Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798.Römer. Dem sey wie ihm wolle, es sind schon vor mehr als siebzehnhundert Jahren Deutsche Hexameter gemacht. Jhr wundert euch? Jch hörte ja erst, die Geten wären ein Deutsches Volk gewesen. Deutscher. Ganz richtig. Römer. Ovid lebte in der Verbannung unter den Geten und machte aus Langerweile, oder weil er es gar nicht lassen konnte, Getische Verse: Ach, ich schäme mich deß! ich schrieb auch ein Getisches Büchlein, Fügte barbarische Wort' unseren Weisen gemäß. Also in Römischen Sylbenmaßen. Daß es Hexameter waren, läßt der Jnhalt des Gedichtes, das Lob des Jmperators, nicht zweifeln. Er fand auch Beyfall damit: Und ich gefiel, ja wünsche mir Glück, und es fängt bey den wilden Geten mein Dichterruhm schon zu erheben sich an .. Als ich das Werk durchlesen der nicht mir heimischen Muse, Als mir das schließende Blatt nieder zum Finger gelangt: Haben sie alle das Haupt und die vollen Köcher geschüttelt, Während von Getischem Mund langes Gemurmel erscholl. Deutscher. Die Geten waren also schon klüger als die neueren Europäer, die nichts von den alten Sylbenmaßen wissen wollten. Roͤmer. Dem sey wie ihm wolle, es sind schon vor mehr als siebzehnhundert Jahren Deutsche Hexameter gemacht. Jhr wundert euch? Jch hoͤrte ja erst, die Geten waͤren ein Deutsches Volk gewesen. Deutscher. Ganz richtig. Roͤmer. Ovid lebte in der Verbannung unter den Geten und machte aus Langerweile, oder weil er es gar nicht lassen konnte, Getische Verse: Ach, ich schaͤme mich deß! ich schrieb auch ein Getisches Buͤchlein, Fuͤgte barbarische Wort' unseren Weisen gemaͤß. Also in Roͤmischen Sylbenmaßen. Daß es Hexameter waren, laͤßt der Jnhalt des Gedichtes, das Lob des Jmperators, nicht zweifeln. Er fand auch Beyfall damit: Und ich gefiel, ja wuͤnsche mir Gluͤck, und es faͤngt bey den wilden Geten mein Dichterruhm schon zu erheben sich an .. Als ich das Werk durchlesen der nicht mir heimischen Muse, Als mir das schließende Blatt nieder zum Finger gelangt: Haben sie alle das Haupt und die vollen Koͤcher geschuͤttelt, Waͤhrend von Getischem Mund langes Gemurmel erscholl. Deutscher. Die Geten waren also schon kluͤger als die neueren Europaͤer, die nichts von den alten Sylbenmaßen wissen wollten. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0061" n="50"/> <p><hi rendition="#g">Roͤmer</hi>. Dem sey wie ihm wolle, es sind schon vor mehr als siebzehnhundert Jahren Deutsche Hexameter gemacht. Jhr wundert euch? Jch hoͤrte ja erst, die Geten waͤren ein Deutsches Volk gewesen.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Deutscher</hi>. Ganz richtig.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Roͤmer</hi>. Ovid lebte in der Verbannung unter den Geten und machte aus Langerweile, oder weil er es gar nicht lassen konnte, Getische Verse:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Ach, ich schaͤme mich deß! ich schrieb auch ein Getisches Buͤchlein,<lb/></l><lb/> <l>Fuͤgte barbarische Wort' unseren Weisen gemaͤß.</l> </lg><lb/> <p>Also in Roͤmischen Sylbenmaßen. Daß es Hexameter waren, laͤßt der Jnhalt des Gedichtes, das Lob des Jmperators, nicht zweifeln. Er fand auch Beyfall damit:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Und ich gefiel, ja wuͤnsche mir Gluͤck, und es faͤngt bey den wilden<lb/></l><lb/> <l>Geten mein Dichterruhm schon zu erheben sich an ..<lb/></l><lb/> <l>Als ich das Werk durchlesen der nicht mir heimischen Muse,<lb/></l><lb/> <l>Als mir das schließende Blatt nieder zum Finger gelangt:<lb/></l><lb/> <l>Haben sie alle das Haupt und die vollen Koͤcher geschuͤttelt,<lb/></l><lb/> <l>Waͤhrend von Getischem Mund langes Gemurmel erscholl.</l> </lg><lb/> <p><hi rendition="#g">Deutscher</hi>. Die Geten waren also schon kluͤger als die neueren Europaͤer, die nichts von den alten Sylbenmaßen wissen wollten.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [50/0061]
Roͤmer. Dem sey wie ihm wolle, es sind schon vor mehr als siebzehnhundert Jahren Deutsche Hexameter gemacht. Jhr wundert euch? Jch hoͤrte ja erst, die Geten waͤren ein Deutsches Volk gewesen.
Deutscher. Ganz richtig.
Roͤmer. Ovid lebte in der Verbannung unter den Geten und machte aus Langerweile, oder weil er es gar nicht lassen konnte, Getische Verse:
Ach, ich schaͤme mich deß! ich schrieb auch ein Getisches Buͤchlein,
Fuͤgte barbarische Wort' unseren Weisen gemaͤß.
Also in Roͤmischen Sylbenmaßen. Daß es Hexameter waren, laͤßt der Jnhalt des Gedichtes, das Lob des Jmperators, nicht zweifeln. Er fand auch Beyfall damit:
Und ich gefiel, ja wuͤnsche mir Gluͤck, und es faͤngt bey den wilden
Geten mein Dichterruhm schon zu erheben sich an ..
Als ich das Werk durchlesen der nicht mir heimischen Muse,
Als mir das schließende Blatt nieder zum Finger gelangt:
Haben sie alle das Haupt und die vollen Koͤcher geschuͤttelt,
Waͤhrend von Getischem Mund langes Gemurmel erscholl.
Deutscher. Die Geten waren also schon kluͤger als die neueren Europaͤer, die nichts von den alten Sylbenmaßen wissen wollten.
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