlangen. Vielleicht leuchtet dir das willkuͤhrliche der Regel mehr ein, wenn ich dir ein Beyspiel aus deiner Sprache anfuͤhre, wo sie nicht beobachtet ist.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Deutscher</hi>. Es giebt deren nur wenige.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Grieche</hi>. Jhr sagt <hi rendition="#g">lebendig</hi>: wuͤrde das Wort nun deutlicher, nachdruͤcklicher, schoͤner werden, wenn ihr <hi rendition="#g">lebendig</hi> sagtet?</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Deutscher</hi>. Es ist uͤberhaupt nicht gut abgeleitet; ein Deutscher muß bey naͤherer Betrachtung etwas unschickliches darin wahrnehmen.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Grieche</hi>. Weil es Ausnahme macht. Sonst, denke ich, koͤnnte eure Sprache aus lauter Woͤrtern bestehn, die auf diese Art die Laͤnge von den Stammsylben wegverlegten, und sich sehr wohl dabey befinden. Es versteht sich, daß sie darnach organisirt<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [37/0048]
so bekommt jener dadurch etwas welches nun nicht mehr so recht uͤbereinstimmt, kurz der Eindruck des einen wird durch den des andern geschwaͤcht.“
Grieche. Du setzest bey diesem Eindruck außer der schon widerlegten Zergliederung des Wortes in seine Theilbegriffe, auch das voraus, woruͤber gestritten wird, ob naͤmlich diese Eigenheit eurer Sprache ein allgemeinguͤltiges Gesetz zum Grunde hat? ob wichtigere oder unwichtigere Theilbegriffe eines Wortes in einem natuͤrlichen Verhaͤltnisse zu Laͤngen und Kuͤrzen stehn? Dieß scheint mir nun gar nicht so, ich finde da gar keinen Übergang. Wenn noch von kurzen und langen Begriffen die Rede waͤre! Aber da moͤchten die Nebenbestimmungen oft die weitlaͤufigste Eroͤrterung verlangen. Vielleicht leuchtet dir das willkuͤhrliche der Regel mehr ein, wenn ich dir ein Beyspiel aus deiner Sprache anfuͤhre, wo sie nicht beobachtet ist.
Deutscher. Es giebt deren nur wenige.
Grieche. Jhr sagt lebendig: wuͤrde das Wort nun deutlicher, nachdruͤcklicher, schoͤner werden, wenn ihr lebendig sagtet?
Deutscher. Es ist uͤberhaupt nicht gut abgeleitet; ein Deutscher muß bey naͤherer Betrachtung etwas unschickliches darin wahrnehmen.
Grieche. Weil es Ausnahme macht. Sonst, denke ich, koͤnnte eure Sprache aus lauter Woͤrtern bestehn, die auf diese Art die Laͤnge von den Stammsylben wegverlegten, und sich sehr wohl dabey befinden. Es versteht sich, daß sie darnach organisirt
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